Apokalypse 20XX

 

Die Wahrheit über den Endkampf um die Weltherrschaft. Nur Handlung und Personen sind frei erfunden, die Hintergründe bestehen tatsächlich. Das wahre Wissen über den Menschen und mehr. Der Kurzroman soll nicht kommerziell unter Leuten verbreitet werden, die des Lesens und Denkens fähig sind. V.i.S.d.P.: ein kleines büro der internationalen anarchie, irgendwo, wo´snach freiheit schmeckt!

 

Robert Henderson saß in seinem Büro hoch über Vancouver. Er sah die großen Containerschiffe, die den kanadischen Weizen in den pazifischen Raum brachten, als seien sie Spielzeuge. Seine Firma handelte weltweit mit speziellen Elektronikkomponenten vorwiegend für den Anlagenbau, ein bewegtes, aber ein sehr gutes Geschäft. Henderson war weltweit für die Betreuung innovativer Kleinunternehmen zuständig, er musste immer wissen, was zu liefern und zu machen war. Außerdem gehörte er zum Team derer, die die interessanten Kunden pflegten. Möglichst früh zu wissen, was sie morgen brauchten, war wichtig, um den meist kleineren Herstellern auf die Sprünge zu helfen. In den kleinsten Klitschen entstand gelegentlich revolutionäres. Hochgeniale Techniker waren fast zu allem fähig, außer zur Suche nach neuen Marktchancen. Darin waren sie meist lausig. Also brauchten sie einen wie Robert Henderson, denn Marktchancen gab es, und er wusste, sie zu finden.

 

Dort, wo es auf Genialität und Kreativität im Schnellverfahren ankam, verzichteten große Firmen weitgehend auf eigene Kräfte. Selbst bis zu den Fanatikern konsequenter Firmenordnung war es durchgedrungen, dass höchste Kreativität mit Zwangsjacken nicht vereinbar war. Nicht ganz ohne Zähneknirschen akzeptierte man es, dass anarchistisch strukturierte Klitschen tatsächlich um Klassen besser waren, wenn es auf Spitzenleistung oder Schnellverfahren ankam.

 

Auf Firmendisziplin getrimmte Techniker, deren technischer Geist ständig von ignoranten Kaufleuten zermürbt wurde, konnten selbst unter höchstem Druck nicht mithalten. Es lief tatsächlich besser dort, wo das Käsebrot auch einmal auf dem Scanner abgelegt wurde. Dort, wo man, wenn man wirklich weit genug gekommen war, die Griffel einfach fallen ließ, sich aber auch um keinen Dienstplan kümmerte, wenn es brannte. Dort, wo jeder, der gefragt wurde, wer denn der Chef sei, spontan sagte: "Wir alle. Worum geht es denn?"

 

Auf solche Lieferanten waren die großen Firmen mental nicht wirklich eingestellt, mancher Manager hätte angesichts des einen oder anderen Lieferanten einen Herzinfarkt bekommen. So brauchten auch die großen Firmen unbedingt einen wie Robert Henderson. Einen, der es ihnen abnahm, lukrative Geschäfte mit ökonomischer Subkultur selbst machen zu müssen.

 

Weil Lieferanten wie Kunden einen wie Henderson brauchten, brauchte seine eigene Firma ihn, und weil er nicht alles allein machen konnte, verfügte er über einen. Stab von 25 Mitarbeitern. Mindestens einer seiner Mitarbeiter saß jederzeit im Linienflieger oder sogar im Learjet, das Geschäft war turbulent. Robert Henderson konnte absolut machen, was er wollte, solange die Zahlen stimmten. Und das hatte er im Griff. Sein Arbeitgeber war kein Anarchist, wusste aber ganz genau, dass Robert Henderson nur unter diesen Umständen so bemerkenswerte Ergebnisse erzielen konnte. Damit blieb Henderson absolut von allem verschont, wovon er verschont bleiben wollte. Sein Hirn diente offenbar nur dem Erfolg seiner Abteilung, absolut nichts anderes schien ihn zu interessieren. Davon waren fast alle überzeugt, die meinten, ihn zu kennen.

 

Das erstaunliche an Robert Henderson war, dass er sehr weitgehend selbst darüber bestimmen konnte, welchen Eindruck er machte. Unter bestimmten Voraussetzungen war es ihm möglich, Gefühle authentisch wirkend vorzutäuschen, eine Fähigkeit, die ein Mensch nur unter ganz bestimmten Umständen ausbilden und ausnutzen kann. Zudem hatte Robert verschiedene Rollen soweit verinnerlicht, dass jeweils alles zueinander passte. Er konnte jederzeit innerlich zwischen verschiedenen Rollen umschalten, die er dann authentisch wirkend spielte. Den arbeitswütigen Manager nahm man ihm ebenso ab wie den hoch soliden Verkäufer, und die Anarchisten waren überzeugt, dass Henderson im Grunde seines Herzens einer von ihnen war, auch wenn er es nie durch Worte zu verstehen gab.

Mit inniger Liebe pflegte Henderson auf allen Seiten die Einstellungen, die seine Arbeit möglichst unkompliziert machten, und so ging er auch mit seinen Mitarbeitern um. Wenn es sein musste, dann schufteten sie nicht aus Angst, sondern, weil sie Henderson nicht hängen lassen wollten. Alle seiner Leute hatten zwei Dinge gemeinsam gehabt, als er sie aufnahm: Jeder von ihnen verfügte über brilliante Fähigkeiten in seinem Metier, war aber mit Mitteln normaler Unternehmensführung nicht annähernd auszuschöpfen gewesen. Es waren genau die Leute, die niemand in seiner Abteilung haben wollte: Durch stumpfen Druck nicht zu beugen, dafür äußerst entschlossen und talentiert in der Durchsetzung ihrer Rechte.

 

Keine Frau und keinen Mann in seinem Team hätte er in seinem Sinne bewegen können, indem er sie abgekanzelt hätte, aber jede Frau und jeder Mann hätten sich innerlich miserabel gefühlt, Henderson hängen zu lassen. Sein "Bitte, hilf mir!" war unwiderstehlich, weil er Mitarbeitereinsatz niemals rücksichtslos zuließ und er sein Bestes tat, um jeden Mitarbeiter bestens bei Laune zu halten. Ohne im geringsten peinlich zu wirken, ging er vor jeder Frau und jedem Mann seines Teams auf die Knie, wenn er besonderen Dank zu vergeben hatte oder besonderen Einsatz benötigte. Sie wussten, dass er alles von ihnen wollte, ihnen dafür aber auch alles zu geben bereit war.

 

Dazu gehörte es, dass er in passenden Lagen jede denkbare Lebenshilfe bot. Konnte er einem verzweifelten Mitarbeiter die Partnerschaft retten, dann hatte er einen wahren Freund fürs Leben, und für jedes Problem hatte er den passenden Rat, der auch zum Erfolg führte. Den ihm verfügbaren Profit seiner Abteilung setzte er so ein, dass keiner seiner Leute auch nur darüber nachdachte, ob er womöglich zu wenig hätte. Das bedeutete nicht, dass alle Porsche fuhren. Solche Dinge waren Hendersons Mitarbeitern egal. Ihnen reichte es, wenn sie nach Lage ihrer Gefühle alles hatten, wunschlos glücklich waren. Henderson nutzte geschickt den Umstand, dass der Mensch dem Menschen mit Liebe kostenlos höchstes Wohlgefühl bereiten konnte. Alle seiner Mitarbeiter führten mittlerweile ideale Ehen, bei allen blieb der Fernseher meistens kalt, falls sie überhaupt einen hatten. Bei der Arbeit gab es keine Konkurrenz, und es brauchte sie auch nicht zu geben: Von Herzen gern gab jeder ohnehin sein Bestes.

 

Niemand auf der Welt wusste besser Bescheid als Henderson, wie man sich selbst oder andere innerlich dorthin bewegte, wo man das Ziel gesetzt hatte. Er appellierte geschickt an menschliche Urinstinkte, seine Abteilung wurde unter seiner Herrschaft zur Sippe für den einzelnen. So will es der Mensch in seinem Grundschema: Er bekommt alles, was seine Triebe überhaupt wollen, von der Sippe, dafür gibt er der Sippe seine ganze Zuwendung. Kein Mensch kann anders, wenn man ihm diese Chance gibt. Henderson beherrschte seine Leute im Guten so gründlich, wie eine Domina den Sklaven im Bösen beherrschte, den sie vollständig von sich abhängig hielt, vom Rest der Welt sozial isoliert. Das wussten Hendersons Leute sogar. Es war ihnen egal. Das System funktionierte nämlich nur so lange, wie Henderson bei seinem Tun nicht an sich, sondern nur an die Sippe dachte, und zwar getragen von wahrer Liebe für jedes einzelne Sippenmitglied. Weil Henderson zur Sippe gehörte, brauchte er nicht an sein eigenes Wohl zu denken. Das tat die Sippe für ihn. Sie gab auch ihm alles, was er für sein Wohlgefühl benötigte, und das gab sie ihm aus Liebe.

 

Was über Jahrmillionen für den Menschen gelebte Normalität war, war immer noch fest in den Trieben verankertes Muster. Obwohl es aus heute üblicher Sicht, erst recht aus Sicht der Satanisten, der schiere Irrsinn schien. So kam der Profit der Abteilung jeden Monat praktisch auf den Tisch, sichtbar in Form von Spielgeld, dann bekam erst jeder das, was er brauchte. War ein neuer Kühlschrank fällig, so wurde dafür das Geld ausgehändigt. Wohnte das Sippenmitglied nicht kostenlos in einer Sippenwohnung, dann bekam es Geld für Miete. Für alles, was nach Empfinden aller benötigt wurde, bekam jeder das Geld aus dem Topf. Die Gerechtigkeit der Verteilung wurde über gegenseitige Liebe abgesichert, es war tatsächlich so, dass keiner gespürtes Interesse hatte, sich ungerechtfertigt zu bereichern, dass aber jeder für wahren Bedarf des anderen das selbe Verständnis hatte wie für seinen eigenen. Solange für alle genug da war, gab es in der Sippe keinen Futterneid.

 

Da die Henderson Sippe nach der Verteilung regelmäßig Überschüsse behielt, konnte das Sippenvermögen, an dem jeder gleich beteiligt war, über das aber keiner anders als im Sinne der ganzen Sippe verfügen wollte und konnte, stets gemehrt werden.

 

Nach der Leistung eines Sippenmitglieds wurde solange nicht gefragt, wie es sein Bestes gegeben hatte. Und das hatte garantiert jeder getan. Faulpelzen wurde von allen Seiten das Leben schwer gemacht, bereits im Keim wurden solche Anwandlungen erstickt. Dazu reichten verächtliche Blicke von allen Seiten aus, und die erntete jemand zwangsläufig, wenn er andere für sich arbeiten lassen wollte. Wirklich liebevolle Behandlung durch alle anderen erfuhr nur der, der sich selbst mit Liebe für die Sippe einsetzte. Das war es, worauf es ankam. Genau darum war menschliches Grundschema dem Menschen ausgetrieben worden. Von Menschen, die andere für sich arbeiten lassen wollten. Das klappte nur, wenn man zuvor die wahre Liebe unter Menschen zerstört hatte.

 

In der Henderson Sippe wurde gar nicht gefragt, wer nach künstlichen Maßstäben besser oder schlechter war. Jeder war der Beste, wenn er sich ganz der Sippe hin gab. War einer klüger als alle anderen, dann waren nicht nur er, sondern auch alle anderen froh darüber. Die Sippe hatte einen Klugen, der ihr seine Intelligenz vollständig unterwarf, sie zum Werkzeug der Sippe machte. Jede persönliche Stärke wurde zum Eigentum der Sippe. Davon profitierten alle gleichermaßen, solange keine Not aufkam.

 

Indem man seine Stärken einsetzte, um den anderen zu dienen, zwang man die anderen innerlich, ihre Stärken für einen selbst einzusetzen. So sah das im Menschen angelegte Schema aus, aber es funktionierte eben nur solange sicher, wie jeder Einzelne sich rundum wohl dabei fühlte. Damit war die hohe Leistungskraft nicht beliebig lenkbar. Henderson hatte nur dann mehr zu sagen als irgendein anderer, wenn er aus Sicht der Sippe die besseren Argumente hatte als der andere. So sah die wahre Anarchie aus, die Menschen bis zur Christianisierung in den germanischen und keltischen Ländern gelebt hatten. Keiner konnte den anderen missbrauchen, keiner wollte den anderen missbrauchen, weil man sich gegenseitig liebte und weil jeder nach Lage seiner Gefühle alles hatte. Das waren die Unterschiede zum Domina/Dominus-Sklaven-Konzept der Satanisten, mit dem sie seit der Christianisierung die christliche Welt beherrschten.

 

Absolute Trieberfüllung war die Wundertüte, aus der Henderson alles schöpfte, und weil er emotional so gut Bescheid wusste, machte ihm auch niemand etwas vor. Sah Henderson etwas anderes als Wohlgefühl in den Augen von Mitarbeitern, dann kümmerte er sich sofort äußerst behutsam darum. Am Anfang war es sehr viel gewesen, doch allmählich lief es sehr gut fast ohne ihn. Jeder wusste, was Frau und Mann zu tun hatten, um sich gegenseitig von ganzem Herzen zu lieben und sich gegenseitig mit kostenlosen höchsten Freuden versorgen zu können. Ein glückliches Sexualleben war durch absolut nichts zu ersetzen, konnte aber jede Form der Unterhaltung ersetzen. Der Fernseher blieb nicht deshalb fast immer kalt, weil man ein verhasster Ideologe war, sondern einfach deshalb, weil man viel lieber etwas anderes tun wollte. Es war objektiv so, dass Frau und Mann keine höheren Gefühle erleben konnten, als im lustvollen Umgang miteinander auf Basis des natürlichen Sexualschemas. Beherrschte ein Paar das Schema, dann wurden keine Kinokarten mehr gekauft. Man ging mit Ressourcen sehr schonend um. Auch das war von denen nicht erwünscht, die andere für sich arbeiten lassen wollten, denn die wollten möglichst viel verkaufen, um daran wieder zu verdienen. So sackten die, die andere vom Wege des Lebensglückes fernhielten, um sie auszubeuten, sich allmählich die ganze Welt ein.

 

Das hätte ein Mensch wie Henderson nicht einmal für sich gewollt, andere skrupellos ins Lebensunglück zu treiben, um immer reicher zu werden. Henderson war rundum glücklich, was seine eigene Lage anging. Knechten und ausbeuten konnten am besten die, die persönlich am unglücklichsten und deshalb am bösesten waren: Die Satanisten. Es waren Satanisten, die die Geschicke von Staat, Wirtschaft und Gemeinwohl lenkten, wie Henderson wusste. Und Henderson wusste, dass diese Leute mit ihrem Vorgehen an Grenzen stießen. Geprügelte Geister waren tatsächlich drittklassige Geister, wie Henderson wusste.

Das erfuhr bereits ein Schüler, wenn er Angst vor dem Lehrer hatte. Plötzlich wusste er nicht mehr, was ihm vorher klar gewesen war, war keines klaren Gedankens mehr fähig, wenn die akute Angst vor dem Lehrer nur stark genug war. Der Lehrer hätte ihn totschlagen können, ohne dass die Gedanken des Schülers dadurch auf die Sprünge gekommen wären. Und jeder Student wusste, dass es seiner Examensnote nicht gut tun konnte, wenn er vor oder während des Examens unter zusätzlichen Stress gesetzt wurde. Je mehr die Satanisten aus jemandem herausholen wollten, desto mehr mussten sie ihn aber unter Stress setzen, desto mehr mussten sie ihn bedrücken. Je mehr sie ihn aber bedrückten, desto stärker reduzierten sie sein geistiges und körperliches Leistungspotential. So konnte man effizient Steinbrüche betreiben, solange Menschen kostenlos verheizt werden konnten, doch ansonsten war die Effizienz satanistisch organisierter Systeme hundsmiserabel. Die wirklich außergewöhnlichen Leistungen, zu denen glückliche Menschen fähig waren, konnten so nicht annähernd erreicht werden.

 

Das war nicht die einzige Macke, die der Satanismus aus Hendersons Sicht hatte. Der geknechtete Mensch bedurfte im Prinzip perfekter Kontrolle, damit er ganz nach Belieben funktionierte. Sobald ein Knecht sich absolut sicher war, dass es nicht auffallen konnte, konnte sein Handeln aus dem Ruder laufen. Je stärker er unter Druck stand, desto größer wurde seine Neigung dazu. Je klüger er war, desto größer wurde die Wahrscheinlichkeit, dass er es jeweils sicher erkannte, wann er sich was erlauben konnte. Und desto größer wurde auch die Gefahr, dass er sich geschickt eigene Freiräume ermöglichte. Entsprechend wäre ein unendlich großer Kontrollaufwand nötig gewesen, um alles absolut unter Kontrolle zu halten. Die Satanisten steuerten tatsächlich das System des Hirnchips an, um die Kontrolle zu automatisieren, doch Henderson wusste, dass sie damit nicht weit kommen würden. Jeder Mensch, der sich jederzeit unter Angst so beobachtet fühlte, würde in relativ kurzer Zeit irre. Mit solchen Dingen konnten Satanisten sich höchstens sadistisches Vergnügen bereiten, weiter konnten sie auf dem Wege nicht kommen.

Das satanistische System war doppelt funktionsdefekt. Es motivierte nicht, ohne qualitative Leistungsfähigkeit und Ausdauerpotential herabzusetzen, und es kontrollierte sich nicht zuverlässig selbst. Es passte eben einfach nicht zum Menschen, doch Henderson wusste, dass Satanisten solche Selbstverständlichkeiten nicht akzeptieren wollten. Deshalb waren sie längst mit Flickschusterei befasst, um ihre eigene Drittklassigkeit durch die Erstklassigkeit gesund eingestellter Menschen zu ergänzen. Mit der selben Logik, mit der die Kirche das astronomische Weltbild Galileis verboten, der Seefahrt aber gestattet hatte, daraus abgeleitete Erkenntnisse zu nutzen, hatten Satanisten begonnen, mit Menschen zu kungeln, die exakt dem antisatanistischen Schema entsprachen. Am liebsten waren ihnen für solche Kungeleien Menschen, die gar keine Ahnung hatten, was Satanismus überhaupt war. Sie wollten geistig hochkarätige, aber naive Gutmenschen, um diese dann ganz besonders subtil ausbeuten zu können. Henderson war der naivste Gutmensch der Welt, wenn er es sein wollte. Und was Henderson wollte, bestimmte ausschließlich Henderson.

 

Henderson wusste auch, wie es zwingend weitergehen würde. Der Satanismus lief in jeder Hinsicht vor die Wand, immer größerem Knechtungsdruck standen immer größere Instabilität des eigenen Systems und immer größeres Potential an Aussendruck gegenüber. Und nicht nur das: Die Genies der Welt waren zwangsläufig ungeprügelte Geister, sie standen innerlich entschieden dem Satanismus entgegen. Natürlich konnten die Satanisten die Weltherrschaft auch ganz in ihre Hände bekommen, doch nicht, ohne der menschlichen Intelligenz ihre Spitzen zu nehmen, sei es durch Ausschaltung, oder per Verblödung durch Knechtung. Ohne die Spitzen der menschlichen Intelligenz, die höchstens 1% der Bevölkerung ausmachten, wenn überhaupt, hätte man aber immer noch in Höhlen gesessen.

 

Indem die Satanisten die Welt ganz in ihre Hände nehmen würden, brächten sie die Menschheit innerhalb von maximal drei Generationen praktisch wieder auf Steinzeit- oder bestenfalls auf Eisenzeitniveau, wie Henderson klar war. Spätestens dann musste der letzte Tropfen Benzin weg sein, das letzte Auto kaputt und so weiter. Die zwangsläufige Folge eines so massiven technologischen Rückschrittes war dann eine massive Unterversorgung der Weltbevölkerung, mit der Wirkung von Hunger- und Kriegstoten, bis der Rest genug für sich fand. Der Rest lebte dann wieder in der Eisenzeit oder der Steinzeit, und fand zwangsläufig zum triebgerechten Sippenschema zurück. Damit war dann allerdings auch der Satanismus verschwunden, der Geist des Jesus von Nazareth musste nach der Apokalypse zwangsläufig wieder auferstehen: Das Sippen- und Eheleben auf Basis gegenseitiger Herzensliebe.

 

Der Satanismus war das Selbstmordprogramm der menschlichen Art gegen Überbevölkerung, eine Art Wanderung der Lemminge, wie Henderson wusste. Dabei war der Satanismus ein spezielles Selbstmordprogramm: Durch Hochintelligenz war es dem Menschen gelungen, die Sterberate weit unter die Geburtenrate zu drücken, und der Satanismus griff genau diese Ursache der Bevölkerungsexplosion an: Satanismus griff immer die Hochintelligenz an und legte sie lahm, ob durch Mord, oder durch Knechtung.

 

Wie Selbstmordprogramme von Arten im Grunde funktionierten, sah man im Experiment. Man brauchte nur 20 Ratten in einen Raum zu stecken, Futter aber nur für 5 zu geben. So stellte man Übervölkerung auf die Schnelle künstlich her. Was dabei herauskam, wusste jeder, ohne es auszuprobieren: Die Ratten setzten die erlebte Not in Aggression um, das Selbstmordprogramm der Art war gestartet und lief fort, bis es wieder für alle reichte. Dann waren die verbleibenden Ratten wieder friedlich zueinander, dann funktionierten sie wieder sozial. Bei 6 Milliarden Menschen auf der Erde ging es nicht so schnell wie im Rattenkäfig, im Prinzip aber ganz genau so und ganz genau so sicher, das wusste Henderson.

 

Henderson hatte gegen Überbevölkerung sozialverträglichere Konzepte zu bieten, und ihm war klar, dass natürliches Sozialleben nicht nur auf Bäumen und in Höhlen möglich war. Doch Henderson wusste, dass man Satanisten nicht durch Argumente überzeugen konnte.

Was in die verdrehte Sicht von Satanisten nicht passte, wurde solange völlig von ihnen ignoriert, bis sie es selbst absolut sicher spürten, dass diese Ignoranz ihnen schadete.

Henderson kannte die Satanisten tatsächlich besser, als die Satanisten sich selbst kannten. Und weil die Satanisten so gern mit ihm kungeln wollten, konnte Henderson viel von ihnen fordern. Und weil sie nicht wollten, dass Henderson ihre wahren Hintergründe erkannte, stellte Henderson sich insofern naiv. Und weil Henderson nicht wollte, dass die Satanisten Hendersons wahre Hintergründe erkannten, täuschte er die Satanisten insofern. Ihm war nur wichtig, dass er bekam, was er bekommen wollte, ohne zu geben, was er nicht geben wollte.

 

Henderson interessierte sich einen Dreck für seinen Job. Es gab nur eines, was ihn wirklich interessierte: Der weltweite Kampf gegen den organisierten Satanismus, um die Apokalypse abzuwenden.

 

Henderson war kein liebloser Mensch. In den Momenten, in denen seine Mitarbeiter ihn erlebten, war er genau so, wie sie ihn erlebten und weshalb sie ihn liebten. Doch er hätte sie allesamt eiskalt im Pazifik ersäuft, wenn er damit den Satanismus in die Knie bekommen hätte. Und dann hätte es ihm nicht einmal Gewissensbisse bereitet. Menschen wie Henderson konnten nur von Menschen wie ihm wirklich verstanden werden, und solche Menschen erkannten sich, auch wenn sie sich nicht kannten. Nur ihnen konnte er wirklich nichts vormachen, doch ihnen brauchte er auch wirklich nichts vorzumachen: So spezialisiert hoch gezüchtete Fanatiker kamen im Grunde aus dem selben Stall, sie waren nach dem selben Schema ausgebildet.

 

Natürlich hatte Henderson eine Frau, und natürlich waren beide unauffällig nach Außen. Nicht zu dick und nicht dünn trug man auf, die Ehefrau sang im Frauenchor, und man war bei wohltätigen Aktionen der Society dabei. Man flaggte am Nationalfeiertag, im Garten wuchs kein Unkraut. Haus und Autos waren immer blitzblank, Steuern und Rechnungen wurden prompt bezahlt, Gesetze nicht nachweislich gebrochen. Damit waren die Hendersons nach allen üblichen Maßstäben gute und unauffällige Kanadier.

 

Fast niemand ahnte, worum es Robert Henderson wirklich ging, bei allem, was er anderen vorgaukelte. Er schickte jeden Tag gigantische Datenmengen um die Welt, und er bekam jeden Tag gigantische Datenmengen. Er konnte jeden Weg nutzen, den man überhaupt nutzen konnte, um Informationen von sonst woher zu bekommen und nach sonst wohin zu liefern. Er war eine der Schlüsselfiguren im weltweit konzertierten Kampf gegen den Satanismus, er bekam jede Information schnellstmöglich und absolut sicher von einem Punkt zum anderen. Ausgeklügelte Cheffriersysteme machten sensible Informationen zu völlig unauffälligen Bestandteilen gigantischer Datenmengen, und selbst der absolut sichere Weg, von Mund zu Ohr in abhörsicherer Umgebung, konnte jederzeit arrangiert werden.

 

Henderson wusste, dass ihm schlimmeres als ein einfacher Tod drohte, wenn sein Wirken auffliegen würde. Alles würde man von ihm wissen wollen, unbedingt. Und abgrundtief böse würde man auf ihn sein. Beides war für Henderson tatsächlich nur unter dem Aspekt interessant, dass sie von ihm natürlich nichts erfahren durften, unter gar keinen Umständen.

Henderson war bestmöglich eingestellt, seinen Kreislauf allein durch Willenskraft zum Kollaps zu treiben, doch den Trick kannten die anderen. Keine Folter ohne medizinische Kontrolle und Lebenserhaltung, hieß es in Fällen wie dem seinen. Doch Henderson hatte noch zwei andere Tricks auf Lager, um seinem Leben schnell ein Ende zu setzen, und mindestens einen davon kannten die anderen garantiert nicht. Sollte das alles nicht klappen, dann würden sie von ihm immer noch nichts erfahren. Sie könnten ihn quälen und töten, aber sie könnten nicht die Herrschaft über seinen Verstand erzwingen, ohne ihn dabei in den Irrsinn zu treiben. Und dann könnte er nichts brauchbares mehr sagen, er wäre dann ein absoluter Vollidiot.

 

Henderson wusste, dass auch die Satanisten ihn nicht ewig foltern konnten. In ihrem Sinne erreichen würden sie dabei gar nichts, und das sadistische Vergnügen würden er ihnen soweit versäuern, wie es ihm möglich war. Seine in dem Falle ernst gemeinte Botschaft hieß: "Lieber lasse ich mich von Euch zu Tode foltern, als dass ich so erbärmlich leben wollte, wie Ihr es tut!" Das hörte wirklich kein einziger Satanist gern, schon gar nicht, wenn jemand es unter Folter im Brustton der Überzeugung schrie. Es machte Satanisten ihre tatsächliche Lage emotional klar, sie fühlten es in dem Moment, wie schlecht es ihnen emotional in Wahrheit ging. Und im nächsten Moment spürten sie, dass sie dem Gefolterten Unrecht taten.

 

Zudem hatte Henderson gegenüber seinen Todfeinden die beste Lebensversicherung der Welt. Blieben von ihm anderswo erwartete Signale aus, dann würden von mehreren Servern im arabischen Raum Emails an die wichtigsten seiner Feinde gehen, an ihre höchstpersönlichen Emailadressen. Auf Bildern könnten sie sich ansehen, was Leute wie Charles S. Eaglestone aus Satanisten aller Altersklassen machten. Das beeindruckte wirklich jeden, außer Leute wie Henderson. Er hielt direkt Kontakt zu den schlimmsten Hexenjägern Nordamerikas, die sich mit dem Vancouver-Ableger des "Ordens der schwarzen Sonne", ursprünglich gegründet von Heinrich Himmler und verbunden mit den Satanisten im alten SS-Reich, grausigste Kämpfe lieferten.

 

Henderson stellte sich längst nicht mehr die Frage, ob solches Vorgehen korrekt war. Es ging aus seiner Sicht absolut nicht anders, wenn man es mit Feinden zu tun hatte, die Heimtücke, Grausamkeit und Gnadenlosigkeit über alles andere glorifizierten. Stellte man dem nicht zumindest zur Not das selbe entgegen, konnte man restlos einpacken. Kein Mensch hätte sich irgendetwas ausdenken können, womit man Henderson hätte schocken können. Für Henderson war das, was andere zum Zittern oder zum Erbrechen gebracht hätte, ganz normal.

 

Und so wäre es im Grunde auch nichts besonderes gewesen, dass aus Europa Unterstützung angefordert wurde. Doch dieses Mal war es etwas besonderes für Henderson. In Europa war es gelungen, eine Schlüsselfigur der Satanisten lebend in die Hände zu bekommen. Und diese Schlüsselfigur war zugleich eine Schlüsselfigur im Imperium von Hendersons Arbeitgeber. Und das in doppelt pikanter Weise: Es war die Frau, die Hendersons direkten Vorgesetzten, Jim Downing, in Hörigkeit hielt. Das hieß Alarmstufe Rot für Henderson. Ein führerloser und verzweifelter Höriger war in seinem Verhalten kaum einzuschätzen. Ihm war jede noch so große Verrücktheit zuzutrauen. Henderson nahm keine Information aus diesen Kanälen auf, ohne sich vorher auf das Schlimmste einzustellen. Er hatte gewusst, dass die Frau auf der Liste war, und wollte selbst, dass man sie erwischt. Doch stets war ihm klar, dass dadurch Probleme entstehen würden, voraussehbare Probleme.

 

Den Satanisten würde natürlich auch auffallen, dass der Faden, an dem sie Jim Downing tanzen ließen, plötzlich verschwunden war. Damit war sicher, dass sie, sobald sie es wussten, reagieren würden, um Jim Downing an einen anderen Faden zu hängen. Das war mit massiver Hirnwäsche leicht gemacht, wurde sie nur rücksichtslos betrieben. Damit hatten Satanisten keine Probleme. Aber das war aus Sicht von Henderson zu vermeiden, denn mit Jim Downing hatte man etwas anderes vor. Man wollte ihn gemeinsam mit seiner Hexe umdrehen, um wirklich alles von beiden zu erfahren. Solche Doppelumdrehungen machten es möglich, dass Satanisten tatsächlich alles von ganzem Herzen ehrlich ausplauderten, ohne dass man sie foltern musste. Über direkte Ansprache von Urinstinkten wurde die Hexe innerlich gezwungen, sich in den Sklaven zu verlieben, dann waren ein paar Sachen zurechtzurücken, anschließend waren beide glücklich und dankbar, konnten nicht mehr begreifen, was sie vorher getan hatten. Aber sie wussten noch alles, bis ins Detail. Maximal eine Woche war nötig, um die Sache rundum perfekt zu machen. Versehen mit neuer Identität wurden sie zuverlässige Mitstreiter.

 

Wer sich Henderson vor Augen hielt, hätte es niemals für möglich gehalten: Seine innig geliebte Frau, die ihn ganz genauso liebte, war früher die Frau gewesen, die ihm das Leben zur absoluten Hölle gemacht hatte. Mit möglichst wenig Einsatz alles aus ihm herauszuholen, dabei selbst eiskalt und unbarmherzig zu bleiben, war das einzige gewesen, was sie bewusst von ihm gewollt hatte. Denn auf der anderen Seite war sie selbst eine Hörige gewesen, war es ihr nicht besser ergangen als Henderson. So sieht das typische Schicksal einer Hexe aus, das wusste Henderson ganz genau. Henderson konnte Hexen nicht einfach deshalb hassen, weil sie Hexen waren. Seine eigene Frau war ihm der unumstößliche Beweis, dass in jeder Hexe eine gute Frau steckte, zwar tief vergraben, aber unter entsprechenden Umständen jederzeit ans Tageslicht zu bringen. Man musste sie dazu nur glücklich machen, nach Lage ihrer Triebe, nicht unbedingt nach dem, was sie bewusst sagte oder meinte, wie Henderson wusste.

 

Beide Hendersons waren Satanisten gewesen, beide hatten schreckliche Dinge getan gehabt, und beide waren gemeinsam umgedreht worden. Es kam nicht von ungefähr, dass Henderson die Menschen vorzugsweise mit Wohlgefühl manipulierte, er wusste aus eigener Erfahrung, wie gründlich das Mittel wirkt, wird es richtig eingesetzt.

 

Und natürlich wusste Henderson auch aus eigener Erfahrung, wie man einen Hörigen am einfachsten dorthin bekommt, wo man ihn haben will: Man muss ihn nur von der Person rufen lassen, die ihn beherrscht. Die Person hatte man im Falle Downings. Und nun musste Jim Downing solange von allen Satanisten abgeschnitten werden, bis die Frau in Europa zum Rufen bereit war. Häscher waren nicht immer die besten Überzeuger, zudem musste die Frau erst an einen passenden Ort gebracht werden. Vor sieben Minuten hatte man sie sicher in den eigenen Händen, doch es konnte noch eine Stunde dauern, bis alles soweit war. Bis es soweit war, dass sie ihn so anrufen würde, wie man es von ihr wollte.

Verzweifelt und sehnsüchtig nach Downing musste sie klingen, aber nicht todesängstlich. Nicht Angst, sondern Hoffnung sollte Downing treiben. "Ich brauche Dich unbedingt, Du musst sofort kommen! Nur Du kannst mir helfen, stelle jetzt keine Fragen, dann wird wirklich alles gut! Lasse Dir einen Learjet für Binnenflug bereitstellen, setze Dich sofort ins Auto, und nimm Anrufe nur noch unter meiner Nummer an! Ich werde Dich bald anrufen! Bitte, komme ganz schnell zu mir, ich muss jetzt auflegen!" Das enthielt alles, was es enthalten musste. Mit großem Mund würde er bis zum Ende zuhören, dann wie elektrisiert von seinem Stuhl hochjagen, und einen kurzen Moment wortlos bleiben. Dann würde er unglaublichen Eifer zeigen, so schnell wie möglich in sein Auto zu kommen. In dem Falle reichten ihm Pass und Scheckkarte, und diese Dinge hatte er stets bei sich. Das alles wusste Henderson, bevor es geschah.

 

Genau sieben Minuten nach Eingang der Nachricht saß Henderson mit einer speziell angefertigten Präsentationsmappe im Büro von Jim Downing. Natürlich wusste Henderson, womit er das Interesse seines formalen Vorgesetzten, der ihm ihn Wahrheit nichts zu sagen hatte, ansprechen konnte. Dabei war die Mappe nur Beiwerk, die Hauptsache bot Robert Henderson wie immer selbst. Und selbstverständlich bat Henderson um ungestörten Vortrag, außer natürlich in ganz dringenden Fällen. Nun war Downing nur noch per Handy und nur noch für zwei mögliche Anrufer erreichbar: Für seine Hexe und für seinen eigenen Vorgesetzten. Alles andere war nun abgeblockt.

Selbst, wenn es den Satanisten bereits aufgegangen war, dass Downings Hexe entführt war, so hieß das nicht unbedingt, dass sie Hendersons Gespräch mit Downing deshalb stören würden. Aus ihrer Sicht konnten sie auch das Ende des Gesprächs abwarten. Darauf hoffte Henderson. Sollte es anders kommen, musste er eingreifen. Irgendetwas fiel ihm immer ein. Als das Telefon schellte, zeigte Henderson kein besonderes Interesse daran, obwohl er seine Antennen sofort auf sensibelsten Empfang einstellte.

 

Downing musste die Rufnummer sehen, bevor er sprach. Bereits an seiner Begrüßung musste klar werden, mit wem er sprach. Euphorisch legte er los:"Schön..." und brach sofort ab. Er zeigte exakt das erwartete Verhalten, zum ersten Mal komplimentierte er Henderson aus seinem Büro hinaus, und wollte es zeitgleich mit ihm verlassen. "Mir ist etwas absolut dringendes dazwischen gekommen, Mr. Henderson, ich habe keine Zeit für Erklärungen. Geben Sie meiner Sekretärin bitte Anweisung, sofort meinen Wagen klar machen zu lassen, einen Binnenflieger bereit stellen zu lassen und alle Termine zu canceln. Ich bin unterwegs." Henderson sah Downing hoch erstaunt an, sagte nur "OK, Mr. Downing.", und schon war Downing verschwunden. 23 Minuten war es gerade her, dass Downings Hexe entführt war, die Leute in Europa waren erstaunlich professionell geworden.

Nicht einmal von seiner Sekretärin verabschiedete Downing sich, nicht eine Zehntelsekunde hatte er verlieren wollen. Mrs. Langton schien fassungslos, als sie ihren Chef wortlos davon stürzen sah, und Henderson sah staunend und Schulter zuckend zu ihr hinüber: "Mr. Downing bekam einen Anruf auf sein Handy, und wollte sofort aufbrechen, ohne Zeit für Erklärungen zu haben, Mrs. Langton. Er lässt Sie über mich bitten, seinen Wagen und einen Binnenflieger für ihn bereit stellen zu lassen und seine Termine für heute zu canceln, Mrs. Langton."

 

Nun stand Mrs. Langton die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben: "Sein Fahrer hat soeben einen Elektronikschaden am Wagen gemeldet, und gerade im Moment sind alle anderen Wagen unterwegs!" - "Um Himmels Willen!", sagte Henderson betroffen, obwohl ihm beides klar gewesen war. Der Elektronikschaden war ebenso wenig Zufall wie der plötzlich hohe Einsatz von Autos. Es waren Hendersons Leute, die seit Tagen die Fahrzeugflotte mit aller Macht in Beschlag hielten, der Elektronikschaden hingegen war spontan herbei geführt.

Henderson kannte Mrs. Langton nur von wenigen beiläufigen Begegnungen, aber er kannte sie ganz genau. Erstens war sie eine Satanistin, sonst wäre sie nicht Sekretärin eines Satanisten gewesen, außerdem erkannte Henderson jeden Satanisten an dessen Gefühlsäußerungen und Worten, so auch Mrs. Langton. Zweitens war Downing ihr nicht hörig, war also nicht verpflichtet, ihr alles zu sagen. Solange in Mrs. Langton kein Argwohn aufkam, dass Downing insgeheim gegen den Satansbund handelte, hatte sie Downings Tun nicht zu hinterfragen, war sie eine ganz normale Chefsekretärin für Downing.

Kam allerdings Argwohn in ihr auf, so musste sie das absolut sofort weitermelden. Andernfalls drohte ihr sehr unangenehmes, falls man es herausbekam. Mit diesem System hielten die Satanisten sich gegenseitig in Schach, wie Henderson wusste. Für Henderson war deshalb klar, dass Mrs. Langton solange keinen Argwohn empfinden durfte, wie Downing nicht im Flieger saß. Zumindest tief in Mrs. Langton war aber bereits Argwohn. So reagierte der Mensch auf alles, was aus dem normalen Rahmen fiel, wie Henderson klar war. Leider war es unmöglich gewesen, Downing einerseits aus dem Stand in höchsten Eifer zu treiben, andererseits sicherzustellen, dass dieser Eifer nicht einmal seiner Sekretärin auffallen würde. Der Argwohn der Mrs. Langton war ein von Henderson kalkuliertes Übel.

 

Andererseits steckte in Mrs. Langton, wie gesagt, auch die ganz normale Chefsekretärin. Und die Aufgabe einer Chefsekretärin bestand darin, dem Chef umsichtig und einsatzbereit die Arbeit zu erleichtern und zu ergänzen, wie Henderson wusste. Dafür, ob diese Arbeit gut gemacht wurde, gab es für die Chefsekretärin nur einen Maßstab: Die Zufriedenheit ihres Chefs. Und ob ihr Chef zufrieden war, spürte sie an seinem Verhalten ihr gegenüber. War sein Verhalten ihr gegenüber von herzlicher Dankbarkeit geprägt, dann fühlte sie sich warm gestreichelt, ging er aber achtungslos mit ihr um, so fühlte sie sich sofort schwer beleidigt. Downing war achtungslos mit Mrs. Langton umgegangen, auch das war nicht zu verhindern gewesen. Deshalb war nicht nur der Argwohn geweckt, sondern Mrs. Langton fühlte sich auch noch schwer beleidigt. Eine schwer beleidigte Mrs. Langton, deren Argwohn geweckt war, konnte Henderson in dieser Lage absolut nicht gebrauchen, sie konnte alles kaputt machen. Deshalb musste Henderson sich ein wenig Zeit für sie nehmen.

 

Henderson hatte vorher gewusst, wie es zu laufen hatte: Einen Moment würde Langton verwirrt sein, dann erst begriff sie, dass es aus Sicht von Downing brannte. In dem Falle konzentrierte sich eine Chefsekretärin sofort instinktiv auf den Brand, bis er gelöscht war, erst dann dachte sie über irgendetwas anderes nach. Noch bevor Langton zum Nachdenken kommen konnte, bevor der Brand gelöscht war, musste Henderson Argwohn und Kränkung so gründlich ausgeräumt haben, dass Mrs. Langton sich ganz beruhigt ihrer Arbeit widmen konnte und würde. Das war Henderson bewusst.

 

Henderson begann schuldbewusst: "Mrs. Langton, ich fürchte, es liegt am enormen Einsatz meiner Leute, dass unsere Wagen alle unterwegs sind. Gestatten Sie es mir deshalb bitte, unserem Vorgesetzten Mr. Downing persönlich zu helfen. Wie ich unseren Chef kenne, Mrs. Langton, muss er es brandeilig haben, wenn er nicht nur mich, sondern sogar Sie einfach stehen lässt. Ich bin überzeugt, dass Mr. Downing Ihnen das auch noch selbst sagen wird, Mrs. Langton. Ich weiß es absolut sicher, dass er Sie sehr hoch schätzt und dass dies nicht seine Art ist. Canceln Sie bitte seine Termine für heute, Mrs. Langton, und lassen Sie bitte einen Binnenflieger klar machen, ich fahre Mr. Downing persönlich mit meinem Wagen, wenn er es so eilig hat." Aus tiefstem Herzen dankbar sah Mrs. Langton zu Henderson: "Sie nehmen mir einen Stein vom Herzen, Mr. Henderson, so schnell hätte ich kein Taxi bekommen. Zuerst besorge ich den Flieger, dann cancel ich die Termine, richten Sie das Mr. Downing bitte aus, Mr. Henderson, und nochmals: Vielen, vielen Dank, Mr. Henderson!"

 

Henderson hatte ihr nicht einen, sondern alle Steine gleichzeitig vom Herzen genommen und

ihr Herz auch noch liebevoll poliert. Mrs Langton war nun überzeugt, für Downing wertvoller zu sein als Henderson, und was Henderson für Downing wert war, wusste sie genau: Unbezahlbar. Außerdem war Mrs. Langton überzeugt, dass dieser einfühlsame und korrekte Henderson dem Downing diskret den Tipp geben werde, die Sache ihr gegenüber schnellstens bestmöglich zu erklären und gut zu machen. Das hatte er ihr mit seinen Worten tatsächlich versprochen, so dass Mrs. Langton nun absolut überzeugt war, dass die ganze Sache keinerlei Missmut in ihr hinterlassen würde. Damit war ihr aktueller Missmut nicht nur verschwunden, sondern ihr war sogar warm ums Herz, Henderson hatte sie enorm aufgewertet. Das reduzierte die Gefahr von Argwohn erheblich, wie Henderson wusste, vor allem ihm selbst, Henderson, gegenüber. Indem Henderson nicht das geringste Zeichen gab, dass ihm irgendetwas mysteriös vorkam, ließ er erst gar keinen Argwohn in Mrs. Langton aufkommen, denn Henderson hatte sich völlig unverdächtig verhalten. Er hatte ebenso Überraschung gezeigt wie Langton, zeigte Schuldbewusstsein, dass seine Leute die Autos in Beschlag hatten, und untermauerte das überzeugend durch seine Bereitschaft, Downing selbst mit eigenem Wagen zu fahren.

Henderson war behandelt worden wie Mrs. Langton, und er hatte alles bewertet wie Mrs. Langton, außer das, was sie anders bewerten sollte, als sie es tat. Henderson war damit glaubwürdig für Mrs. Langton, und dass er selbst keinen Grimm auf Downing und auch keinen Argwohn zeigte, beruhigte Mrs. Langton dann völlig.

 

Bevor Henderson seinem formalen Vorgesetzten hinterher stürzte, sagte er auf Mrs. Langtons Dankesworte hin: "Es ist wirklich nicht der Rede wert, Mrs. Langton, für mich ist es selbstverständlich, dass ich ihn in dieser Lage fahre." Und mit einem herzlichen Blick sagte er mit dezenter Bestimmtheit: "Mr. Downing wird Sie sicherlich bald anrufen, Mrs. Langton. Bis später, Mrs. Langton!"

Es war gut, dass ein zweiter Aufzug in Bereitschaft war, und so konnte er Jim Downing erreichen, bevor viel Zeit verloren war. "Mr. Downing, Mrs. Langton handelt nach Ihren Weisungen, doch Ihr Auto ist nicht fahrbereit und alle anderen Wagen sind weg. Ich habe Mrs. Langton gesagt, dass ich Sie selbstverständlich fahre, da Sie es offenbar eilig haben.

Downing sah kurz entgeistert zu Henderson. Als Henderson sagte: "Kommen Sie, Mr. Downing, ich fahre Sie, der Jet wartet auf Sie!", nickte Downing und folgte Henderson zu dessen Wagen.

 

Als sie das Firmengelände hinter sich gelassen hatten, überprüfte Henderson elektronisch, ob sein Auto mittlerweile verwanzt war. Es war immer noch nicht verwanzt, offenbar wusste man, dass solche Sachen mit ihm nicht zu machen waren. "Mr. Downing, hören Sie mir bitte gut zu: Ich war einmal in genau der selben Lage wie Sie jetzt. Bleiben Sie ruhig und vor allem vernünftig, DANN WIRD WIRKLICH ALLES GUT! Andernfalls wird Rita Jenkins von meinen Leuten umgebracht, werde ich von Euren Leuten umgebracht, und Sie dürfen sich dann aussuchen, wessen Leute Sie zuerst umbringen werden, Mr. Downing. Ihr Name, Mr. Downing, wird bei allen auf der ganz rabenschwarzen Liste stehen, wenn diese Sache daneben geht. Mit allen Identitätsmerkmalen bis hin zu Ihrem genetischen Code, Ihrem Gesichtsraster und Ihren Fingerabdrücken, Mr. Downing. Dafür habe ich mit allen meinen Möglichkeiten gesorgt, und Sie wissen, was das in meinem Falle heißt. Sie, Rita Jenkins und ich sitzen ab jetzt in einem Boot, Mr. Downing."

Absolut ruhig hatte Henderson gesprochen, doch als Henderson sagte, "DANN WIRD WIRKLICH ALLES GUT." , drehte Downing seinen ganzen Oberkörper samt Kopf blitzartig zu Henderson, mit großen Augen und offenem Munde starrte er auf Henderson. "Mr. Downing, Rita Jenkins ist entführt, aber wohlbehalten. Sie können ihr tatsächlich erheblich helfen, und dann wird es für Sie beide sehr gut ausgehen, das verspreche ich Ihnen. Wenn Sie wollen, fahre ich Sie jetzt zur Firma zurück, oder wollen Sie lieber zum Learjet?"

 

Downing fühlte sich aus allen Richtungen restlos überfahren, gründlicher konnte es nicht mehr gehen. Er presste nicht ohne Grimm aus sich heraus: "Zum Learjet!" Es war mehr, als er in so kurzer Zeit verarbeiten konnte. Ihm war nicht einmal klar gewesen, dass Henderson Rita Jenkins kannte, noch hätte er Henderson den Hexenjägern zugeordnet. Er sank wie erschlagen in seinen Sitz. "Schalten Sie Ihr eigenes Handy bitte ab, Mr. Downing, im Handschuhfach liegt das Handy, mit dem Sie Rita Jenkins jetzt kurz sprechen können. Rita Jenkins wartet wirklich sehnsüchtig auf Ihren Anruf. Sie ist völlig unverletzt, aber sie liegt auf einem Bett, und ist bewegungslos gefesselt. Man hat ihr gesagt, dass sie so sterben werde, wenn Sie nicht bereit seien, ihr eigenhändig die Fesseln zu nehmen. Das meint man auch so, Mr. Downing. Insgesamt haben Sie 20 Sekunden Zeit, das weiß auch Rita Jenkins, dann schaltet die Verbindung ab. Namen und Orte dürfen nicht genannt werden, verstanden?" Downing sagte schneller Ja, als er atmen konnte, sofort griff er zum Handschuhfach. "Erst Ihr eigenes Handy abschalten, Mr. Downing!"

Downing schreckte sofort vom Handschuhfach zurück, und schaltete sein Handy ab. Nun gehorchte er perfekt, solange er dabei nicht schlecht fuhr. Das wusste Henderson. Downing hatte begriffen, dass es so das Beste für ihn war. 20 Sekunden Telefonieren mit Rita Jenkins machten ihn dann sogar glücklich. So heiß und ehrlich wie jetzt hatte sie sich niemals zuvor nach ihm gesehnt. Downing strahlte, nun war er im Guten wie im Bösen überzeugt.

 

Downing musste zum jetzigen Zeitpunkt nach Hendersons Ansicht nicht ganz genau wissen, mit welchen Mitteln man die Sehnsucht der Rita Jenkins nach Downing erst geweckt und dann bis zum Anschlag gesteigert hatte. Wenn wirklich nichts anderes zog, dann weckte ein Kurzfilm, der von Leuten wie Charles S. Eaglestone gedreht war, brennende Sehnsucht nach jedem und allem, nach dem man Sehnsucht wecken wollte. Robert Henderson hatte wieder einen Lebensfreund gewonnen, denn Downing sah ihn erleichtert und freundlich von der Seite an.

Henderson:"Mr.Downing, rufen Sie jetzt bitte Mrs. Langton an und fragen Sie als erstes, ob sie schon den Termin mit Jordan Stephens gecancelt habe, den haben Sie um 22.00 Uhr, Mr.,Downing. Wenn nicht, dann solle sie ihn unbedingt stehen lassen, um 22.00 Uhr seien Sie garantiert zurück. Hat sie ihn schon gecancelt, dann bewegen Sie Mrs. Langton demütig dazu, die Sache im Schongang wieder zu revidieren, weil es für Sie so wichtig sei. Anschließend entschuldigen Sie sich demütig für die Art Ihres Fortgangs, versprechen ihr, ihr sofort nach Rückkehr alles zu erklären, und sagen ihr noch, dass es Ihnen wirklich sehr leid tue, denn sie sei die beste Sekretärin der Welt. Bekommen Sie das gut hin, Mr. Downing?"

 

Downing fühlte sich gegenüber der eigenen Sekretärin wie erwartet nicht schwach, und regelte alles wie gewünscht.

 

Dann wurde Downing nachdenklich."Was wird aus meiner Frau und meinen Kindern, Mr. Henderson?" -

 

"Die werden Sie niemals wieder sehen können, ohne Sie alle in höchste Gefahr zu bringen, Mr. Downing. Sie können aber sicher sein, dass sehr gute Leute dafür sorgen, dass ihnen nichts geschieht, solange Sie von ihnen fernbleiben. Ihrer Frau besorgen wir einen passenden Mann und sorgen dafür, dass er sie wirklich liebt und glücklich macht. Dann geht er auch mit Ihren Kindern vernünftig um, Mr. Downing. Wir regeln solche Sachen schnell und gründlich, wie Ihnen vielleicht schon klar ist." Henderson wusste, dass hier innerer Widerstand in Downing zu erwarten war, blieb aber sachlich.

"Über uns werden Sie auf dem Laufenden gehalten, Mr. Downing, und Ihre Familie wird über uns Lebenszeichen von Ihnen bekommen, solange beide Seiten das wollen. Mehr geht nicht, Mr. Downing, für den Rest Ihres Lebens nicht. Dafür bekommen Sie Rita ganz für sich, sie wird alles tun, um Sie glücklich zu machen. Rita wird Sie von ganzem Herzen lieben, Mr. Downing, und Sie werden Rita von ganzem Herzen lieben."

 

Downing dachte nun an seine Kinder, das war für Henderson klar. Die Ehefrau war ihm im Grunde egal. Downing versuchte, starken Zwang zum Weinen in sich zu ersticken. "Mr. Downing, Sie MÜSSEN sich endgültig zwischen Rita und Ihren Kindern entscheiden. Und Sie sind derjenige, der Rita Ihre Entscheidung sagen muss. Rita ist nicht nur gefesselt, sondern bekommt auch nichts zu essen und zu trinken, bevor Sie es ihr geben, Mr. Downing. Rita weiß ganz genau, dass Sie Ihre Kinder lieben. Und Rita weiß es, dass Sie sich gerade jetzt entscheiden müssen, ob Sie bereit sind, Ihre Kinder für Rita innerlich aufzugeben. Rita denkt gerade sehr intensiv darüber nach, wie viel sie Ihnen wirklich wert sei, ob sie mit Ihnen womöglich falsch umgegangen sein könnte.

Mr. Downing, das ist in diesem Moment das wichtigste überhaupt für Rita, nichts anderes interessiert sie jetzt gerade. Und diesem Interesse wendet sie sich ungestört zu. In diesem Moment ist sie blind, gehörlos, und kann sich nicht bewegen. Sie ist innerlich ganz allein mit ihrer Angst, dass sie sich so sehr an Ihnen versündigt habe, dass Sie sich nun für Ihre Kinder entscheiden. Seit dem letzten Telefonat ist sie in dem Zustand, und wartet auf Ihren Anruf, Mr. Downing. Jede Sekunde erscheint ihr wie eine halbe Ewigkeit. Es kann nicht lange dauern, bis sie verrückt wird, wenn Sie Rita nicht erlösen. Mr. Downing, tun Sie jetzt unbedingt, was ich Ihnen sage: Nehmen Sie das Handy, und lassen Sie Rita reden, nachdem Sie sich gemeldet haben. Sie sagen solange nichts, bis sich Ihr Herz klar entschieden hat. Erst dann sprechen Sie wieder, dann müssen Sie Rita Ihre Entscheidung sagen. Bis dahin geben Sie alles, um nur daran zu denken, was Ihre Kinder Ihnen bedeuten, wirklich alles, Mr. Downing! Konzentrieren Sie sich ab jetzt mit Ihrer ganzen Kraft darauf, wie lieb Sie Ihre Kinder haben!"

 

Zögernd griff Downing zum Handy. Sein ganzes Gesicht verzerrte sich immer mehr, er biss sich auf die Lippen. Irgendwann platzte der Knoten, und Downing schluchzte ins Handy, dass er sie doch liebe, dass er ganz bestimmt bald bei ihr sei und dass alles gut werde . Dann wurde die Verbindung von der anderen Seite abgebrochen. Bevor Downing sich äußern konnte, sagte Henderson:"Mr. Downing, nur deshalb, weil es offenbar in Ihrem Sinne ist, gibt man Rita Jenkins in diesem Moment das Augenlicht und das Gehör zurück. Sie bleibt gefesselt, doch eine Frau kümmert sich wirklich gut um sie, redet viel mit ihr. Diese Frau ist selbst eine umgedrehte Hexe, kann heute gehen, wohin sie will. Ich würde dieser Frau jederzeit mein Leben blind anvertrauen, Mr. Downing, ich lege Ihnen gegenüber meine Hand für sie ins Feuer. Sie kann Rita besser verstehen als Sie und ich, und sie kann es Ritas Gedanken und Gefühlen nahe bringen, für Sie anders als bisher empfinden zu können. Die Frau ist heute glücklich, und das wird Rita hören und spüren. Alles, was aus Ritas Sicht bedeutsam ist, kann diese Frau ihr einwandfrei und glaubhaft erklären, Mr. Downing, und sie tut es ganz bestimmt auch liebe- und verständnisvoll.

 

Damit Sie keinen falschen Eindruck von uns behalten, Mr. Downing, sollen Sie jetzt wissen,

dass wir Rita kurz und intensiv die Situation klar gemacht hatten, sie auf ein Bett fesselten, und ihr ansonsten nichts taten, ohne dass sie es auch selbst wollte. Die Frau, die sich jetzt um Rita kümmert, ist seit dem Moment der Fesselung bei Rita. Sie ist auf Ritas Bitte hin aktiv geworden, nachdem sie Rita erklärt hatte, worum es ging. Rita musste allerdings überzeugend bitten, weil die Frau tatsächlich sehr viel auf sich nimmt, indem sie antritt. Die Frau legt ihr Leben auch in Ritas Hände. Sie hat nicht das Recht, Rita zu irgendetwas zu zwingen, sondern die Pflicht, nur zu vollziehen, was Rita auch selbst will. Das galt auch für den vorübergehenden Entzug von Augenlicht und Gehör, Mr. Downing. Rita hatte gewusst, wofür es sein musste, und hatte dann darum gebeten. Als Rita blind und taub war, schloss die Frau selbst ihre Augen, um besser mit Rita fühlen zu können, Mr. Downing. Und sie hielt Ritas Hände ganz fest und sagte Rita auf diesem Wege immer wieder: "Frage Dein Herz aufrichtig, ob Du an seiner Stelle kommen würdest, denn nur dann wird er sicher kommen!"

Sie bringt Rita nebenbei wahre Frauenfreundschaft und wahres Fühlen bei, sie hält zu ihr, Mr.Downing, als wäre Rita ihre eigene Schwester. Die ganze Zeit über ist die Frau nicht den Befehlen eines Ordens, sondern nur dem Wohle Ritas verpflichtet. Sie hat nicht die Macht, das Programm zu beenden oder zu ändern. Aber sie hat die Pflicht, jeden, der Rita irgendwie Unrecht tut, von Rita selbst bestrafen zu lassen, und dazu hat sie alle Mittel. Sie selbst ist

für uns heilig, solange sie einer Hilflosen aus Liebe zu ihr dient. Solange gehorcht der Orden ihren Befehlen, und ich bin auf ihren Befehl hin tätig. Sonst gibt es nie Befehle bei uns, Mr. Downing.

 

Wie gut sie mit Rita umgeht, entscheidet Rita später aus einer sehr starken Position, Mr. Downing, und das wissen beide Frauen bereits jetzt. Wenn Rita das Programm durchlaufen hat, wird ihre frühere Betreuerin tatsächlich für einen Tag zu unserer Gefangenen. Unter unseren Augen lässt sie sich vorschriftsmäßig von Rita auf dem Bett fesseln, dann lassen wir die beiden für einen Tag allein. Was auch immer sie miteinander anstellen würden, keiner von ihnen würde man deshalb einen Vorwurf machen. Rita könnte ihre jetzige Betreuerin im gefesselten Zustand erdrosseln, Mr. Downing, wir würden Rita dennoch ungeschoren ziehen lassen. Auch das wissen beide bereits jetzt. Rita hat jetzt schon eine Freundin, wie sie noch nie eine hatte, Mr. Downing. Rita ist dabei, Frauenfreundschaft sensibel zu erfahren, das gesunde Fühlen und die Liebe zu lernen, Mr. Downing.

 

Verzeihen Sie es mir bitte, dass ich vorhin nicht ganz offen zu Ihnen war, Mr. Downing. Wir legen größten Wert darauf, Rita so wenig, nicht so viel wie möglich zu quälen. Wir lassen niemanden auch nur eine Sekunde mit Angst allein, schon gar nicht unter Reizentzug. Wir setzen Reizentzug nie vollständig ein, so dass jemand im inneren Gefängnis sitzen würde. Das wäre nur zerstörerische und schreckliche Folter, Mr. Downing. Wir belassen mindestens einen Sinn in Funktion, und wir stellen sicher, dass auf diesem Wege intensiver herzlicher Gefühlsaustausch mit einer anderen Person erfolgt. Dabei denken wir uns einiges, Mr. Downing. Wir sind weder Sadisten, noch Pfuscher. Das hatte ich gerade nicht ganz so deutlich machen wollen, damit Sie schneller auf und über den Berg kamen, Mr. Downing. Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel. Am Ende werden Sie jedes Detail unseres Handelns ganz verstanden haben, Mr. Downing, bis dahin muss jeweils das wichtigste reichen."

Henderson fuhr fort: "Rita weiß nun sicher, dass Sie kommen werden, Mr. Downing, darf jetzt auch Wasser trinken, und ist sehr gut aufgehoben. Es gibt keinen Grund mehr für Sie, sich im Moment Sorgen zu machen, Mr. Downing. Entspannen und freuen Sie sich, Mr. Downing!" Downing lehnte längst wie erschlagen in seinem Sitz zurück. Downing hatte seine Kinder innerlich aufgegeben, machte sich um Rita keine akuten Sorgen mehr, nun brauchte er etwas Erholung, wie Henderson wusste.

 

Bei Hendersons Kollegen in Europa lief es parallel: Zum ersten Mal empfand Rita wahre Dankbarkeit für Downing, zum ersten Mal hatte es ihr selbst von Herzen leid getan, dass sie ihn gequält hatte. Sie hatte sich nur die eine Frage gestellt, was sie an Downings Stelle tun würde, wie sie an Downings Stelle für Rita Jenkins fühlen würde. Je mehr sie ihm angetan hatte, desto mehr Angst musste sie leiden. Henderson hatte nicht mithören müssen, was Rita Jenkins dem Jim Downing am Telefon vorschluchzte. Aber Henderson wusste, was Frauen in der Lage schluchzten: Erstens tue ihnen alles viel mehr leid, als irgendein Mensch es sich überhaupt vorstellen könne, zweitens hätten sie absolutes Verständnis dafür, wenn der Mann von ihnen nichts mehr wissen wollte, denn verdient hätten sie ja schließlich nichts anderes, drittens versprechen sie ihm bestmögliche Wiedergutmachung und lebenslang größte Dankbarkeit, wenn er ihnen dennoch verzeiht und zu ihnen hält, und viertens flehen sie ihn herzzerreißend an, ihnen zu verzeihen und zu ihnen zu halten, weil sie sonst rettungslos und restlos verloren seien.

 

Wie absolut alle Männer in solchen Lagen, hatte Downing erst im Punkte vier nachgegeben, wie Henderson wusste. Auch die Männer verfuhren nach Standardschema. Auf den Punkt erstens reagierten sie innerlich mit "Du kannst mich mal...", auf den Punkt zweitens mit: "Tolle Idee, Dich einfach abzuhaken! Schön, dass Du mich ohne Geschrei gehen lassen willst!.", auf den Punkt drittens mit: "Um Himmels Willen, sie will mich doch nicht ohne Geschrei gehen lassen!" , und erst unter viertens geriet Bewegung ins Spiel:"Ich müsste ihr den Tritt geben, aber wie fühlte ich mich dann? Nicht viel anders, als ob ich sie eigenhändig umgebracht hätte... SCHRECKLICH!!! ..... OK, OK, ohne mich ist sie ja wirklich verloren, und wenigstens hat sie es nun begriffen..." Sobald der Mann sich sicher fühlte, dass die Frau wirklich gespürt hatte, dass sie ihn unbedingt brauchte, spürte er ihre Verzweiflung so schmerzhaft, dass ihm nichts anderes mehr blieb als:"Komm, es ist ja wieder gut, ich liebe Dich doch auch, ich will doch für Dich da sein!" Kein zurecht ergrimmter Mann tat es vorher, doch auch keiner hielt dem wirklich verzweifelten Hilferuf der geliebten Frau unter viertens stand. Dafür entstand in der Frau dann allerdings herzliche Zuneigung für den Mann, ob sie es wollte, oder ob sie es nicht wollte. Die Natur war nicht ungerecht.

 

Henderson interessierte sich nicht dafür, aus immer wieder unterschiedlichen Mündern immer wieder das im Grunde selbe Schluchzen zu hören. Es war Arbeit für ihn. Ritas Schluchzen sollte man sich dort anhören, wo Rita war, das war nicht Hendersons Job. Keine zwei Stunden würden sie in Europa brauchen, damit Rita sich restlos in Downing verliebte und ihren Hexenmeister innerlich aufgab, wenn Downing erst einmal vor Ort war. Damit waren dann beide von jedem satanistischen Einfluss erlöst, aus Rita Jenkins wurde die geläuterte und lebensfrohe Maria Magdalena. Das Grundrezept war altbewährt.

 

Um Rita Jenkins machte Henderson sich überhaupt keine Sorgen. Wenn auch der Lage angepasst und am Fortschritt in der Sache orientiert, so ging man doch sensibel mit ihr um. Auch von ihr wollte man letztlich wahre Dankbarkeit, und deshalb durfte man nichts mit ihr machen, was sie auch im Nachhinein beanstanden würde, sondern nur Dinge, die sie möglichst von Anfang an in ihrem eigenen Interesse als sinnvoll erkannte. Es gehörte zu den Ordensregeln, nicht selbst zu strafen, was nicht an einem selbst begangen war, wenn jemand wehrlos war. Und ebenso gehörte es zu den Ordensregeln, Menschen nur durch Zuneigung zu gewinnen.

An halben Ergebnissen war niemand interessiert, der eng mit Henderson zusammen wirkte, er konnte für seine Leute tatsächlich die Hand ins Feuer legen. Optimalität war das Standardziel. Deshalb konnte man es Rita nicht beliebig leicht machen, doch sensibel sorgte man dafür, dass man es ihr niemals schwerer machte als nötig. Was in Europa lief, wusste Henderson, ohne dass er dabei war. Er kannte die Leute, die dort wirkten, ohne sie jemals gesehen oder gesprochen zu haben, jeden von ihnen, ganz genau. Jeder von ihnen wäre mit Downing so umgegangen, wie Henderson es getan hatte. Alle waren gleich eingestellt und beherrschten die selben Schemata der Manipulation von Menschen. Es waren die :Leute, mit denen Henderson am liebsten zusammen arbeitete, mit anderen Feinden des Satanismus klappte es nicht immer ganz so gut.

 

Mit Leuten vom Schlag eines Charles S. Eaglestone, der Satanisten mit dem Teufel verwechselte, konnte Henderson immer erst dann etwas anfangen, wenn alles andere nicht mehr zog. Henderson wusste es so genau wie kein anderer, dass die einerseits abgrundtief böse Hexe andererseits abgrundtief böse Behandlung erfuhr. Sie war tatsächlich exakt genug bestraft, so funktionierte es unter dem Strich bei jedem, auch wenn es kaum einer wirklich wusste. Henderson konnte es mathematisch beweisen: Der lebensfrohe Bösewicht war so unmöglich wie trockenes Wasser, doch das interessierte Leute wie Charles S. Eaglestone überhaupt nicht.

 

Auf halbem Wege zum Flughafen sagte Henderson: "Mr. Downing, Sie werden einen anderen Flieger nehmen müssen, einen Fernflieger. Heute ist der Teufel in der Elektronik, Mr. Downing, die für Sie gecharterte Maschine wird nicht in die Luft kommen. Ihr Pilot weiß, wohin er Sie zu fliegen hat. Sobald Sie in der Maschine sitzen, sind Sie sicher in unseren Händen. Alles, was Sie und Rita über das Handy austauschen, Mr. Downing, ist so sicher, wie Sie eine einzelne Nadel in ganz Kanada verstecken können. Sie brauchen nur auf den Knopf zu drücken, und schon haben Sie Rita, können solange mit ihr reden, wie Sie beide es wollen. Sie können beliebig oft das Gespräch beenden und aufnehmen, jeweils mit dem selben Knopf. Auf der anderen Seite ist die Technik nicht ganz so weit, Mr. Downing, Rita kann Sie nicht anrufen. Sie werden Rita anrufen müssen, denn sie wird Sie bitten, die weiteren Schritte zu gehen, und Sie wird Ihnen das nötige erklären. Wir wollen uns so wenig in Ihrer beide Angelegenheiten mischen, wie eben möglich, Mr. Downing.

 

Indem Sie das Handy in Ihren Besitz nehmen, Mr. Downing, erklären Sie Ihre Bereitschaft, Rita zur Frau zu wollen und vorübergehend unser Gefangener zu sein. Wenn Sie in unserer Gefangenschaft sind, werden wir Rita Jenkins und Sie nur gemeinsam aus der Gefangenschaft entlassen, und erst dann, wenn zwischen Ihnen beiden ungetrübte gegenseitige Herzensliebe herrscht. Das wird binnen 48 Stunden sein, wenn Sie kooperativ sind. Unsere Rituale sind 1000 Mal effizienter als die der Satanisten, weil wir die Menschen dorthin bewegen, wo ihr Inneres wirklich hin will. Sie werden staunen, wie leicht Sie an Ritas Liebe herankommen. Im internen Sprachgebrauch heißt das Gesamtritual "Ave Maria", gemeint ist Maria Magdalena. Die Einstellungsänderungen, die Jesus in der SM-Hure des Baal vollzog, um aus ihr eine herzensgute und lebensfrohe Frau zu machen, werden ebenfalls vollzogen.

 

Natürlich gehen wir davon aus, dass Jesus nicht exakt nach unserem Schema vorging, aber wir wissen, dass er die selben Triebe mit der selben Richtung und Konsequenz bearbeitet hat, wie wir es tun. Das Ganze so schonend, wie es überhaupt geht. Solange Satanisten das Hirn nicht irreparabel schädigen, bekommen wir alles hin wie neu, wenn wir einen passenden Sexualpartner haben, oft ist es die Ehefrau. Für absolut nichts brauchen wir länger als eine Woche zur vollständigen Heilung, wenn wir einen sexuellen Partner haben. Satanisten können die Triebe nicht besiegen, Mr. Downing, uns fliegen die Türen auf, den Satanisten fliegen sie immer wieder zu. Kein einziger Satanist hat sich wirklich im Griff, wie Sie nun an Rita und sich selbst ablesen können, aber andere wollen sie beherrschen. Wenn Sie beide durch das Ave Maria hindurch sind, dann wird es Ihnen so gehen wie meiner Frau und mir, Mr. Downing. Wir können es weder mit den Gefühlen noch mit dem Verstand nachvollziehen, wie wir so dumm sein konnten, uns ein Leben der Qual als höchste Erkenntnis verkaufen zu lassen.

 

Sie haben in diesem Auto über Rita und über Ihre Kinder nachgedacht, sonst über nichts, Mr. Downing. Sie haben nicht gefragt, was aus Ihren Immobilien und Aktien wird, haben nicht gefragt, wo Sie demnächst überhaupt Geld verdienen können. Für Sie ist es im tiefsten Innern klar, dass Sie sich mit Rita irgendwie durchschlagen können, und das reicht Ihnen an der Stelle. In Ihrem Leben waren Ihnen nur Ihre Kinder und Rita wirklich wichtig, das haben Sie in diesem Auto bewiesen, und Ihr Herz hat entschieden, dass Ihnen jetzt nur noch Rita wichtig ist. Wofür haben Sie bisher geschuftet, wofür haben Sie sich demütigen lassen, wofür haben Sie sich quälen lassen? Nur für herzlose und magere Zuwendung von Rita Jenkins, denn mit Ihrer Familie hätten Sie längst von Ihren Dividenden und Mieten leben können, ohne zu darben. Von uns bekommen Sie die dauernde Herzensliebe der Rita Jenkins, gratis und im Handumdrehen, Mr. Downing.

Mr. Downing, wenn Sie frei sind, können Rita und Sie sich entscheiden, ob Sie uns helfen wollen. Wenn Sie uns dann helfen wollen, dann werden wir Ihnen helfen. Akzeptieren Sie das alles, was ich Ihnen gesagt habe?"

 

Downing: "Meinen Sie die Frage jetzt noch im Ernst, Mr. Henderson?"

 

Henderson:"Mr. Downing, als Sie in dieses Auto stiegen, waren Sie die Marionette von Rita Jenkins, dann zwang ich Sie, sich meinen Vorgaben zu beugen. Wir beabsichtigen nicht, Sie zu unserer Marionette zu machen. Die Hexe ist deshalb unsere Gefangene, weil wir es wollen, der Sklave wird nur unser Gefangener, wenn er es will, und seine Gefangenschaft ist bis zuletzt eine andere als die der Hexe. Mr. Downing, nach meinem Gefühl würde ich mich Ihnen gegenüber der Freiheitsberaubung schuldig machen, wenn ich Sie ohne Ihren ausdrücklichen Wunsch in Gefangenschaft schicken würde. Halten Sie mich womöglich für einen Kriminellen, Mr. Downing?"

 

Downing:"Ã"hm, nein, selbstverständlich nicht, so war das nicht gemeint. Ich meinte, dass ich selbst heilfroh sei, endlich berechtigte Hoffnung auf Ritas Liebe haben zu können. Sagen Sie bloß nicht, dass Ihnen das nicht sonnenklar sei, Mr. Henderson."

 

Henderson:"Wenn ich ehrlich zu Ihnen sein soll, so ist es mir noch nicht ganz sonnenklar, Mr. Downing. Sind Sie also bereit, sich auf die Bedingungen einzulassen?"

 

Downing:"Selbstverständlich gern." Und, zwei Sekunden später:"Ich danke Ihnen, Mr. Henderson, das werde ich Ihnen niemals vergessen!"

 

Henderson, lächelnd: "Ich tue es nur, um Sie als Vorgesetzten los zu werden, Mr. Downing. Wenn Sie mir wirklich dankbar sind, dann sagen Sie mir noch, was ich aus Ihrer Sicht wissen sollte. Anders als Sie fahre ich gleich zur Firma zurück, und mache meinen Job weiter."

 

Downing überlegte kurz, dann sagte er: "Sie haben recht. Darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an, und Sie sind mir jetzt schon viel lieber als die anderen. Steinberg macht alle verrückt, dass das Experiment - Ihre Abteilung - ein gefährlicher Wahnsinn sei. Er hält Sie für einen ganz ausgekochten Hund, hat bisher aber nichts, womit er seine Ansichten belegen könnte. Steinberg würde Ihre ganze Abteilung am liebsten sofort auseinanderpflücken und alle Leute unter Folter und Lügendetektor ausfragen. Er ist darauf so wild, wie ein wütender Wachhund an seiner Kette zerrt. Ich glaube, wenn man Sie noch ein bisschen machen lässt, dann platzt Steinberg vor Wut. Er war zuletzt nicht gut verträglich, aber alle Mitglieder des Bundes, einschließlich Steinberg, wissen genau, dass es mich im wahrsten Sinne meinen eigenen Kopf kostete, wenn ich Sie nicht so machen ließe, wie Sie es wollen. Man will keine Störfehler im Experiment. Nicht einmal Rita wagte es, mich überhaupt nach Ihrer Arbeit zu fragen, Mr. Henderson. Sie wissen, was das bedeutet, hoffe ich. Es gibt andere, die ein Auge auf Sie haben, wie auch immer, Mr. Henderson. Sollte auch nur einer aus Ihrer Abteilung irgendwie auffliegen, dann führen die Satanisten Weltkrieg gegen Sie alle, bis von Ihnen und allen, denen Sie nahe waren, nichts mehr übrig ist. Meine Funktion, wie Sie wissen, ist es ausschließlich, die vollständige soziale Isolation Ihrer Abteilung innerhalb des Unternehmens zu gewährleisten, damit die unterschiedlichen Konzepte sich nicht vermischen, obwohl sie nebeneinander existieren."

 

Downing bestätigte, was Henderson wusste. Nun wusste Henderson auch, dass Downing sich innerlich vom Bund gelöst hatte. Das letzte Stückchen hatte noch gefehlt, deshalb hatte Downing erst überlegt. Henderson war mit dem gröbsten fertig, was Downing anging.

Henderson: "Von Steinberg hatte ich nichts anderes erwartet, ihm kann ich es bei jeder Begegnung aus den Augen lesen. York G. Steinberg, der hasserfüllte Enkelsohn eines Führers der SS-Totenkopfverbände. Bei jedem Spiegel, vor den er sich stellt, fragt er sich, wieso das Spiegelglas seinem Anblick standhalten kann. Der Mann hat noch niemals eine Frau geliebt, und er hat panische Angst davor, diese Erfahrung zu machen. Er kennt nur Männer, die überhaupt keine Frau an ihre Herzen lassen, und Männer, die auf die Folterbank geraten, sobald sie lieben. Was meinen Sie, Mr. Downing, wenn Steinberg einen anständigen Charakter hätte, wäre der Mann etwas für Ihre ehemalige Frau?"

 

Downing wirkte erst verdutzt, doch dann schien ihm der Gedanke sogar zu gefallen. "Steinberg könnten sogar meine Anzüge womöglich passen, Mr. Henderson, und wenn er meine Frau so lieben würde, wie ich Rita liebe, das ganze auch noch andersherum, was sollte dann noch fehlen? Wenn Sie aus dem Arschloch Steinberg einen Menschen machen, der meine ehemalige Frau glücklich macht, dann wird die ganze Welt klatschen, Mr. Henderson."

 

Henderson: "Robert, bitte, Mr. Downing." Jetzt hatte Downing ihm vollständig aus dem Herzen gesprochen.

 

Downing: "Danke, Robert, ich heiße Jim."

 

Henderson: "Weißt Du, Jim, Männer, die noch nie eine Frau an ihre Gefühle ließen, sind unsere leichtesten Opfer. Wir brauchen nur eine Frau, die innerlich sagt: "Den will ich haben!" Wenn die jetzige Mrs. Downing sich innerlich für ihn entscheiden kann, das werden wir sehr schnell wissen, dann machen wir die Sache schnellstens rund. Jim, ich denke, dann wäre Steinberg auch der ideale Nachfolger für Deinen Posten in der Firma. Der einzige, der mir noch nicht traut, könnte mich dann unmittelbar kontrollieren. Damit hätten dann alle ihren Frieden."

 

Downing schien sich vorzustellen, wie der Steinberg, den er kannte, von Henderson auf Linie gebracht wurde, er konnte wirklich lachen. Downing, immer noch schluckend: "Robert, Du bist ein prima Kerl, aber Steinberg scheint tatsächlich instinktiv zu spüren, dass Du ein ausgekochter Hund bist."

 

Henderson, ernst: "Genau aus dem Grunde müssen wir ihn umpolen oder umbringen. Das haben wir uns schon seit einiger Zeit so vorgestellt, Jim. Ich würde ihn lieber umpolen."

 

Downing: "Wenn Ihr Steinberg umlegen würdet, müsstet Ihr Euch anschließend warm anziehen, Robert. Sein Vater muss eines der obersten Tiere im Bund sein, sonst könnte Steinberg sich nicht halb so viel herausnehmen. Und den Sohn eines Illuminaten umzudrehen, ohne, dass es anschließend irgendeiner merkt... Ich traue Euch wirklich einiges zu, Robert, aber auch Ihr werdet ganz bestimmt Eure Grenzen haben."

 

Henderson: "Jim, ich weiß, dass es sich komplett verrückt anhört, den Sohn eines Illuminaten umdrehen und vor Ort belassen zu wollen. Du darfst aber nicht vergessen, dass wir die Spezialisten für das sind, was andere als verrückt bezeichnen, ohne dass es verrückt ist. Du siehst es als Risiko, dass der alte Steinberg dahinter kommen könnte. Wir würden Wert darauf legen, dass der alte Steinberg es erfährt. In der passenden Art und Weise, selbstverständlich, so, wie wir es wollen. Wenn es überhaupt etwas gibt, für das der alte Steinberg Liebe empfindet, dann ist es sein Sohn. Wie würdest Du denn an seiner Stelle reagieren, Jim? Soll er seinen geliebten Sohn zur Hirnwäsche oder zur Liquidation ausliefern? Wir würden die schönsten und goldensten Brücken auch für Steinberg senior bauen, Jim, er wäre uns sogar noch dankbar. Wir brauchen immer nur einen, Jim, dann können wir alles holen, was über Liebe irgendwie mit ihm verbunden ist."

 

Downing: "Euer Charme wirft wirklich jeden um, Robert, allmählich begreife ich, wie Du den Cash mit Deinem Laden machst. Aber wieso habt Ihr Steinberg nicht längst umgedreht? Auf mich wirkte er nicht besonders glücklich?"

 

Henderson, ernsthaft nachdenklich wirkend: "Weißt Du, Jim, wir hatten noch keine Ahnung, welche Frau wir dafür am besten nehmen sollen. Du brauchst eben eine Frau, die den Mann wirklich haben will. Aber jede Frau, die wir bisher testeten, wurde sofort lesbisch, als sie Steinberg sah."

 

Downing lachte aus ganzer Seele, er verschluckte sich fast. Henderson hatte gewusst, dass Steinberg auf Downing herumgetrampelt war. Steinberg würde niemals wieder auf Downing herumtrampeln können, selbst dann nicht, wenn sie sich begegnen würden. Die Angst von gestern war dem Lachen von heute gewichen. Downing hatte mit seinen Gefühlen verstanden, dass der scheinbar so starke Steinberg eine Figur des Irrtums, der Lächerlichkeit und der Selbstqual war, Downings spontanes und absolut freies Lachen war der Beweis dafür.

 

Downing, nachdem er sich beruhigt hatte: "Robert, ich bin nicht blöd. Ihr habt Steinberg gemeinsam mit meiner Ehefrau im Visier. Meine Ehefrau liebt mich, Robert."

 

Henderson:: "Wäre es anders, würdest Du sie ja auch lieben. Euer widernatürliches Sexualschema bindet immer nur in eine Richtung, aber in eine Richtung dafür sicher. Im Flieger wirst Du ein Video über das zweistufige Naturschema sehen, das gegenseitige Bindung sicherstellt."

 

Downing: "Willst Du mir nicht sagen, was Ihr mit Dorothy anstellen wollt, Robert? Bei Steinberg kommt es mir nur auf das Ergebnis an, aber wie soll Dorothy sich in Steinberg verlieben?"

 

Henderson: "Indem wir ihr die Wahrheit sagen, Jim, die nackte und nicht ganz schöne Wahrheit. Wir sagen ihr, dass sie und ihre Kinder nur in dieser Weise absolut wetterfest von allen Seiten geschützt seien, dass alles andere tatsächlich mit schrecklichen Risiken behaftet sei. So bewegen wir sie dazu, Steinberg mit etwas Unterstützung sexuell abhängig zu machen. Dann lassen wir Steinberg solange vor ihr weinen, bis ihr das Herz bricht. Was meinst Du, wer Dorothy diese Sachen erklären werde, Jim?"

 

Downing: "Lasse mich nachdenken, Robert. Es wird bestimmt eine Frau sein, für die Du Deine Hand ins Feuer legst und der Du Dein Leben jederzeit blind anvertrauen würdest. Außerdem wird sie einmal in ganz genau der selben Lage wie Dorothy heute gewesen sein, doch heute wird sie rundum spürbar glücklich sein."

 

Henderson: "Es ist mir ein Rätsel, wie Du das alles erraten konntest, Jim. Eine glückliche Frau meines absoluten Vertrauens wird es jedenfalls sein, wenn wir keine mit passender Vorgeschichte haben, dann tut es eine andere mit ebenso beeindruckender Vorgeschichte ebenso gut, Jim."

 

Downing: "Zweifellos macht sie es perfekt, denke ich."

 

Henderson: "Auf die letzte Nachkommastelle würde ich nie schwören, Jim, aber jedenfalls lassen wir keine Leute heran, die die 99% nicht erreichen. Ich bin so ziemlich das trübste Licht in unserem Laden."

 

Downing: "Dann bin ich wirklich mehr als mächtig beeindruckt, Robert. Weshalb beherrscht Ihr die Welt noch nicht?"

 

Henderson:"Jim, ich weiß selbst, dass es sich wie die billigste Ausrede aller Zeiten anhört, wenn ich Dir die Antwort gebe. Aber sie ist 100%-tig wahr, Jim, das sage ich Dir ehrlich als Mann: Wir wollen die Welt nicht beherrschen, es widerstrebt uns innerlich. Wir wollen uns im Grunde überhaupt nicht um die Probleme anderer kümmern, solange es keine Probleme sind, die sie mit uns gemeinsam haben. Herrschen ist anstrengend und aufreibend, warum soll sich das ein Mensch antun? Sich selbst und anderen zugleich das Leben schwer machen? Nachdem Deine Beziehung zu Rita richtig eingestellt sein wird, Jim, was wird Dir dann lieber sein: 2 Wochen Freizeit mit Rita, oder 2 Wochen, in denen Du andere nach Deinem Belieben tanzen lassen und dafür Geld kassieren könntest?"

 

Downing: "Das war für mich immer schon klar, Robert, bisher sah ich nur nicht die Chance, es wirklich zu bekommen. Ich verstehe Dich allmählich sehr gut. Wie wollt Ihr Steinberg bekommen, bevor er womöglich zu weit gegangen ist, Robert?"

 

Henderson: "Wie bekommt man einen Narren, der sich gegenüber Frauen für absolut unwiderstehlich hält, der außerdem noch meint, er müsse mit Frauen renommieren, und der außerdem noch meint, seine Gefühle seien vor jeder Frau absolut sicher? Ich gehe eigentlich davon aus, dass uns solche Sachen möglich sein sollten, Jim. Eine Frau, mit der Steinberg gern prahlen würde, die ihm keine Angst macht, dafür aber gut zu locken weiß. Im Bett sagt sie ihm, dass sie es gern ganz sanft hätte, dreht ihn durch die sanfte Mühle, macht ihm dabei höchstes Lustempfinden vor, und erzählt ihm dann, dass er der beste Lover sei, den sie jemals gehabt habe. Und nicht nur das: Alles an ihm bewundert sie, und soviel wie möglich will sie über ihn wissen. Diese Frau zieht Steinberg aus dem Stand außer Gefecht, weil er nur noch über sie nachdenken wird, Jim, und diese Frau bringt ihn bei erster sicherer Gelegenheit in unsere Hände. Oder siehst Du das anders, Jim?"

 

Downing: "Ich kenne keinen einzigen Menschen, der misstrauischer ist als Steinberg, Robert. Und Steinberg ist durch andere Schulen gegangen als ich, da bin ich mir sicher. Je mehr ich nachdenke, desto mehr fürchte ich Steinbergs Rache an Dorothy und den Kindern."

 

Henderson: "Und ich kenne keinen einzigen Menschen, der eitler ist als Steinberg, Jim. Und ich kenne auch keinen einzigen, der unter stärkerem inneren Druck steht, sich endlich einmal wohltuend zu verlieben, Jim. Sonst wäre er nicht so, wie er ist, Jim. Steinberg ist nur deshalb so misstrauisch, weil er spürt und vielleicht auch weiß, wie verwundbar er in Wahrheit ist, Jim. Und er ist nur deshalb so böse, weil er sich im tiefsten Innern wie ein Verrückter nach Liebe sehnt. Jim, unser Lockvogel pirscht sich völlig unauffällig an Steinberg heran. Bei irgendeiner Gelegenheit. Dann stupst sie ihn scheinbar versehentlich an oder bittet ihn um irgendetwas. Ganz spontan wendet er sich ihr zu, und sofort setzt sie ihm einen Blick in die Augen, der Steinberg innerlich umwirft. Von da an will er kein Misstrauen mehr haben, und unser Lockvogel wird sein bestes geben, ihm diesen Wunsch vorübergehend zu erfüllen. Sie kommt in der Maske der aufblickenden Dienerin, Jim, sie wird ihm das Gefühl seiner Überlegenheit geben, während sie ihn um ihren Finger wickelt."

 

Downing: "Komm, Robert, für wie blöd haltet Ihr Illuminaten? Meinst Du wirklich, Steinberg würde irgendeinen Trick nicht kennen?"

 

Henderson: "Jim, jeder Raucher weiß, dass Rauchen schädlich ist. Wenn es auf der Welt nur nach dem ginge, was die Illuminaten wissen, dann würde ich mich sofort bei den Illuminaten anmelden. Erstens wissen sie nicht alles, zweitens irren sie in vielem, was sie zu wissen meinen. Für unseren Lockvogel sind Fälle wie Steinberg Routine, Jim."

 

Downing: "Robert, du weißt, was ich gern hören will, bitte sage es mir!"

 

Henderson: "Das, was ich dir jetzt sage, sage ich auch Dir nur deshalb, weil es Dir eine berechtigte Angelegenheit Deines Herzens ist, Jim. Hast Du schon einmal von Kelly Davis gehört?"

 

Downing: "Allerdings, ich hörte einmal den Namen fallen, als es ganz offenbar nicht für mich bestimmt war. Das wurde mir sehr deutlich. Weshalb ich den Namen nicht hören sollte, ist mir bis heute nicht klar."

 

Henderson: "Kelly Davis produziert außergewöhnlich grausame und außerordentlich heimtückische Morde an Satanisten, die anschließend niemals wieder auftauchen. Das verfilmt sie mit Ton. Sie zieht wirklich jeden hungrigen Fisch aus jedem Teich, außerdem beherrscht sie mehrere Sprachen und extrem wirksame Kampfsporttechniken. Ihr Gesicht ist absolut unbekannt. Jim, ein Mann, der die Frau auf Fischfang erlebt, und anschließend sieht, was sie letztlich mit dem Mann macht, der wird für mindestens 2 Jahre impotent, landet mit hoher Wahrscheinlichkeit als Dauerpatient in der Psychiatrie. Und das ist kein Scherz, Jim. Wenn die Frau auf einen Mann angesetzt wird, der nach Frauen Ausschau hält, dann ist dieser Mann verloren, Jim. Kelly Davis ist zu Steinbergs höchstem Glück nur darauf angesetzt, ihn ungeschoren und möglichst ungequält in unsere Hände zu liefern. Das heißt, wenn Du es vielleicht lieber anders möchtest, Jim? Sie gehört zwar nicht zu meinem Club, aber sie lässt jeden Satanisten so viel und so oft für alle Sünden der Welt büßen, wie wir es wollen, Jim."

 

Downing: "Nein, Danke, Robert. Mir reicht voll und ganz die Vorstellung, dass Steinberg vor Dorothy weinen wird. Das finde ich ganz OK, mehr muss nicht sein, wenn er dabei anständig wird. Robert, ich fühle mich wirklich nicht gut, wenn ich an Steinberg und Dorothy denke."

 

Henderson: "Jim, wenn meine Frau allein und schutzlos wäre, und Steinberg nichts anderes in seinem Sinn hätte, als sie aufzusuchen und ihr das Schlimmste zu bereiten, dann würde ich mich in dem Moment beruhigt schlafen legen können, in dem Kelly Davis zum Schutz meiner Frau vor Steinberg abgestellt wäre. Das verspreche ich Dir, Jim. Absolute Risikofreiheit gibt es leider nie, aber wir sind niemals weit davon entfernt. Jim, es ist die Wahrheit, dass kein Geheimdienst der Welt eine fähigere Agentin hat als Kelly Davis, sie haben nicht einmal etwas annähernd vergleichbares. Kelly Davis ist für normale Menschen überhaupt nicht vorstellbar, Jim. Steinberg ist in jeder Beziehung ein Zwerg gegen sie. Glaube mir, dass Dorothy vor Steinberg sicher ist!"

 

Downing: "Steinberg ist viel unterwegs, Robert, und kann jederzeit bei Dorothy auftauchen, auch nachts. Was nützt es Dorothy, wenn Kelly Davis noch so gut, aber nicht da ist, Robert?"

 

Henderson: "Ich kann Dir alles kurz erklären, Jim. Aber ich sage es Dir vorher, dass ich Dir Kelly Davis an den Hals schicke, wenn Du irgendwem ein Wort darüber verrätst. Das ist todernst, Jim."

 

Downing: "Ich will Dich nicht verraten, Robert. Ich will, dass Dorothy und die Kinder sicher sind, Robert. Und ich will mir wirklich sicher sein, dass es so ist. Schicke mir sonst wen an den Hals, falls ich Dich verraten sollte, ich werde es nicht tun! Nicht einmal gegenüber Rita! Bitte, gib mir das Gefühl der Sicherheit!"

 

Henderson: "Kelly Davis hat ihn schon, Jim, mein Wort darauf."

 

Downing: "Woher weißt Du das, Robert?"

 

Henderson: "Weil Kelly Davis einen sicheren Termin mit ihm hatte, als ich das letzte Mal von ihr hörte. Sie hatte ihn doppelt geködert, er konnte nicht widerstehen. Er nimmt an, dass sie ihm einen Weg weisen könnte, meinen Laden hochgehen zu lassen, und er würde sie sehr gern bumsen. Zwei sehr triftige Argumente für ihn, Jim. Der Termin findet heute statt, es war vorgesehen, dass sie ihn zunächst nur etwas stärker interessiert und eine lange Leine zu ihm zieht. Vor den jetzigen Hintergründen bin ich mir ganz sicher, dass sie die Sache sofort rund machen wird, denn sie weiß, worum es geht, Jim. Hattest Du angenommen, wir würden das Risikopotential von Steinberg nicht auf unserer Rechnung gehabt haben? Steinberg musste aus dem Verkehr, bevor Dein Verschwinden Wellen schlagen konnte, das war eine Grundvoraussetzung des Ganzen."

 

Downing: "Robert, ich fühle mich wirklich schlecht bei dem Gedanken, ich würde es so gern wissen, dass Dorothy und die Kinder sicher sind."

 

Henderson griff in seine Türablage, holte ein Handy hervor, drückte einen Knopf, sah auf das Display, und sagte: "Sie hat ihn schon, Jim. Er ist ihr ausgeliefert, weiß, dass sie ihn spurlos verschwinden lassen kann, ohne irgendeinen Verdacht zu erregen, und sie hat ihm einen Kurzfilm gezeigt. Er wäre nur aus Angst jetzt schon wahnsinnig oder tot, wenn sie ihm vor dem Film nicht aufrichtig gesagt hätte, dass sie ihm ganz bestimmt kein Haar krümmen werde, falls er unter ihren Augen immer lieb sein würde. Steinberg hat 33 Jahre sehr hart daran gearbeitet, so böse wie möglich zu werden, Jim, und innerhalb von ein paar Minuten hat er nun gelernt, so lieb zu sein, wie überhaupt möglich. Ich hatte ihn immer im Verdacht, tief in sich ein goldenes Herz zu haben, vermutlich hasste er mich einfach deshalb. Jim, lasse mich aus dem Spiel, sage Steinberg nichts, und sprich kurz mit ihm. Kelly Davis erwartet von ihm, dass er Dich ganz lieb um Verzeihung bittet. Solange, bis es sich für Dich lieb genug anhört. Drücke auf den Knopf, und Du hast Steinberg.

 

Downing sagte kurz "Hallo, Mr. Steinberg", und dann eine zeitlang nichts. Man konnte es an Downings Gesicht ablesen, dass der letzte Hass erst der Verachtung, dann dem Mitgefühl wich, und zuletzt sagte er noch, dass er ihm zwar verzeihe, ihm aber höchstpersönlich das Genick brechen würde, sollte er Dorothy oder den Kindern etwas antun. Und er ließ sich von Steinberg bestätigen, dass ihm das klar sei und dass er solches niemals tun werde.

 

Henderson: "Steinberg ist bald gründlich vorgewaschen und vorgebügelt. Das Gröbste wollte man Dorothy nicht überlassen, Jim, Steinberg erschien uns dafür zu ungehobelt. Wir machen uns immer ein paar Gedanken. Dorothy wird ihn nicht zu sehen bekommen, bevor Steinberg es wirklich gelernt hat, lieb zu sein. Das muss erst richtig sitzen. Zufrieden?"

 

Downing: "Ich überlege gerade, wen ich mehr liebe, Rita, oder Dich, Robert. Noch eine Riesenfreude könnte ich fast nicht mehr aushalten, Du bist ein Schatz."

 

Henderson: "Siehst Du, Jim, so einfach kann man von jedem alles haben."

 

Beim Abschied sah Henderson Downing tief in die Augen. "Wenn Du Rita wirklich liebst und auch noch starke Nerven zeigen kannst, dann wird tatsächlich alles gut, das verspreche ich Dir, Jim!

 

Downing: "Robert, wenn ich das nicht ganz genau wüsste, hätte ich gerade nicht lachen können. Ich wusste natürlich, dass man Menschen schnell und wirksam manipulieren kann.

Darum wurde mir schnell klar, dass Du mir keinen Unsinn erzähltest, ich habe es ja an Ritas Reaktionen erlebt. Rita wird mich bald sehen, den Sklaven Jim Downing wird sie niemals wieder zu Gesicht bekommen."

 

Henderson: "Hört sich wirklich gut an, Jim. Das solltest Du ihr unbedingt bei der nächsten Gelegenheit am Telefon sagen, damit sie nicht enttäuscht ist, wenn plötzlich ein Mann anstelle eines Waschlappens erscheint."

 

Downing:" Darauf kannst Du Dich verlassen, Robert!"

 

Henderson: "Dann bin ich davon überzeugt, dass Du es nicht wagen wirst, mich zu enttäuschen, Jim! Ich muss Dir übrigens schnell noch etwas beibringen, Jim."

 

Downing: "Jetzt, so schnell noch, Robert?"

 

Henderson: "Du bist mir sehr sympathisch geworden, und ich Dir. Wir haben gemeinsam ein dickes Ding am Haken, und ich denke, dass wir das selbe wollen. Außerdem gehören wir beide zur Weltmännergemeinschaft. Bereits letzteres bedeutet, dass wir uns nach Lage unserer Triebe verpflichtet fühlen, dem anderen gegen überzogenes Vorgehen von weiblicher Seite stets und immer beizustehen. Wollen wir richtig Freundschaft schließen, Jim?"

 

Downing: "Sehr gern, Robert!"

 

Henderson: "Wir brauchen etwas, was uns wirklich wichtig ist, und worin wir uns fest einig sind. Wir waren beide Sklaven, wollen wir unseren Hass auf Versklavung als gemeinsames Motiv unserer Freundschaft nehmen?"

 

Downing: "Das dürfte uns zusammenschweißen."

 

Henderson erklärte kurz, dann traten sie einander gegenüber, sahen sich tief in die Augen, und beide dachten daran, wie sehr sie Versklavung hassten, beide dachten daran, wie sehr sie gelitten hatten. Das taten sie solange, bis sie sich in die Arme fielen und weinten. Das war das Schema gewesen, nach dem deutsche und französische Soldaten sich letztlich in die Arme gefallen waren und sich fraternisiert hatten, nach endlosem Leid im Grabenkampf. Niemals würden zwei solche Freunde aufeinander schießen können. Henderson hatte sichergestellt, dass Downing ihn auch dann nicht verraten würde, wenn er sich nach der Freilassung nicht Hendersons Leuten anschließen würde. Downing würde es heute nicht tun, würde es morgen nicht tun, und würde es in 100 Jahren nicht tun, wenn beide dann noch lebten. Und selbst wenn Downings gegenseitige Liebe mit Rita absolut perfekt war, so würde er es niemals zulassen, dass sie in seiner Gegenwart Unrechtes über Henderson redete. Solange Henderson nach Downings Gefühlen nichts vorzuwerfen war, würde er Hendersons Wohl und Ehre wie ein Tiger gegen alle Frauen der Welt verteidigen. Auch gegenüber der eigenen Frau, seiner eigenen Mutter und seinen eigenen Töchtern.

Und würde er Henderson blutverschmiert vor seiner Tür finden, dann würde er Rita nicht fragen, ob er ihn auf ein Bett legen dürfte, und würde sich durch ein Nein auch nicht beeindrucken lassen. Und er würde grundsätzlich sogar sein Leben riskieren, sollte Henderson vor seinen Augen (!) in Not geraten. Das alles konnte Downing so genau nicht wissen, wahre Freundschaft war unter Satanisten nicht möglich, dazwischen stand das Satansbündnis. Aber im Grunde sollte ja auch jeder Mann wissen, was wahre Männerfreundschaft wirklich heißt, und so fühlte Henderson sich nicht der Täuschung schuldig. Und, immerhin: Downing war ja auch Hendersons Freund geworden. Daraus ergab sich sofort ein Problem.

 

Henderson: "Jim...."

 

Downing: "Du müsstest mir etwas sagen, Robert."

 

Henderson: "Stimmt, Jim."

 

Downing: "Und Du hast es mir schon gesagt."

 

Henderson: "Das stimmt auch."

 

Downing: "Steinberg war der Hexenmeister von Rita."

 

Henderson: "Weißt Du genau, wann ich es Dir gesagt habe?"

 

Downing: "Du hast es mir mit Deinen Augen gesagt, und Du hast mir mit Deinen Augen gesagt, dass ich es Rita verzeihen solle. Solange, bis ich mich nicht mehr halten konnte."

 

Henderson: "In dem Moment, in dem Du Dich nicht mehr halten konntest, hast Du es mir versprochen, Rita zu verzeihen. Und ich habe Dir dafür mit Liebe gedankt."

 

Downing: "Steinberg ist für mich nur noch ein armes Schwein. Und was Rita bis heute alles gemacht hat, wird mich am Ende nicht mehr interessieren. Es werden einige Hühnchen zu rupfen sein, aber dabei soll sie heil bleiben. Ich liebe sie, Robert, und ich liebe Dich. Du bist mein Freund, der erste richtige Freund in meinem Leben. "

 

Die Urinstinkte ließen sich auch mit satanistischen Mitteln nicht totschlagen, im Moment hoher Emotionalität klappte die wortlose Verständigung zwischen Männern. Henderson hatte ebenso gut in Downings Augen gelesen, wie Downing in seinen.

 

Henderson: "Jim, ich muss es Dir als Herzensfreund auch mit Worten sagen, dass Steinberg der Hexenmeister Ritas war. Dass Steinberg ein Aschloch war, weißt Du selbst, alles andere auch. Hake die Sache mit Steinberg einfach ab, die Sache ist es nicht wert, Euer Glück zu trüben!"

 

Downing: "Besten Dank für den Hinweis und den guten Willen! Robert, ich sehe das ganze Ding genau wie Du!"

 

Henderson: "Gib ihr nicht zuwenig, und gib ihr nicht zuviel, Jim, Du stehst für alle Männer der Welt im Ring! Du musst Dorothy auch noch anrufen, Näheres erfährst Du von Rita, Jim. Und jetzt sieh zu, dass Du in den Flieger kommst!"

 

Man umarmte sich sehr herzlich, aber Henderson vollzog nicht das Ritual des Abschieds, sondern des Lebewohls. Das Abschiedsritual war nur unter Menschen sinnvoll, die grundsätzlich zusammen lebten. Es zwingt den Scheidenden innerlich zurückzukommen, den bleibenden Teil aber, innerlich auf den Scheidenden zu warten. Das konnte im Falle Downings so sinnvoll nicht sein, weshalb Henderson auch lieber verzichtete. Als Downing im Flieger saß, war der Fall für Henderson schon fast erledigt.

 

Downing flog seinem Glück entgegen, doch Henderson würde Downing niemals wieder sehen. Er fuhr zurück zur Firma und rief Mrs. Langton an, dass alles geklappt habe, dass er, Henderson, sich aber gewundert habe, dass Downing nichts über sein Ziel habe sagen wollen. Aufmerksam zuhörend ließ er Mrs. Langton dann erklären, dass Mr. Downing sich bereits gemeldet habe und dass sie alles in seinem Sinne habe veranlassen können. Und natürlich bedankte sie sich sehr herzlich bei Henderson. Henderson sagte darauf, für ihn sei es der schönste Dank, dass er habe helfen können. Das war so ehrlich gemeint, dass weder Gott noch Teufel eine Lüge darin gefunden hätten, und so zweifelte auch Mrs. Langton nicht an der Wahrheit dieser Worte.

Zu dem Zeitpunkt hatte der Jet mit Downing das Hoheitsgebiet Kanadas bereits verlassen, und Henderson machte weiter, als ob nichts gewesen wäre. Henderson wusste nicht, wohin Downing überhaupt flog, außer natürlich, dass Downing seinem Lebensglück entgegen flog.

 

Es war ihm egal, ob man Downing in Afrika, Toronto oder auf dem Mond glücklich machte. Es war auch nicht sein Problem, dass sein formal Vorgesetzter einfach abgehauen war. Und ob in Europa eine gefesselte Rita Jenkins mehr oder weniger in den Betten lag, war ihm auch egal, solange er nichts für sie tun konnte. Und Downing war ihm solange egal, wie er ihn nicht sah, ihn nicht hörte und nicht an ihn dachte. Und damit war Downing ihm letztlich auch egal, weil er gar nicht an Downing denken wollte, solange er nichts von ihm hörte. Wie andere Menschen einen Einkaufsbummel innerlich ad acta legten, so legte Robert Henderson es innerlich ad acta, wenn er an der Umdrehung von Menschen mitgewirkt hatte.

 

Doch das war immer noch nicht alles, was die Besonderheit des Robert Henderson ausmachte. Oder besser, der Hendersons, denn die beiden wirkten als Team. Als Satanisten hatten beide nicht nur Schreckliches, sondern sehr Schreckliches getan. Nach menschlichem Empfinden das Schlimmste, was ein Mensch überhaupt tun kann. Dabei hatten sie innere Grenzen überschritten, die niemals wieder neu aufgerichtet werden können. Solange sie von diesen ursprünglichen inneren Grenzen weit genug weg blieben, war das völlig egal. Ob der ausbalancierte Robert Henderson Grenzen überschritten hatte oder nicht, spielte für sein Denken und Handeln überhaupt keine Rolle. Würde er den ursprünglichen inneren Grenzen aber nahe kommen, so konnte er ungehindert durchmarschieren. Wo andere ein klares innerliches "Halt! Stopp! Höre auf!" -Signal bekamen, kam bei ihm nichts. Ab dem Punkte konnte er das Schrecklichste tun, wie andere sich ein Brot schmierten, und das galt auch für seine Frau.

 

Damit konnten beide sich grundsätzlich umschalten, das heißt, einer zwang den anderen über Gefühlsdruck Richtung alter innerer Grenzen, während der andere sich treiben ließ, oder beide trieben sich selbst und den anderen über jeweils ein und denselben Mechanismus. Alle Verfahren bedeuteten für beide einen Gang durch die absolute Hölle der Gefühle, brachten aber das sichere Ergebnis, dass der Getriebene in die Lage versetzt wurde, absolut gewissenlos zu handeln. Sein Mitgefühl für Satanisten wurde auf absolut null gesetzt. In der Beziehung konnte schlagartig starkes Ungleichgewicht herrschen, die ganze Sache war im Grunde ein einziges Pulverfass. Nur unter kompetenter Supervision war es am Anfang etwas anderes als der absolut nackte Wahnsinn gewesen, man spielte Gott und Teufel zugleich auf. Manche Satanisten schwuren, dass Menschen, die solches beherrschten, sowohl von Gott als auch vom Teufel abgelehnt würden, dass ihre Seelen niemals zum Tode fänden. Ob es wirklich so war, wusste Robert Henderson nicht absolut sicher, hielt es aber nicht für besonders wahrscheinlich. Der menschliche Geist war einfach ein Schaltkreis für ihn.

 

Solche Menschen wie die Hendersons boten Antisatanisten neue Möglichkeiten, wenn man im Grundsatz bereit war, Grausamkeiten in bestimmten Fällen als notwendiges Übel zu betrachten. Die Protagonisten solcher Ideen redeten dann von übergesetzlichem Notstand des allgemeinen Wohles, die entschiedenen Gegner meinten, das System würde sich selbst zum Satanismus wandeln, wenn man mit solchen Dingen erst einmal beginne. Alles, was zwischen den beiden Extrempolen lag, war der Ansicht, dass beide Ansichten nicht von der Hand zu weisen waren. Die Sache schien nicht koscher, schien aber auch nicht ganz verzichtbar zu sein. Je mehr der Satanismus zu spüren wurde, desto größer wurde die Neigung, den Mitteleinsatz stärker unter Effizienzaspekten zu betrachten.

 

Robert Henderson und Patricia Henderson waren zu den weltweit größten Kapazitäten auf dem Gebiet umschaltbarer Handlungsprofile geworden, und waren zugleich ihre eigenen Vorführkreationen.

 

Robert Henderson war Charles S. Eaglestone, der absolut grausamste Hexenjäger, der überhaupt möglich war. Patricia Henderson war Kelly Davis. Für sie war es überhaupt kein Problem gewesen, an Steinberg heranzukommen. Sie hatte dezente Vorarbeit geleistet, sich gegenüber Steinberg immer schwach gezeigt. Wenn Menschen wie Steinberg irgendwo Schwäche sehen, dann wollen sie immer feststellen, wie weit sie den Schwachen an die Wand drücken können. In dem Eifer lassen sie alle Flanken offen, solange sie auf der anderen Seite nur Angst und Schwäche spüren. Patricia Henderson war sofort über die Sekretärin durchgestellt worden, als sie Steinberg hatte sprechen wollen. Dann hatte sie Steinberg erzählt, dass sie sich große Sorgen um die Arbeit ihres Mannes mache, sie wisse, dass er, Steinberg, nicht viel von ihrem Manne halte. Lange habe sie überlegt, ob sie sich selbst an Steinberg wende solle, doch sie sei sich nicht sicher gewesen, ob es richtig sei.

 

Steinbergs Bereitschaft, zum Schein auf die sich besorgt äußernde Frau einzugehen, war sofort auf 100%. Die von ihm vorgespiegelte Verständnisbereitschaft war so groß, dass Patricia Henderson es wagen konnte, um absolute Diskretion gegenüber ihrem eigenen Mann zu bitten. Von Herzen gern war Steinberg bereit, dies zuzusichern. Und Patricia Henderson bat um Diskretion auch gegenüber allen anderen, damit ihr Mann auf keinen Fall etwas erfahre. Sie habe den Eindruck, so Patricia Henderson, dass es im Grunde nur auf ihn, Steinberg, ankomme, denn nur vor ihm habe ihr Mann Angst. Patricia Henderson gab jeden Schuss so ab, dass Steinberg vor Glück fast besoffen wurde und Patricia Henderson immer zutraulicher, naiver und besorgter in seinen Ohren klang. Es war für sie letztlich kein Problem, ihn in ihre eigene Wohnung zu laden, nachdem sie ihm versichert hatte, dass sie in den nächsten 6 Stunden garantiert allein sei.

Natürlich sollte er darauf achten, von niemandem gesehen zu werden, sonst könne ihr Mann es womöglich erfahren. Sie ließ Steinberg selbst auf die Idee kommen, er würde am besten mit dem Taxi kommen, bot dann an, sie würde ihn in dem Falle unauffällig mit dem eigenen Wagen zurückfahren. Steinberg kam mit dem Taxi, und betrat das Haus. Als sie ihm das Jackett abnahm, machte sie ihn durch einen Griff kampfunfähig, 10 Minuten später war er gefesselt. Er war sofort paralysiert und blieb es auch zunächst, denn Patricia Henderson hatte ihn permanent unter starkem Schmerzdruck gehalten. Erst, als er gefesselt war, entließ sie ihn dem Schmerzdruck. Sofort sprach sie zu ihm.

 

Mrs. Henderson: "Mr. Steinberg, Sie werden Kelly Davis kennen?"

 

Steinberg stand die größtmögliche Angst ins Gesicht geschrieben, er konnte nicht sprechen.

 

Mrs. Henderson: "Mr. Steinberg, nehmen Sie bitte sofort zur Kenntnis, dass wir Sie Kelly Davis überlassen werden, wenn Sie nicht wirklich absolutes Wohlverhalten mir gegenüber zeigen. Sie sind in einem Programm, zu dem Kelly Davis die einzige Alternative für Sie ist. Ein Fehlschritt, Mr. Steinberg, und es ist unwiderruflich zu spät für Sie. Zeigen Sie perfektes Wohlverhalten, dann werden wir Sie unversehrt und tatsächlich glücklich freilassen, wir werden nichts an Ihnen reduzieren, Mr. Steinberg, sondern Sie nur auf das natürliche Sozialschema umstellen. Das versichere ich Ihnen als Patricia Henderson. Solange Sie absolutes Wohlverhalten zeigen, werde ich Ihr Wohl im Auge haben, als seien Sie mein Herzensbruder, solange, bis Sie freigelassen sind, Mr. Steinberg. Dann wird die Entscheidung bei Ihnen liegen, ob Sie mein Herzensbruder sein wollen. Selbstverständlich kennen wir Ihre Umstände und selbstverständlich können Sie sich nach der Umdrehung sicher fühlen. Vor uns zittern die Illuminaten, wie Sie wissen, Mr. Steinberg. Zudem haben wir die Möglichkeit, Ihren Namen aus den Todeslisten der maßgeblichen Jägerorganisationen löschen zu lassen.

Fürchten Sie sich nicht, wenn Sie vernünftig sind! Dann werden wir mit Ihnen gemeinsam alles in Ihrem Sinne lösen. Mr. Steinberg, die Grundlagen der Umprogrammierung kennen Sie. Sie treffen gleich die Entscheidung, ob Ihnen Kelly Davis oder unser Programm lieber ist, Mr. Steinberg. Zuerst sehen Sie sich einen Film an, und zwar mit aller Aufmerksamkeit, solange, wie ich es will, Mr. Steinberg. Ich werde mir Ihr Gesicht dabei ganz genau ansehen, und hüten Sie sich vor dem Irrtum, Sie könnten mir etwas vormachen - es wäre Ihr letzter Irrtum, Mr. Steinberg. Damit Sie während des Filmes nicht verrückt werden, muss ich Ihnen zuvor etwas mitteilen. Sie werden einen Originalfilm von Kelly Davis sehen. Solche Filme kennen die Illuminaten in Vancouver, doch niemals wird das Gesicht von Kelly Davis dabei gezeigt.

Sie sollen wissen, dass Kelly Davis eine im Grunde sehr liebevolle Frau ist, die in ihrem Vorleben als Satanistin allerdings alle Schranken restlos überwunden hatte. Kelly Davis kann sich selbst innerlich auf absolute Gnadenlosigkeit und Grausamkeit gegenüber Satanisten umstellen. Allerdings vermag sie es nicht, sich allein zurückzuholen. Unter bestimmten Bedingungen wird Kelly Davis automatisch auf Satanistenhass umgestellt. Nämlich dann, wenn ein ihr ausgelieferter Satanist trotz deutlicher Warnung nicht vollständig lieb sein will.

Jetzt sind Sie deutlich gewarnt, Mr. Steinberg, fürchten Sie Kelly Davis nicht, solange Sie wirklich lieb sein wollen. Ich werde Sie während des Filmes unterstützen, sonst würden Sie es nicht überstehen können, Mr. Steinberg. Solange, wie Patricia Henderson bei Ihnen ist, sind Sie absolut sicher vor Kelly Davis, Mr. Steinberg.

Ich werde mir Ihr Gesicht ansehen, und solange ich meine, dass Sie wirklich Ihr Bestes geben wollen, werde ich Ihre Hände mit meinen Händen halten, und Sie das Maß meines Mitgefühls für Sie spüren lassen, Mr. Steinberg. Je fester ich Ihre Hände drücke, desto sicherer sind Sie vor Kelly Davis. Lasse ich Ihre Hände aber los, weil ich mangelnden Willen in Ihnen spüre, dann steht Ihnen sofort Kelly Davis gegenüber, Mr. Steinberg. Wenn ich sehe und spüre, dass Sie alles gegeben haben, dann schalte ich den Film per Fuß ab, und werde Sie soweit mit Wohlgefühl belohnen, wie es einer Schwester gegenüber dem Bruder möglich ist. Dann haben Sie sich bereits Dankbarkeit erworben, und dann wird Ihnen nicht mehr der Foltertod drohen. Mr. Steinberg, wünschen Sie den Film nun zu sehen, oder soll Kelly Davis einen neuen drehen?"

Steinberg konnte kaum noch stammeln: "Mrs. Henderson, ich flehe Sie an, ich will den Film sehen und alles tun, was Sie wollen! Bitte, bitte, bleiben Sie bei mir als Mrs. Henderson, werden Sie bitte nicht zu Kelly Davis!"

Steinberg erhielt Kopfhörer und sah auf einen großen Flachbildschirm, der Rest des Raumes wurde mit Einschaltung des Filmes dunkel. Aus dem Dunkel beobachtete Patricia Henderson, wie Steinberg sich den Film ansah. Sie konnte über den Druck ihrer Hände steuern, wenn sie meinte, Steinberg gäbe sich zuwenig Mühe. Ließ der Druck ihrer Hände auf seine auch nur minimal nach, dann holte er absolut sofort absolut alles aus sich heraus. Natürlich musste es Steinberg immer schwerer fallen, und je mehr er auf sich nahm, desto fester drückte sie seine Hände, desto mehr Sicherheit ließ sie ihn spüren.

Der Film lief im Endlosformat, er enthielt nur 4 Szenen. Es wurde abgewechselt zwischen der Perspektive eines männlichen Folteropfers und der der Täterin. Erschien das Gesicht der Täterin, so blieben Bild und Ton bei einer bestimmten Einstellung kurz stehen, so dass ihr Gesicht genau betrachtet werden konnte. Es war das Gesicht von Patricia Henderson, doch es waren nicht ihre lebendigen und einfühlsamen Augen. Die Person, die soeben schrecklichstes tat, war völlig unbeeindruckt von den Schreien und dem Flehen des Opfers, hatte Augen wie aus Glas. Es fand sich keine Spur von Menschlichkeit darin, auch nicht in ihrer Stimme, als sie nach dem Bildstopp zu dem erbarmungswürdig flehenden Opfer einfach sagte: "Du bist nicht lieb gewesen." Das sagte sie, wie andere auf der Strasse sagen würden: "Es ist 12.30 Uhr."

 

Patricia Henderson sah, wie viel Sicherheit sie Steinberg spüren lassen musste, es lief über ihr Mitgefühl. Nur dieses Mitgefühl war der Unterschied zwischen Patricia Henderson und Davis. Hätte Steinberg in der sonst gleichen Lage nicht das Mitgefühl Hendersons gespürt, dann wäre er in wenigen Sekunden irre geworden oder gestorben, er hätte unter der höchsten Angst gestanden, die ein Mensch überhaupt haben konnte, ohne unmittelbar selbst gefoltert zu werden. Damit erreichte Patricia Henderson in sehr kurzer Zeit dreierlei: Erstens identifizierte sich der zuvor passionierte Folterer Steinberg erstmals emotional mit der Opferrolle, und zwar bis zum Anschlag. Damit war er insofern kuriert, solange die Satanisten ihn nicht wieder anders umdrehten. Zweitens saß ihm eine absolut panische Angst davor in den Knochen, dass er aus Sicht der Patricia Henderson nicht lieb sein könnte - er würde aus furchtbarer Angst absolut lieb sein wollen. Drittens hatte Steinberg herzliche Dankbarkeit und Zuneigung ihr gegenüber aufgebaut, denn sie hatte ihm herzlichen und für ihn lebensnotwendigen Beistand in fürchterlicher Lage gewährt und bot ihm absolute Rettung an. Er war der Patricia Henderson tatsächlich schon so sehr dankbar, dass es ihm auch wahre Freude bereitete, ihr diesen Dank durch liebes Verhalten zu zeigen. Steinbergs Sexualtrieb war unter Angst völlig ausgeschaltet, alle anderen Triebe Steinbergs wollten nur noch eines: Lieb sein zu Patricia Henderson, solange Patricia Henderson dafür lieb zu ihm war.

 

Und immer wieder wurde ihm vor Augen gehalten, wozu es ihn führen konnte, wenn er nicht lieb sein würde. Steinberg war ein harter Brocken, er schaffte es tatsächlich, 27 Sekunden zu überstehen, bevor er dann vollständig zusammenbrach. Er hatte sein bestes gegeben. Patricia Henderson schaltete den Film mit dem Fuß ab, zugleich ging das Licht im Raume an. Erst dann entließ sie seine Hände aus ihren. Hätte sie seine Hände vor dem Abschalten des Filmes losgelassen, so hätte das seinen sofortigen Angsttod bedeuten können, so aber fühlte er sich sicher genug vor dem Schrecken.

Kein Mensch auf der ganzen Welt konnte schlimmer weinen, als Steinberg es tat, und nachdem sie ihm die Kopfhörer abgenommen hatte, griff sie sofort wieder fest nach seinen Händen und sprach ihm gut zu. Sie lobte ihn für sein Wohlverhalten, er sei wirklich sehr lieb gewesen, das wisse sie sehr zu schätzen.

Sie tröstete Steinberg wie eine große Schwester den Bruder, sandte aber kein einziges sexuelles Signal an Steinberg. Sie erklärte ihm, dass und warum alles in seinem Sinne sei, erzählte ihm kurz, dass er bald ebenso lebensfroh sein werde, wie Robert Henderson es war. Sie sprach mit Steinberg absolut offen und ehrlich über alles, soweit es ihr in seinem Sinne nötig schien. Sie erzählte ihm, wie sie mit Robert umging, wie er mit ihr umging. Und natürlich erzählte sie auch kurz, dass Robert und sie selbst auch umgedreht worden waren, und wie man sich nun fühle. Nachdem der Teufel aus Steinberg heraus war, bekam Steinberg einen grundsätzlichen Überblick zum besseren Lageverständnis serviert. Patricia Henderson setzte nicht nur auf Gefühlsmanipulation, sondern parallel auf argumentative Überzeugung des Bewusstseins.

 

Mrs. Henderson: "Mr. Steinberg, bevor wir in den Erholungsraum gehen, darf ich Ihnen sagen, dass Ihnen nicht mehr die Todesfolter als Strafe droht. Kelly Davis hat mehrere Programme, dazu gehört auch die unbarmherzigste Form der dauerhaften sexuellen Versklavung von Männern. Das macht sie so gründlich, Mr. Steinberg, dass eine Domina sich beim Auspeitschen eher beide Arme auskugelte, als die Abhängigkeit von Kelly Davis aus einem ihrer Sklaven auszutreiben. Kelly Davis hat sehr, sehr wenig Zeit für ihre Sklaven, und wenn sie ihnen gegenüber tritt, hat sie keinerlei Mitgefühl für sie. Mr. Steinberg, ich bitte Sie von ganzem Herzen, uns beiden diese unsägliche Lösung zu ersparen. Ich habe nicht die Wahl, ich müsste es zwingend tun, wenn Sie nicht weiterhin lieb sein sollten! Die Androhung dieser Strafe werde ich Ihnen gegenüber niemals aufheben, Mr. Steinberg. Und ich werde diese Strafe an Ihnen vollziehen, wenn es nötig werden sollte. Obwohl es mir selbst alles andere als gefallen würde, doch das würde ich Ihnen dann zu spüren geben. Ich will nicht Kelly Davis sein, Mr. Steinberg, weder für Sie noch für jemand anderen, aber ich bin es, sobald ich es sein muss. Haben Sie das sicher richtig verstanden, Mr. Steinberg, oder wollen Sie noch eine Frage dazu stellen?"

 

Steinberg, wieder weinend: "Mrs. Henderson, bitte machen Sie mir keine Angst mehr... ich will doch ganz lieb sein, .......für immer....... das spüren Sie doch..."

Mrs. Henderson, sehr sanft:"Ich will sehr gern auch ganz lieb zu Ihnen sein, spüren Sie das nicht, Mr. Steinberg?" Dabei nahm sie seine Hände wieder ganz fest in ihre und drückte sie. "Solange Sie wirklich lieb bleiben, Mr. Steinberg, wird Ihnen abgesehen von der Fesselung nichts mehr zugemutet werden. Solange Sie lieb sind, bin ich Ihr Schutzengel, dem es nur um Ihr Wohl geht, Mr. Steinberg. Ich bringe Ihnen bei, wie man fühlt und miteinander umgeht, und es wird Ihnen sehr gut gefallen. Sie selbst werden erkennen, dass es für Sie das Beste ist, Mr. Steinberg, denn intelligent sind Sie ja. Wenn Sie selbst sich ganz sicher sind, dass Sie bestimmt lieb bleiben, dann können Sie jede Angst vor Kelly Davis sofort aufgeben, Mr.Steinberg. Dann bleibt Kelly Davis für Sie eine Gefahr, der Sie niemals nahe kommen können, wie ein Krieg, von dem Sie weit genug entfernt sind. Seien Sie unter meinen Augen einfach immer lieb, Mr. Steinberg, nur dann kann ich Ihnen Ihre ganze Angst vor Kelly Davis nehmen, Mr. Steinberg.

Mr. Steinberg, wir werden nun in einen Raum umziehen, in dem wir uns wohler fühlen werden, dort können wir auch etwas trinken, ich werde selbstverständlich vor Ihren Augen nach Ihrem Belieben servieren und das selbe trinken wie Sie, Sie sollen sich nicht unnötig fürchten."

 

Der Raum war von Tageslichtlampen erhellt, es gab nur freundliche Pastellfarben. Er bot insgesamt das Erscheinungsbild einer Oase der Ruhe, und war mit vielen großen Pflanzen versehen, die ein herrliches Grün gaben. Bequem machen konnte man es sich auf Heubetten.

Mrs. Henderson: "Mr. Steinberg, diesen Raum haben wir zur Sinnesschärfung und Entspannung gestaltet. Hier stehen uns 150 Duftsubstanzen mit psychoaktiver Wirkung zur Verfügung, wobei es sich im gesetzlichen Sinne nicht um Drogen handelt. Es sind Substanzen, mit denen man überall auf der Welt beliebig handeln darf, es sind ungiftige Pflanzenöle und Trockensubstanzen. Sollten Sie Angst haben, vergiftet zu werden, dann rieche ich vor Ihren Augen an allen Flaschen zur Probe, Mr. Steinberg?"

 

Steinberg: "Sie könnten es jederzeit ganz einfach haben, wenn Sie mich vergiften wollten, Mrs. Henderson. Mir bleibt nichts anderes, als Ihnen zu vertrauen, nur darauf kann ich bauen, Mrs. Henderson. Und, so verrückt es sich vielleicht auch anhören mag, aber ich glaube Ihnen jedes Wort. Bitte, enttäuschen Sie mich nicht, Mrs. Henderson!"

 

Mrs. Henderson: "Mr. Steinberg, ich werde es nicht wagen, Sie zu enttäuschen, solange Sie mich nicht enttäuschen! Darauf können Sie sich genauso verlassen, wie Robert sich auf meine Liebe zu ihm verlassen kann, versuchen Sie einmal, das zu verstehen, Mr. Steinberg! Aus Ihrer jetzigen Lage heraus müsste Ihnen das möglich sein!"

 

Mrs. Henderson schloss Vergiftung vor Steinbergs Augen deutlich aus, obwohl sie wusste, dass Steinberg sich tatsächlich sagte, dass sie ihn nicht vergiften würde. Schematisch übernahm sie ihm gegenüber die Rolle der ältesten Schwester im Falle des Todes der Mutter, indem sie ihm das Riechen und das Schmecken sinnlich beibrachte. Vor seinen Augen roch sie an einer Substanz, dann erst roch er. Sie machte ihm vor, wie man genüsslich riecht, wenn es gut roch, und er musste sagen, was er soeben gerochen hatte und wie gut ihm der Geruch gefiel. Gefiel ihm ein Geruch sehr gut oder schlecht, so bat Mrs. Henderson ihn, das notieren zu dürfen, später würde sie ihm alles erklären, doch zunächst nur das aus seiner Sicht Wichtigste. Steinberg erkannte nichts Bedenkliches, und war damit einverstanden. Die Notizen gab Mrs. Henderson in einen Computer ein, dann sagte sie: "Wir beiden erleben gleich eine Premiere, Mr. Steinberg. Dieser Raum wird künstlich belüftet, und es erfolgt eine Umstellung der Raumatmosphäre auf ein nach Ihren Gefühlen nahezu optimales Raumklima. Sie werden es spüren, Mr. Steinberg." Das Geruchstraining hatte Steinberg stark beruhigt und vorübergehend von allem abgehalten.

 

Mrs. Henderson: "Ich will nun gemeinsam mit Ihnen etwas hören, selbstverständlich nichts Schlimmes, Mr. Steinberg. Ich habe es selbst noch nicht gehört, lassen Sie uns bitte gut zuhören." Als Mrs. Henderson eine Speicherkarte in den PC steckte und ein Programm startete, war die Stimme von Robert Henderson zu hören.

 

Robert Henderson: "Hallo, Mr. Steinberg, hier Robert Henderson. Ich weiß, in welcher Lage Sie jetzt sind, mir ging es einmal sehr ähnlich. Sie brauchen sich weder zu schämen noch zu fürchten, wenn Sie vernünftig sind. Sie werden sehr bald erkennen, dass Sie heute das Glückslos Ihres Lebens gezogen haben, das verspreche ich Ihnen als Mann. Und, falls es Sie interessieren sollte, Mr. Steinberg: Wäre ich unter den Augen meiner Frau nicht wirklich lieb, dann würde sie sogar mir gegenüber zu Kelly Davis werden. Und, glauben Sie es mir ehrlich, mit mir würde Kelly Davis dann noch schlimmer umgehen, als Sie es Ihnen im Falle eines Falles antäte. In jeder einzelnen Frau steckt der absolute Teufel, Mr. Steinberg, aber auch ein absoluter Engel. Zwischen diesen beiden Punkten bewegen wir Männer die Frauen hin und her, Mr. Steinberg. Ich drücke Patricia wirklich mit allen Tricks und Möglichkeiten ganz einfach zum absoluten Engel hin, das ist das einzige, was mich wirklich interessiert, Mr. Steinberg. Auf der Grundlage lässt sich der ganze Rest des Lebens dann arrangieren, dann habe ich einen Engel, der nichts anderes mehr will, als mich glücklich zu machen.

Für mich sind Frauen gar kein Problem, Mr. Steinberg, und für Sie brauchen sie es auch nicht zu sein. Wenn Sie immer lieb unter den Augen von Patricia sind, dann liegt Patricias Herz in Ihrer Hand, Mr. Steinberg. Ihre bisherige Strategie im Umgang mit Frauen war einfach falsch. Wenn ein Mann eine Frau zu 100% ausbeuten will, dann muss er ihr Herz ganz gewinnen, denn nur dann kann sie gar nicht anders, als alles für ihn zu tun. Sie stecken Patricia in Ihre Tasche, Mr. Steinberg, indem Sie von Herzen gern lieb zu ihr sind, indem Sie ihr zeigen, dass Sie sie aufrichtig mögen. Ich werde Ihnen die Frauen bei anderer Gelegenheit noch gründlicher erklären, jetzt hört Patricia gerade mit, wie wir beide wissen. Bevor ich noch kurz mit Patricia rede, achten Sie bitte auf die Gefühlskonstellationen meiner Frau, verabschiede ich mich schon von Ihnen, Mr. Steinberg. Alles Gute und bis bald, Mr. Steinberg!. Patricia, ich weiß, dass Du alles fabelhaft machst, Du bist eine wahre Göttin für mich." Das war absolut ehrlich gemeint, das hörte man nicht nur, sondern man sah es auch der Patricia Henderson sofort an. Sie war erkennbar ergriffen und wohligst gestreichelt, obwohl es ihr andererseits nicht recht schien, nun als Demonstrationsobjekt zu dienen. "Liebe Patricia, obwohl Du so fantastisch bist, und obwohl ich in jeder Beziehung ein Zwerg gegen Dich bin, und obwohl ich Dich wie wahnsinnig liebe, Patricia, Du kannst es nicht verhindern, dass ich mir von Dir alles hole, was ich mir von Dir holen will! Und das stelle ich vor allen Deinen Freundinnen klar, und Du weißt dann nicht mehr, was Du sagen sollst! Du wirst von mir beherrscht, Patricia, Du bist das subtilste Produkt männlicher Herrschaft über die Frau! Und Deine ganzen Herzensfreundinnen habe ich ganz genauso im Griff wie Dich, Patricia. Über die absolut gleiche simple Masche. Und das sage ich Euch allen genüsslich ins Gesicht, und dann seid Ihr allesamt geschlagen. In der einfachsten, durchsichtigsten und primitivsten Weise, Mr. Steinberg, stecke ich diese Frauenrunde in meine Tasche. Und Sie können es sich jetzt vielleicht vorstellen, was für Frauen das sind. Jede einzelne von ihnen könnte einen Weltkrieg auslösen, Mr. Steinberg. Und alle gehören sie mir, und müssen sich das anhören, ohne etwas dagegen sagen zu können. Allmählich wären sie alle froh, wenn sie mir wenigstens einmal Paroli bieten könnten. Verzweifelt warten sie auf eine Chance, die ich ihnen niemals geben werde, Mr. Steinberg. Denn keiner einzigen von ihnen würde ich je Unrecht tun, und sehe ich eine besorgt oder bedrückt, dann bin ich bei ihr. Wie ich Patricia kenne, wird sie gleich abschalten. Denn jetzt will ich erzählen, wie ich Patricia ganz heiß darauf mache, mir einen wunderschönen Abend zu bereiten. Selbstverständlich zwinge ich Patricia dazu, Mr. Steinberg, sie hat keinerlei Wahlmöglichkeit. Patricia tut gar nichts, wozu ich sie nicht in irgendeiner Form zwinge, alles andere habe ich ihr gründlich abgewöhnt."

 

Mrs. Henderson hatte genug, sie schaltete ab. Irgendetwas kochte sehr entschlossen in ihr, aber etwas Böses war es nicht. Sie sagte entschlossen zu sich selbst: "Dieser ausgekochte Schuft. Der soll mir erst mal wiederkommen!" Der wunderschöne Abend des Robert Henderson war gesichert, wie Steinberg bei der Betrachtung der Mrs. Henderson bewusst wurde. Ihre Urinstinkte wollten Robert offenbar zeigen, dass sie ihn auch ganz beherrschte. Weil Robert ihr ganz gezielt kein Unrecht tat, blieb ihr nichts anderes, als ihm das mit Lust und Liebe zu beweisen. Anders hätte sie es vor diesem Hintergrund überhaupt nicht gekonnt, solange sie ihn liebte. Robert Henderson hatte seine Frau objektiv gezwungen, bei der nächsten Gelegenheit ihm gegenüber das Sexualschema zu eröffnen, ihn zunächst zu verführen.....

 

Mrs. Henderson: "Mr. Steinberg, wie Sie sehen, ist mein Mann Robert bereit, Ihnen Dinge zu erklären, die Sie so bisher gar nicht gesehen haben können. Und tatsächlich würde ich auch für ihn zu Kelly Davis, wenn er nicht lieb wäre. Der Schuft macht es mir völlig unmöglich, mich auch nur ein einziges Mal wirklich über ihn zu ärgern, und damit prahlt er tatsächlich vor allen meinen Freundinnen. Und keiner von ihnen gibt er eine Chance, sich gegen ihn zu wenden. Er hat uns alle gemeinsam in seiner Hand, indem er uns viel Wohlgefühl gibt, unsere Gefühle aber niemals in irgendeiner Form verletzt. Das ist der Beweis von Liebe, Mr. Steinberg. Als Robert sich beim Grillen die Hand verbrannte, Sie wissen ja, wie Männer sind, verzerrten meine Freundinnen und ich die Gesichter und schrieen "Aua", Mr. Steinberg. Dabei will er uns ständig einreden, dass uns Frauen ein Gen in der Kette fehle. Damit kann er uns bis zur Weißglut treiben, ohne dass wir ihm deshalb böse sein könnten.

Sowohl ich als seine Ehefrau als auch meine Herzensfreundinnen, die seine Herzensschwestern sind, haben nur eine einzige Chance der Selbstbehauptung gegen ihn, Mr. Steinberg. Wir müssen diesen Schuft mit allen Mitteln glücklich machen, sonst fühlen wir uns wie geprügelt, sonst ertragen wir das eigene Spiegelbild nicht mehr! Indem wir ihn aber glücklich machen, bekommen wir ihn in unsere Hand, ganz genau so, wie er uns in seiner hat. Und natürlich sehen wir es nicht ein, uns ausgerechnet von Männern einreden zu lassen, dass wir Frauen nur zweite Wahl seien, obwohl wir den Männern sogar um einiges voraus sind. Solche Wahrheiten hört Robert nicht gern, kann uns aber deshalb nicht böse sein. Damit bringen wir ihn zur Weißglut, jederzeit, wenn wir es wollen. Und wer hier wirklich die subtile Herrschaft über den anderen ausübt, der Mann, oder die Frau, darüber gibt es Streit nur zum Scheine, denn in Wahrheit herrschen beide exakt gleich. Was meinen Sie, wie ich reagieren würde, wenn Robert herzlos über mich bestimmen wollte? Wir zwingen uns gegenseitig auf die Linie, die uns beiden am besten gefällt, denn wenn ich nachher mit Robert abgerechnet haben werde, dann rechnet er sofort mit mir ab, und darauf freue ich mich, Mr. Steinberg. Und wenn ich sage: `Robert, komm´ zu mir!´, dann ist er instinktiv gezwungen, und er weiß das auch, und dennoch kommt er sehr gern. Und alles, was ich wünsche, tut er sehr gern für mich. Und das alles hören sich auch seine Herzensfreunde an, von mir, Mr. Steinberg. Wir Frauen liegen im ewigen Kampf mit Euch Männern, für beide das Beste ist es, nur zum Scheine zu kämpfen. Haben Sie das System verstanden, Mr. Steinberg? Das ganze System funktioniert automatisch zur absoluten Zufriedenheit aller, wenn die natürlichen Rituale zum Aufbau und zur Pflege der Sozialbeziehungen gelebt werden! Das kann in seinem eigenen Kreise jeder haben, Mr. Steinberg!"

 

Steinberg: "Man arrangiert sich, indem man sich gegenseitig alles gibt, was der andere für sein Wohl braucht, und man kämpft nur zum Schein gegeneinander, das aber offenbar mit Begeisterung und auf gemeinsame Ziele hin gerichtet. Und das alles funktioniert automatisch, wenn man sich über Rituale entsprechend einstellt."

 

Mr. Henderson: "So ist es, Mr. Steinberg. Und dabei kommen wir alle zu unserem höchsten Wohl, Mr. Steinberg. Robert liebt und begehrt mich mehr , als ein Sklave seine Domina liebt und begehrt, doch ich liebe und begehre ihn ebenso, wie er mich, ganz genau so, Mr. Steinberg. Können Sie sich vorstellen, was eine solche Konstellation für die Gefühle eines Mannes wie einer Frau bedeuten kann, Mr. Steinberg? Absolutes gegenseitiges Begehren vor dem Hintergrund absoluter gegenseitiger Liebe? Vor dem Hintergrund felsenfesten Vertrauens zueinander? So felsenfest, wie Sie zur Zeit mir vertrauen können, Mr. Steinberg? Und das alles bloß dafür, dass man lieb zu Menschen ist, zu denen man von Herzen gern lieb ist, dafür, dass man anderen Menschen ihre Gefühlswünsche mit zugleich eigener Freude vollständig erfüllt? Geht es denn noch besser oder noch billiger, Mr. Steinberg? Machen Sie mir etwas Besseres plausibel, und ich binde Sie los und lasse mich von Ihnen fesseln!"

 

Steinberg brauchte etwas Zeit, bevor er antwortete: "Sie reden vom Ideal, Mrs. Henderson. In traumhaften Vorstellungen sah ich es immer vor mir, Mrs. Henderson. Bisher waren es aber nur utopische Vorstellungen für mich gewesen. Ich bin von Ihrer Perspektive tief ergriffen, Mrs. Henderson."

 

Mrs. Henderson: "Mr. Steinberg, ich werde Ihnen solange eine Frau nach der anderen vorstellen, bis wir eine haben, die Sie von Herzen gern als Mann haben will. Diese Frau wird Ihnen gefallen, sonst brauchen Sie sie auch nicht anzunehmen, das garantiere ich Ihnen. Nehmen Sie an, dann werden Sie mit ihr haben, was ich mich Robert habe, das garantiere ich Ihnen auch. Vorher werden Sie allerdings nicht befreit, auch das garantiere ich Ihnen. Wenn Sie lieb sein wollen, dann rufen Sie jetzt bitte über Ihr Handy in Ihrem Büro an und sagen, Sie würden heute nicht mehr zurückkommen, und verabschieden sich bis morgen."

 

Steinberg wollte lieb sein, von ganzem Herzen gern: " Mrs. Henderson, ich fühle mich wie zu Weihnachten. Ich kenne jede Menge Männer, die unter solchen Umständen sehr gern hier liegen würden." Mrs. Henderson zweifelte nicht daran. In einer Geruchsprobe waren sexuelle Botenstoffe der Mrs. Downing gewesen, die auf abenteuerlichstem Wege organisiert worden waren. Am Hirn der Mrs. Henderson war die Wirkung vorbeigegangen, nicht aber am Hirne Steinbergs. Die Botenstoffe selbst waren bewusst nicht als solche zu erkennen, die Trägersubstanz hatte zudem starken Eigengeruch. Dabei war die Trägersubstanz nach allgemeinen Maßstäben nicht besonders wohlriechend. Während Steinbergs Urteile sonst dem üblichen Schema entsprachen, war er in diesem Falle deutlich davon abgerückt. Er hatte so lange gerochen, wie sonst nie, hatte sogar ein zweites Mal riechen wollen, und hatte dann die absolute Spitzennote vergeben, die er nur einmal hatte vergeben dürfen. Steinberg hatte angesprochen, auf dieser Seite war die Sache rund. Das gehörte aus Sicht der Patricia Henderson nicht zu den wichtigen Dingen, die Steinberg sofort wissen musste, das würde er später erfahren. Steinberg sagte im Büro ab, wirkte dabei bereits normal.

 

Mrs. Henderson: "Mr. Steinberg, ich habe auf einem Display die Mitteilung, dass Mr. Jim Downing Sie sprechen möchte. Sie würden mir eine wahre Herzensfreude bereiten, wenn Sie Mr. Jim Downing ein paar Worte zu Ihrem bisherigen Umgang mit ihm sagen würden. Mr. Downing ist auf der Flucht mit Rita Jenkins, ich hoffe, es stört Sie nicht?

 

Steinberg bekam große Augen, er hatte gar nicht an Jenkins und Downing gedacht. Er brauchte etwas Zeit, bis er sagte: "Ich war gegenüber beiden ein eiskaltes Schwein, wie Sie sicherlich wissen, Mrs. Henderson. Ich weiß es nicht, ob ich es für Sie oder für mich tun will, Mrs. Henderson, aber ich will beide um Vergebung bitten." Dem Wunsche konnte Mrs. Henderson Folge leisten, auch bei Rita Jenkins entschuldigte er sich.

 

Mrs. Henderson: "Mr. Steinberg, Mr. Downing hatte offenbar Angst davor, dass Sie sich an seiner ehemaligen Familie vergreifen könnten, ihnen irgendwie das Leben schwer machen könnten. Sagen Sie es mir bitte ehrlich, wie Sie innerlich zur Restfamilie Downing stehen, könnte es auch nur Anlass zur Sorge geben?"

 

Steinberg war sehr stark betroffen, auch Rita Jenkins hatte ihm bedeutet, wie sie sich behandelt gefühlt hatte. Steinberg: "Mrs. Henderson, Mrs. Downing und ihre Kinder haben keinem Menschen auf dieser Welt je etwas getan, und im Grunde müsste ich sie fürchten, nicht sie mich. Dass diese wehrlosen Menschen Angst vor mir haben, ist nichts, worauf ich noch stolz sein könnte, das dürfen Sie mir ehrlich glauben. Ich will mich auch bei ihnen entschuldigen. Mrs. Downing soll es ganz sicher wissen, dass sie und ihre Kinder mich nicht zu fürchten haben, das ist mir ein sehr wichtiges Anliegen, Mrs. Henderson." Davon war Mrs. Henderson absolut überzeugt. Nebenbei hatte sie ihm sofort nach dem Volltreffer der Duftprobe mitgeteilt, dass es sich um den Lieblingsgeruch ihrer Freundin Dorothy Downing handele. Mr. Steinberg war über die treffliche Gemeinsamkeit wundersam entzückt gewesen, das hatte er nicht ganz verheimlichen können. Patricia Henderson hatte selbstverständlich ganz naiv wirkend daran vorbei gesehen.

 

Mrs. Henderson: "Wenn es wirklich Ihr Herzenswunsch ist, sich aufrichtig bei Mrs. Downing zu entschuldigen, dann werde ich es für Sie einrichten, Mr. Steinberg. Dorothy ist mir keine Herzensfreundin, aber eine mir liebe Bekannte. Ich würde Ihnen sehr dankbar sein, wenn Sie ihr die Angst in ehrlicher Weise nehmen würden, Mr. Steinberg. Dazu müssten Sie die Verzeihung der Mrs. Downing erflehen, wie Sie möglicherweise wissen werden."

 

Steinberg kannte zwar das Ritual im Prinzip, aber nur vor dem Hintergrund perversen Missbrauchs. Mrs. Henderson erklärte ihm, wie man sich so entschuldigt, dass auf der einen Seite Hass und Angst, auf der anderen Seite böser Wille und Schuldbewusstsein restlos verloren gehen. Steinberg staunte nur noch, willigte aber sogar gern ein. Es ging ihm spürbar nicht darum, etwas vorzugaukeln, sondern darum, das Herz der Mrs. Downing von allem frei zu putzen, was ihn zurecht ablehnte. Er hatte das Prinzip eben in seinen Genen sitzen.

Mrs. Henderson: "Dorothy Downing ist eine tolle Frau, leider hatte ihr niemand gesagt, womit sie Jims Liebe hätte gewinnen können. Das wird nun gerade geändert, sie wird von einer Frau konditioniert, die bedeutend besser weiß, was Männer wollen, als die Männer selbst es wissen. Zur Zeit kann es Dorothy leider nicht viel nützen, sie liebt Jim, und Jim ist weg." Steinberg machte ein betretenes Gesicht. Er überlegte angestrengt.

Steinberg: "Mrs. Downing, Sie behandeln mich als Herzensbruder, das bedeutet sicherlich, dass ich offen und ehrlich Ihre absolute Diskretion in Anspruch nehmen darf?"

Mrs. Henderson: "Solange die Wahrung von Vertraulichkeit nicht Unheil für irgendwen in der Gemeinschaft bedeuten würde, ist uns Vertraulichkeit absolut heilig. Darauf können nicht nur Sie sich verlassen, sondern jeder der Gemeinschaft, Mr. Steinberg."

Steinberg: "Vielen Dank, Mrs. Henderson, ich bitte darum, Ihren Rat in Anspruch nehmen zu dürfen, von mir gesagtes aber absolut diskret zu halten. Als ich gerade über Mrs. Downing nachdachte, habe ich sie ganz anders empfunden als sonst. Mir kommt es so vor, als ob sie mich glücklich machen könnte, und auch so, als ob ich sie gern glücklich machen würde. Haben Sie mich manipuliert?"

 

Mrs. Henderson: "Für einen Mann sind Sie fast zu intelligent, mein Kompliment, Mr. Steinberg. Sie sollen wissen, dass uns die Manipulation nicht möglich gewesen wäre, wenn Mrs. Downing nicht in der Lage wäre, Sie glücklich zu machen. Es war nicht gezielte Manipulation, sondern ein Test, der Wirkung zeigte. Noch werden Sie sich ein Leben auch ohne Mrs. Downing vorstellen können, denke ich?"

Steinberg: "Und was wäre, wenn ich das nicht mehr könnte, Mrs. Henderson? Oder besser, nicht mehr wollte, solange es sich irgendwie vermeiden ließe?"

Mrs. Henderson: "Dann müssten wir zwei angestrengt nachdenken, wie wir die Kugel am besten zum Rollen bekommen, Mr. Steinberg. Sie müssen nur entschieden wissen, was Sie wollen, Dorothy Downing wird nicht nur konditioniert, sondern treibt sich selbst schmerzhaft die Liebe zu Jim Downing aus. Sie tut es in dem Glauben, ihn dadurch halten zu können. Manchmal ist es nicht möglich, die Menschen mit sofortiger Ehrlichkeit in die richtige Richtung zu bekommen. Sie wird verbrannte Handinnenflächen haben, und mindestens eine Woche Schmerzen. Aber für Jim Downing interessiert sie sich dann nicht mehr, ihr Herz ist dann frei."

Steinberg: "Und was ist, wenn sie beim der Entlieben nicht mitmacht?"

Mrs. Henderson: "Dann wird sie zumindest wissen, dass Jim für sie verloren ist, und wird in dem Falle auch noch eine Menge Wut auf Sie im Bauch haben, eine angeschossene Frau wird nach allen Seiten hart. Dann haben Sie nur eine einzige Chance, nämlich die, ihre Verzeihung und ihre Liebe zu erflehen. Auch darauf reagiert sie irgendwann instinktiv in Ihrem Sinne, und gibt dabei ihre Liebe zu Jim Downing auf. Aber das wäre Folter für Sie, wenn Sie gegen eine wütende Mrs. Downing antreten müssten, Mr. Steinberg." Über einen Pipssender bekam Patricia Henderson ein Signal. Sie sah auf einen Display. Sie fuhr fort: "Mr. Steinberg, Dorothy Downing ist entliebt und hat positive Signale in Ihre Richtung gesendet, ich habe hier ein doppeltes OK in dieser Sache."

Steinberg, mit großen Augen: "Irrtum absolut ausgeschlossen?"

Mrs. Henderson: "Ich dachte, wir würden allmählich Freunde? Sie beabsichtigen doch hoffentlich nicht, mich zu beleidigen, Mr. Steinberg?"

Steinberg: "Ganz bestimmt nicht, Mrs. Henderson, ich stehe nur vor dem Unfassbaren. Ihr Mann Robert hatte recht, heute ist mein großer Tag. Mir ist, als wollte ich alle Menschen lieben, Mrs. Henderson. Ich bin Ihnen jetzt schon unendlich dankbar, Mrs. Henderson."

Mrs. Henderson: "Erwarten Sie bitte nicht zuviel, Mr. Steinberg. Das zweite OK war ein 10, Mr. Steinberg. Am einfachsten kann ich Ihnen das in der Sprache der Männer erklären, wenn Sie es gestatten wollen, Mr. Steinberg?"

Steinberg, gespannt: "Ich bitte Sie herzlich darum, Mrs. Henderson."

Mrs. Henderson: "In der Sprache der Männer ausgedrückt hat Dorothy Downing einerseits signalisiert, dass sie Sie im Grunde beeindruckend finde, dass Sie aber ein absolutes Arschloch seien."

Steinberg: "Aus ihrer Sicht muss ich das sein, ich hatte mit nichts anderem rechnen dürfen. Wenn sie an den Steinberg denkt, dann wird sie nicht kommen."

Mrs. Henderson: "Sie kommt, um sich ein aktuelles Bild von Ihnen zu machen, sie ist auf dem Laufenden, Mr. Steinberg."

Steinberg: "Ich muss mich frisch machen, bevor sie kommt, ich hoffe, Sie werden es mir gestatten. Bitte sagen Sie mir auch, was Sie an meiner Stelle tun würden, Mrs. Henderson!"

Mrs. Henderson: "Ich würde darum bitten, mich emotional entschuldigen zu dürfen, und wenn sie es nicht ablehnte, dann würde ich an Ihrer Stelle absolut offen und ehrlich sagen, was Sie von ihr wollen und was Sie dabei an Ã"ngsten haben, Mr. Steinberg. Jede andere Masche werden Sie dieses Mal absolut gründlich vergessen können."

 

Es war ein Klacks für Patricia Henderson gewesen, nicht mehr. Die unterdrückten Sozialtriebe in Steinberg wollten sich mit aller Macht befreien, nachdem die harte Schale Steinbergs erst geknackt war. Sein tiefstes Inneres wollte zu jedem Zeitpunkt genau dorthin, wohin Patricia Henderson ihn bewegte. Ihr flogen die Türen auf, bevor sie die Klinke in die Hand nahm. Fast ebenso wirksam in die falsche Richtung wirkte die SM-Domina, brauchte aber Brechstange und Eisen, weil sie massiv gegen den tiefsten inneren Willen zu treiben gedachte, in Richtung Selbstzerstörung. Eine SM-Domina musste tatsächlich die härtesten Geschütze auffahren, um im Hinblick auf das Manipulationstempo auch nur halb so gut zu sein wie eine weiße Herzensschwester.

 

Losbinden würde man ihn erst, wenn er ganz lieb war. Dazu brauchte man eben Dorothy Downing. Natürlich war auch das organisiert. Downing hatte seine Frau angerufen und ihr nur gesagt, es werde eine Frau vorbeikommen, die etwas bringen würde, und dieser Frau solle Dorothy unbedingt vertrauen. Man hatte keine Frau mit passender Lebensgeschichte zur Hand, aber das war auch nicht zwingend nötig. Man schickte eine umgedrehte Ku-Klux-Klan-Hexe bei Dorothy Downing vorbei, deren einziges Defizit das furchtbare Texanisch war, was sie sprach. Scherzhaft hatten die Hendersons schon nachgedacht, ob man ihr das Texanisch nicht austreiben könnte, aber da schienen auch die Hendersons machtlos.

 

Das Texanische bescherte in Vancouver den Vorteil, dass sich der Zuhörer zwischen absoluter Aufmerksamkeit und absolutem Nichtverstehen des Gesagten entscheiden musste. Dafür ging es nicht ganz so flüssig. Damit war es nicht klar, ob Texanisch in Vancouver operative Vorteile bot. Das wurde von Texanern anders bewertet als von allen anderen. Mary Shelton war nicht anders ausgebildet als die Hendersons, und ihr Texanisch hielt sie nicht davon ab, Robert Henderson in rituellen Gefechten absolut Paroli zu bieten. Jederzeit konnte Henderson einen rituellen Streit mit Shelton vom Zaune reißen. Dazu brauchte er nur beiläufig zu erwähnen, dass Texas immer noch der einzige Ort auf der ganzen Welt sei, wo niemand Englisch sprechen könne. Die Argumentationslinien waren stets die gleichen. Henderson

warf Shelton vor, dass Texanisch die einzige menschliche Sprache wäre und sich längst genetisch etabliert hätte, wenn Texanisch nur halb so viele Vorteile böte, wie Shelton meinte.

Sheltons Verteidigungs- und Angriffslinie wurde gehalten, indem Shelton behauptete, nur Texaner seien zu einer besonderen Sensibilität fähig, vor deren Hintergründen Texanisch erst seine wahren Vorteile entfaltete. Damit musste Sheltons Position zwar nicht akzeptiert werden, aber sie war unschlagbar, solange sich nicht Texaner gegen sie erklärten. Zugleich war Henderson kein Texaner, er musste Sheltons Position nicht teilen. Was Shelton ihm nicht beweisen konnte, konnte Henderson ihr auch nicht widerlegen. Der Kampf war damit so ausgelegt, dass keine der beiden Seiten auch nur eine theoretische Chance hatte, zu gewinnen bzw. zu verlieren. Es sei denn, durch Selbstaufgabe einer Partei: "OK, Mary, wir bestreiten nur aus Neid, dass Gott in Texas geboren wurde!"

 

Ein ritueller Kampf diente der Ausbalancierung und Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen, wobei gefühlsbedingt so gekämpft wurde, dass jede wahre Verletzung ausgeschlossen blieb und es in der rituellen Streitsache selbst keinen Gewinner geben konnte. Solche Kämpfe bauten Aggressionen sozialverträglich ab und förderten zugleich die innere Verbundenheit. Verblieb auf einer Seite Missgefühl, dann war ein Kampf nicht rituell - dann war es Unterdrückung, keinesfalls "Spaß".

 

Mary Shelton wurde ohne Probleme empfangen, als sie sich mit dem Handy von Jim Downing auswies. Tatsächlich war ihre Aufgabe schwerer als die der Hendersons. Robert Henderson hatte im Grunde nur den Weihnachtsmann zu spielen brauchen. Jim Downing hatte in seinem Innern überhaupt nichts gegen das einzuwenden gehabt, was Robert Henderson ihm präsentierte.

 

Patricia Henderson hatte zwar eine zunächst sehr hart erscheinende Nuss zu knacken, aber dafür konnte sie ihn aufgrund seiner Bösartigkeit auch hart anpacken, ohne dabei zu weit zu gehen. Sie hatte Steinberg nur einmal abkochen müssen, anschließend war es locker.

 

Mary Shelton aber war bei Dorothy Downing, der man nichts vorwerfen konnte, aber sehr viel erklären und beibringen musste. Dorothy Downing durfte nicht körperlich oder durch Drohung zu irgendetwas gezwungen werden, sie musste alles freiwillig mitmachen wollen. Nachdem man ihr erklärt haben würde, dass ihr Mann soeben mit der Geliebten verschwand und die Restfamilie von Steinberg stark bedroht sei, musste man ihr klarmachen, dass Steinberg bei den Hendersons gefesselt lag, dass Dorothy Downing ihn sexuell abhängig machen und sich ihm letztlich als Ehefrau hingeben sollte. Das alles vor dem Hintergrund, dass Dorothy Downing eine einigermaßen normale Kanadierin des gehobenen Mittelstandes war, die nicht einmal wusste, woran es wirklich lag, wer wen liebte oder nicht liebte.

 

Bei der Problemstellung hätte jeder übliche Spitzen-Verkäufer sofort abgewinkt, auch wenn man ihm eine Million Dollar geboten hätte. Er hätte es nur als Witz verstehen können, als ein Ding der absoluten Unmöglichkeit. Mary Shelton erklärte Dorothy Downing kurz, dass sie im Auftrage ihres Mannes Jim bei ihr sei. Sie zückte eine Visitenkarte und stellte sich als Mitarbeiterin eines New-Yorker Büros für das Management von Ehen vor. Dorothy Downing war sehr froh, als sie hörte, dass es darum gehe, ihre Ehe zu retten. Vor allem, dass dieser Wunsch von Jim gekommen sei. Und dass Jim offenbar keine Kosten scheute, New-York war nicht gerade unmittelbare Nachbarschaft von Vancouver.

 

Shelton: "Mrs. Downing, unser Institut wird von Klienten in Anspruch genommen, die ihre partnerschaftliche Zukunft auf gesunde Fundamente stellen wollen. Unser Institut ist weltweit führend in der Partnerschaftspsychologie, und Sie dürfen sich sicher sein, dass es unser höchstes Anliegen ist, jeden glücklich zu machen. Dazu verwenden wir ausschließlich wissenschaftlich erprobte Verfahren, die auf natürlichen Ritualen basieren, die unsere Vorfahren über Jahrmillionen entwickelten und die seit mindestens einer Million Jahren gleich blieben.

 

Ihr Gatte, Mrs. Downing, hat uns beauftragt, Ihnen mitzuteilen, dass er zwischen zwei Frauen stehe. Weil seine Gefühle nicht entscheiden können, wünscht er unsere Unterstützung in dieser Sache. Dabei geht es vor allem darum, welche von Ihnen beiden Frauen ihn wie sehr liebt. Wir testen das objektiv mit einem Gerät, das im Groben einem Gasherd ähnelt. Aus einer Vielzahl kleiner Düsen wird sehr warme bis leicht heiße Luft auf die Handflächen pulsiert, zwischendurch zur Kühlung kalte oder keine. Es wird exakt steuerbarer Schmerz so ausgeübt, dass die Haut an keiner Stelle permanent belastet wird. So können Verletzungen auf ein Minimum beschränkt werden, sie heilen in Tagen. Am Anfang erscheint es einem leicht, doch das ändert sich. Irgendwann gibt jeder auf, Mrs. Downing. Frauen, die um ihren Mann wirklich kämpfen, kämpfen mit allem Willen gegen den Schmerz an, sie schreien und heulen, lange bevor sie aufgeben. Dabei liegen sie auf dem Boden, Schmerz dürfen sie nur bekämpfen, indem sie immer wieder sagen oder schreien: "Jim, ich liebe Dich!", vorausgesetzt, der Mann heißt Jim, natürlich. Mrs. Downing, bei der anderen Frau sitzt gerade im Moment eine Kollegin von mir, die die Tests, die ich mit Ihnen machen werde, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, mit Ihrer Konkurrentin absolvieren wird. Der wichtigste Test ist der soeben beschriebene, Mrs. Downing. Bei diesem Test werden beide Frauen dem selben Pulsierverfahren ausgesetzt, und beide Frauen treiben sich innerlich mit dem Willen, den Mann für sich haben zu wollen. Keine von beiden tut es länger, als sie den Schmerz aushalten kann, der langsam entsteht und dann immer schlimmer wird. Je stärker die Liebe einer Frau ist, desto länger hält sie ihre Hände unten. Sind Sie zu dem Test grundsätzlich bereit, Mrs. Downing?"

 

Mrs. Downing war erschlagen. Wäre die fremde Frau nicht so förmlich aufgetreten, so wäre sie vor ihr in Tränen gefallen. Mary Shelton wusste, dass keine ungeliebte Ehefrau der Meinung war, irgendetwas falsch zu machen. Dass man Männerherzen mit Sex binden musste, hatte man ihnen völlig ausgetrieben. Aus ihrer Sicht war das ein Thema nur für Nutten und ähnliches weibliches Gesocks, Sex war etwas dreckiges für sie. Abgesehen von den Momenten, in denen sie selbst unter ihren Männern lustvoll selig waren. Das waren keine dreckigen, sondern heilige Momente für sie, gesegnet schließlich sogar vom Papst.

 

Dass die Männer dabei nicht auch selig waren, war nach Ansicht solcher Frauen Schuld der Männer, ganz klar. Dabei galt das Prinzip des Gebens und Nehmens einfach auch beim Sex. Wer keine Lust bekam, der konnte nicht lieben. Doch solche Dinge waren einer normalen Kanadierin nicht mit Worten beizubringen, deshalb versuchte Mary Shelton es auch nicht, sondern griff zu Notlügen.

 

Shelton: "Mrs. Downing, wenn Ihre Lage so aussichtslos wäre, dann wäre ich jetzt nicht hier. Und ich habe Ihnen versichert, dass es unsere höchste Aufgabe sei, die Menschen glücklich zu machen, das gilt auch Ihnen gegenüber. Sie selbst müssen nicht einmal ganz genau wissen, was Ihnen Ihr Mann wirklich bedeutet, Mrs. Downing. Können Sie mit absoluter Bestimmtheit sagen, dass Sie wirklich alles an Ihrem Mann, was er ist, was er sagt, was er tut, absolut richtig finden und mögen? Vielleicht ist Ihr Mann Ihren Gefühlen weniger wert, als Ihre Gedanken es meinen? Wäre Ihr Mann sich Ihrer absoluten Liebe sicher, dann brauchte ich diesen Test nicht mit Ihnen zu machen, Mrs. Downing. Wollen Sie lieber verzichten, oder wollen Sie um Ihren Mann kämpfen? Das Verfahren vergleicht objektiv, Mrs. Downing!"

 

Das Gerät hatte sie nebenher aufgebaut und gestartet, sie ließ es schnell bis zur Höchsttemperatur erwärmen und legte dann ihre eigene Hand für Sekunden darauf. Dorothy Downing starrte auf die Hand, und im Blicke der Dorothy Downing sah man Entschlossenheit wachsen. Ihre Liebe zu Jim konnte keine andere übertreffen, daran zweifelte sie nicht.

 

Mrs. Downing, absolut entschlossen: "Ich mache es."

 

Dorothy Downing musste hart leiden, sie forderte sich alles ab. Doch mit größtem Willen kämpfte sie aus ihrer Sicht im falschen Ritual. Es war nicht das Ritual des Kampfes um den Mann, sondern das Ritual zur inneren Aufgabe des Mannes. Dorothy Downings Hände würden ein paar Tage schmerzen. Außerdem weinte sie aus Schmerz und Erschöpfung, nachdem sie die Hände vom Gerät gerissen hatte. Mrs. Downing hatte alles gegeben, sie hatte sich die Seele aus dem Leib geschrieen und war am Ende. Aber genau das war auch nötig gewesen, damit ihr Herz Jim ganz aufgab.

 

Im Prinzip so hatten Menschen es in der Steinzeit gemacht, wenn der Lebenspartner gestorben war. Der Schmerz wurde über sanfte Peitschen oder flache Hände von zugeneigten anderen Menschen auf den Rücken erteilt, allmählich gesteigert. Der Rücken bot eine viel größere Fläche als die Hände, war im Grunde viel besser geeignet. Doch für Trickaktionen musste man die Handverbrennungen in Kauf nehmen, das Verfahren erschien üblichen Frauen weitaus plausibler als Schläge auf den Rücken. Die Frau, der der Mann ausgetrieben wurde, schrie solange: "Ich liebe ihn!", bis sie es trotz größter Willensanstrengung gegen den Schmerz aufgeben musste. In dem Moment brach der Schmerz die Liebe, löschte sie aus. Hörte sie zu früh auf, trieb sie sich nicht bis zum letzten, dann war der Effekt nicht da. So trieb man Liebe aus. Es war klüger, als jemandem Jahre lang hinterher zu trauern und dem gegenwärtigen Leben Chancen zur Neuorientierung zu verbauen.

 

Man brauchte seine Liebe für die Lebenden. Unpassende Gefühle aller Art wurden in jeder natürlichen menschlichen Sippe auf die Schnelle beseitigt, weil sie eine Gefahr für das soziale Funktionieren der Sippe darstellten. Shelton hatte Mrs. Downing irgendwie hereingelegt, irgendwie aber auch nicht: Nach den Regeln der Natur gehört ein Mann der Frau, die ihn zuletzt an sich gebunden hatte, das war Rita Jenkins, nicht Ehefrau Downing. Zudem hätte Rita Jenkins niemals eine Chance gehabt, wenn Mrs. Downing ihrem Mann den rituellen Liebesbeweis abgenommen gehabt hätte. Nach den Regeln der Natur war Mrs. Downing niemals die Ehefrau von Jim Downing gewesen: Sie hatte ihre natürliche Aufgabe als Ehefrau, den Mann durch Liebe zu binden, nicht erfüllt gehabt, nur deshalb war Jim bei Rita Jenkins gelandet.

Shelton: "Mrs. Downing, verzeihen Sie mir bitte, aber Ihr Ergebnis spricht für sich."

 

Dorothy Downing sah weinend und entsetzt zu Mrs. Shelton, so, als ob sie ein Gespenst sehen würde. Sie wusste nicht, was mit ihr geschehen war.

 

Shelton: "Mrs. Downing, ist irgendetwas nicht in Ordnung mit Ihnen?"

 

Mrs. Downing, immer noch weinend: "Ich weiß es nicht, was mit mir los ist, Mrs. Shelton. Ich hatte immer gedacht, ich würde Jim so sehr lieben. Ich hätte Ihnen am liebsten die Augen ausgekratzt, als Sie meine Liebe zu Jim infrage stellten. Aber gerade jetzt frage ich mich, ob ich Jim überhaupt liebe! Als ob ich mir die ganzen Jahre selbst etwas vorgemacht hätte, Mrs. Shelton!. Ich verstehe gar nichts mehr!"

 

Mary Shelton ging vor Mrs. Downing auf die Knie und sah ihr bittend in die Augen.

"Bitte verzeihen Sie mir, Mrs. Downing! Ich werde Ihnen alles erklären, aber vorhin hatte ich Sie unbedingt belügen müssen. Sie haben gerade die Liebe zu Ihrem Mann innerlich aufgegeben, und das war in Ihrer Lage das Beste, was Sie tun konnten. Jim hat sich für die andere Frau entschieden, und Ihr Herz muss doch für ein neues Leben offen sein, Mrs. Downing. Ihre Hände werden ein paar Tage schmerzen, aber Sie werden nicht mehr durch eine Liebe belastet, die vergeblich wäre! Bitte verzeihen Sie mir, wenn ich unrecht gehandelt haben sollte, Mrs. Downing!"

 

Mrs. Downings Hände schmerzten offensichtlich, aber die Nachricht, dass Jim weg war, erzeugte keinen besonderen Eindruck. Mrs. Downing blickte erst vorwurfsvoll mit offenem Mund, dann sagte sie aber doch nichts, bis sie dann sagte: "Sie haben recht gehandelt. Ich muss Ihnen dafür sogar sehr dankbar sein."

 

Nachdem Mary Shelton vorgeführt hatte, wie schnell man unsterblich scheinende Liebe los werden konnte, wenn man einmal in den ganz sauren Apfel zu beißen bereit war, war Dorothy Downing von Sheltons Kompetenz überzeugt. Die Lüge störte das Vertrauen nicht, weil Dorothy Downing im Nachhinein erkannte, dass die Lüge nur zu ihren Gunsten erfolgt war. Mary Sheltons Position hatte sich deutlich verbessert. Mary Shelton holte eine Schmerz- und Brandsalbe aus ihrem Koffer, selbstverständlich neu versiegelt.

 

Shelton: "Mrs. Downing, bitte nehmen Sie die Brandsalbe und reiben Sie die Handflächen sofort ein, es wird spürbar gut tun und dient der Heilung. Die Tube gehört selbstverständlich Ihnen, Mrs. Downing. Es gibt leider noch ein anderes beträchtliches Problem, Mrs. Downing. Sie selbst kennen Steinberg, und Mr. Downing geht davon aus, dass Steinberg Ihnen und Ihren Kindern gefährlich werden könnte."

 

Mrs. Downing: "Steinberg, das alte Ekel. Zutrauen würde ich ihm alles. Bisher hatte ich selbst nicht viel mit ihm zu tun. Aber ich weiß, dass er gefährlich sein kann. Ich kann Jim gut verstehen, mit dem, was er meint. Nur, was soll ich gegen Steinberg tun?"

 

Shelton: "Mrs. Downing, ich hatte Sie nicht belogen, was unseren Einsatz in der Psychologie angeht, wie Sie nun auch selbst wissen. Doch das war nicht alles. Wir schützen auch Menschen vor gefährlichen anderen Menschen. Wir beseitigen jede Gefahr für Sie, Mrs. Downing, wenn Sie uns die Möglichkeit dazu geben. Außer Zaubern können wir alles, Mrs. Downing, und bei manchen von uns bin ich mir nicht einmal sicher, dass sie nicht auch zaubern können. Mrs. Downing, ich möchte Sie sehr gern noch einmal um etwas bitten, wenn Sie es gestatten!"

 

Mary Shelton stellte Dorothy Downing für das Freundschaftsritual der Frauen auf. Dann stellte sie sich selbst gegenüber und sagte:" Mrs. Downing, wir beide müssen uns nun ganz darauf konzentrieren, wie wichtig ist es, dass Sie und Ihre Kinder sicher vor Steinberg geschützt sind. Dabei sehen wir uns in die Augen, solange wir es können. Mary Shelton sah der Mrs. Downing zunächst sehr sanft in die Augen. Vom Triebschema abgeratene Menschen haben es sonst zu schwer, einem anderen Menschen einfach lange in die Augen zu sehen. Mary Shelton sagte der Mrs. Downing mit ihren Augen immer wieder: "Ich will Dir aus Liebe helfen. Indem ich Dir helfe, hilfst Du mir!" Als diese Nachricht nach dem Empfinden von Mary Shelton vollständig von Mrs. Downing aufgenommen worden war, war der Blick der Mrs. Downing frei jeder Angst und Scheu, dafür voller Zuneigung.. Nun konzentrierte Mary Shelton sich nur noch auf eine Botschaft: "Nimm Steinberg zum Mann, und ich verspreche Dir, alles wird gut!". Mrs. Downing hatte mit sich zu kämpfen, doch immer eindringlicher konzentrierte Mary Shelton sich auf das "Ich verspreche Dir, dann wird alles gut!". Mary Shelton überredete die Gefühle der Mrs. Downing mit den Augen. Das war die schnellste und die sicherste Methode unter Menschen, wenn es ehrlich war.

 

Auch die beiden fielen sich, wie Robert und Jim, weinend in die Arme. Die beiden waren Herzensfreundinnen, gleiches Regelschema wie andererseits bei den Männern. Mary Shelton und Dorothy Downing konnten sich nun aufeinander verlassen. So machten Naturmenschen es auf die Schnelle, wenn man sich aufeinander verlassen musste, sich aber kaum oder gar nicht kannte. Es reichte ein gemeinsames Vorhaben, an dem beide intensiv und beide in gemeinsamem Sinne interessiert waren. Man musste sozusagen in einem Boot angekettet sein, und die Sache durfte nicht ganz ohne sein. Dann war es immer machbar.

 

Shelton: "Mrs. Downing, ich heiße Mary, bitte!"

 

Mrs. Downing: "Danke, Mary, ich heiße Dorothy."

 

Shelton: "Du kannst ihn haben, wenn Du ihn haben willst. Besser kannst Du ihn gar nicht in den Griff bekommen als so, Dorothy."

 

Mrs. Downing: "Wenn man sich das Arschloch bei ihm weg denkt, dann ist er ein attraktiver Mann. Intelligent und sportlich ist er auch, er kann charmant sein, das kann man ihm alles nicht absprechen. Aber sich bei Steinberg das Arschloch weg zu denken, ist, wie sich beim Pazifik das Wasser weg zu denken, Mary."

 

Shelton: "Die Pumpen laufen auf Hochtouren, Dorothy, zwischen Asien und Amerika entsteht ein neuer Kontinent. Steinberg lernt es soeben von Patricia Henderson, lieb zu sein."

 

Mrs. Downing bekam große Augen, und riss ihren Mund weit auf, dann warf sie sich vor Lachen auf den Boden. Sie prustete förmlich:. "Dann hatte Steinberg fast recht......... ..., dass Robert Henderson ein ganz ausgekochter Hund ist....... und Mrs. Henderson war für Steinberg nur eine Null wie alle Frauen für ihn ... und SIE bringt DEM Steinberg jetzt bei...." und sie lachte weiter.

 

Shelton: "Wollen wir uns ansehen, wie Steinberg lieb ist, Mary?"

 

Mrs. Downing: "Eigentlich keine schlechte Idee. Ist er auch wirklich lieb zu uns?"

 

Shelton: "Ganz lieb, Dorothy. Er weiß uns Frauen nun zu schätzen, Dorothy. Und er ist heilfroh, dass wir Mitgefühl mit den armen Männern haben und sie nicht an die Wand nageln wollen, Dorothy!" Beide Frauen lachten, es hatte den richtigen in der richtigen Weise erwischt. Alle Frauen auf der ganzen Welt hätten mitgelacht. Der Umstand, dass Dorothy Downing sich über Steinbergs Attraktivität geäußert hatte, war doppelt bedeutsam. Erstens war es auch Beweis dafür, dass sie Jim nicht mehr liebte. Noch einen Tag zuvor hätte sie sich nicht so über Steinberg geäußert, es wäre ihr egal gewesen, ob er sportlich oder unsportlich gewesen wäre. Zweitens hatte Mrs. Downing dadurch bewiesen, dass Steinberg ein Mann nach ihrem Schema war. Nur eine innerlich suchende Frau äußerte sich so, und nur, wenn ein Mann ihr gefiel. Damit war die Sache für Mary Shelton im Grunde gelaufen. Dorothys Herz war frei für Steinberg, Dorothy hatte ein Auge auf Steinberg, und Dorothy war nun Marys Herzensfreundin und glaubte und sagte ihr alles. Für sie war nun grundsätzlich klar, wenn Mary sich sicher fühlte, dass man zur Besichtigung Steinbergs fahren konnte, dann konnte man das. Nur, wenn Mary Dorothys Lage mit bedacht hatte, konnte sie den Vorschlag so locker machen. Darauf konnte Dorothy sich verlassen. Und das tat sie auch, solange sie nicht meinte, Mary hätte etwas wichtiges nicht wissen können.

 

Mrs. Downing: "Du weißt sicherlich, welchen Stellenwert Steinberg im System hat, auch, mit wem ihr es zu tun habt, Mary?"

 

Shelton: "Ich versichere Dir, dass wir Dir den besten Schutz bieten, den Dir irgendeiner in dieser Lage bieten kann, Dorothy. Wir wissen natürlich, dass Steinberg ein Illuminatensohn ist. Wir wissen aber auch, wie man mit Illuminaten und Satanisten umgehen muss, Dorothy. Ein Restrisiko lässt sich niemals ausschließen, in ein paar Sekunden kann uns auch ein Meteorit erschlagen, Dorothy. Aber wir würden mit Deinem Wohle nicht handeln, ohne die Hintergründe wirklich gut zu kennen. Darauf kannst Du Dich verlassen, Dorothy."

 

Mrs. Downing: "Wenn Du das so sagst, Mary, dann verlasse ich mich darauf, dass Du Bescheid weißt.-------- Mary!!!! Lasse uns bitte sofort zum lieben Steinberg fahren, worauf warten wir noch?"

 

Die Herzensfreundschaft machte die Dinge enorm unkompliziert, man brauchte solange keinerlei Vertrauensbruch zu fürchten, wie man sich selbst nicht schwer ins Unrecht setzte. Die beiden Frauen scherzten wie zwei Schulmädchen, und natürlich triumphierten sie auch im Auto weiter. Solch ein Sieg war auszukosten. Und das geschah nicht vor Steinbergs Augen, denn das wäre nicht fair gewesen. Die Frauen befreiten sich bei solchen Gelegenheiten auch von Unmut, den ganz andere Männer verbockt hatten. Gefeiert wurde nicht der Sieg über den Mann Steinberg, sondern ein Sieg über alle Männer, die ohne Not nicht lieb zu Frauen waren.

Dorothy Downing lachte wie ein Schulmädchen und war auch auf dem emotionalen Stand eines Schulmädchens, denn sie war an einem Mann interessiert. Sie wollte ihm den weiblichen Triumph zwar auch noch etwas deutlicher vor Augen führen, aber vor allem wollte sie ihn sich holen. Das konnte nur im Sinne Steinbergs sein, denn wenn sie ihn als passend erkannt hatte, dann passte sie automatisch ebenso gut zu ihm. Und damit hatten die Triebe des unerfüllten Steinbergs eine Chance von null, der Dorothy Downing zu entgehen.

 

Shelton: "Dorothy, Du musst wissen, dass Steinberg die höchste zerstörungsfreie Folter durchlief. In seinem Falle musste es sein, um den absoluten Trumpf zu setzen. Erst war ihm Todesfolter für Unartigkeit angedroht, dann grausame Versklavung durch Patricia Henderson."

 

Es wirkte eher erschrocken als heiter, als Mrs. Downing sagte: "Der Arme! Mrs. Henderson wird ihn doch sicherlich ganz heil lassen?"

 

Shelton: "Patricia weiß, dass er Deine Beute sein soll, und sie geht mit ihm um, als sei sie seine und Deine Schwester."

 

Mrs. Downing überlegte kurz, bevor sie sprach. Die Sache war von höchster Wichtigkeit für sie. Steinbergs Wohl lag ihr stark am Herzen. Sie hätte spontan geglaubt, wenn Shelton die Formel "darauf kannst Du Dich verlassen" verwendet hätte, so aber dachte sie kurz nach. Dann wurde ihr klar, was Mary gesagt hatte, und dann war sie vollständig beruhigt. Erst dann sagte sie: "Dann wäre er ja mein Bruder?" Sobald das Wichtigste geklärt war, fingen gutgelaunte Frauen an zu blödeln.

 

Shelton: "Mensch Dorothy! Sie geht mit ihm so um, Du sollst ihn natürlich nicht als Bruder behandeln!"

Mrs. Downing: "Dann bin ich ja beruhigt. Ich hatte schon das Schlimmste befürchtet, Mary."

Patricia Henderson hatte Steinberg selbstverständlich vorbereitet, und man saß auf einer Augenhöhe an einem Tisch. Steinberg war nicht bewegungslos, sondern harmlos gefesselt, er hatte sich sogar frisch machen dürfen. Aber nur deshalb, weil er wirklich lieb gewesen war.

Und weil er so lieb gewesen war, hatte Patricia Henderson ihm auch noch versichert, wenn er weiterhin so lieb sei, dann würden auch die beiden Besucherinnen lieb zu ihm sein. Sollte er aber meinen, sich irgendwie verächtlich über Frauen äußern oder sich ihnen gegenüber so verhalten zu müssen, dann würde er von der Frauengemeinschaft gnadenlos eingekocht werden. Patricia Henderson hatte stets den goldenen Weg für ihn, und jeden anderen Weg vermasselte sie ihm gründlich. Lieb zu anderen sein, so lange die anderen auch lieb waren, das war der goldene Weg der Patricia Henderson.

 

Mrs. Downing: "Hallo, Mr. Steinberg, darf ich vorstellen: Mary Shelton, das ist Mr. Steinberg, ein Freund meiner Familie. Mr. Steinberg, das ist Mary Shelton, meine Herzensfreundin. Wie geht es Ihnen, Mr. Steinberg, ich hoffe aufrichtig, es gehe Ihnen gut?" Seitdem Mrs. Downing sich für Steinberg interessierte, interessierte sie sein Wohl, nicht, ihn ohne Not zu demütigen. Das kam zum Ausdruck. Sogar zur Notlüge griff sie für ihn, die allerdings allen klar war, denn Steinbergs bisherige Haltung zu den Downings war ja allen bekannt.

 

Steinberg: "Sehr angenehm, Ihre Bekanntschaft zu machen, Mrs. Shelton, und herzlichen Dank Ihrer aufrichtigen Nachfrage, Mrs. Downing. Ich fühle mich in meiner Hilflosigkeit sehr gut behütet, das kann ich Ihnen einwandfrei versichern."

 

Mrs. Downing: "Mr. Steinberg, die ganze Welt ist Patricia Henderson dankbar dafür, dass sie einen Menschen aus Ihnen macht. Sie sollten ihr deshalb auch dankbar sein, ich hoffe, Sie sind es auch, Mr. Steinberg?"

 

Steinberg: "Ich freue mich, dass Sie mich noch als Menschen akzeptieren, Mrs. Downing. Ich habe Ihrer ganzen Familie schwer zugesetzt. Ich bin Mrs. Henderson von ganzem Herzen dankbar, denn sie hat mich überzeugt, dass ich meinem eigenen Glück bisher im Wege stand, und sie hilft mir, nun zu meinem Lebensglück zu finden. Es ist mir ein sehr wichtiges Anliegen, Sie persönlich um Verzeihung zu bitten, Mrs. Downing. Das heißt, wenn Sie es gestatten würden, worum ich Sie sehr herzlich bitte."

 

Mrs. Downing: "Mary, hilf mir bitte weiter! Was meint er?"

Spontan wandte sie sich an die Herzensfreundin, obwohl sie Patricia Henderson viel länger "kannte".

 

Shelton: "Dorothy, er meint, dass Du Deinen ganzen Hass auf ihn in Dir mobilisieren sollst und ihm diesen Hass durch Verachtungssignale zeigen sollst. Damit tust Du, wenn es ihm wirklich leid tut, seinem Herzen tatsächlich sehr weh, dann ist es Folter für ihn. Und er bittet Dich, vor Dir gegen Deine Verachtung anflehen zu dürfen, bis Du spürst, dass er geläutert ist und Du gar nicht mehr anders kannst, als ihm zu verzeihen. Er bittet Dich also, ihn zu foltern, um Deine wahre Vergebung durch seinen eigenen Schmerz erzwingen zu dürfen."

 

Mrs. Downing war tief ergriffen, ihre Augen weit aufgerissen :"Und, Mary, was macht er dabei genau?"

 

Shelton: "Er wird Dir zu Füßen fallen und Dein Herz immer verzweifelter um Vergebung anflehen, weil sein Schmerz immer größer wird, solange Du hart bleibst. Wären wir absolut hartherzig, so könnten wir die Männer damit in Irrsinn und Tod treiben, Dorothy. Der Halunke weiß, dass er Dir letztlich das Herz brechen wird, aber er ist entschlossen bereit, sich das unter Umständen verdammt viel kosten und Deine Gefühle den Preis bestimmen zu lassen, Dorothy."

 

Die beiden Freundinnen unterhielten sich vor allen so, als ob die anderen nicht da wären, und musterten entweder konzentriert Steinberg, oder sahen sich gegenseitig an.

 

Mrs. Downing: "Mr. Steinberg, Sie sollen unbedingt wissen, dass ich von ganzem Herzen aufrichtig und zutiefst ergriffen bin! Mary, darf er mich dabei berühren?"

 

Shelton: "Dorothy, wenn Du ihm dabei gestatten würdest, Deine Unterschenkel fest zu umschlingen, so könnte er in Dir den Wunsch zünden, ihn zum Manne zu wollen, sogar dann, wenn Du Jim noch lieben würdest. Mr. Steinberg, Sie werden sicherlich nicht die Vorstellung haben, das Ritual so auszuführen, dass es dabei zu einer körperlichen Berührung zwischen Ihnen beiden kommt?"

Steinberg: "Mrs. Downing, ich darf Ihnen versichern, dass ich Sie nur auf Ihren ausdrücklichen Wunsch hin berühren würde. Ich akzeptiere es, dass die Frau den Mann erwählt und das Sexualschema eröffnet, während der Mann es beendet. Ich wäre glücklich, wenn Sie mich lieben würden, Mrs. Downing, ich wäre sehr gern von ganzem Herzen immer lieb zu Ihnen und auch zu Ihren Kindern. Doch die Entscheidung darüber liegt selbstverständlich bei Ihnen, Mrs. Downing."

 

Mrs. Downing: "Mary, halte mich fest! Ich glaube fast, er meint, was er sagt. Was meinst Du, Mary?"

 

Shelton: "Wie viel Wut hast Du noch auf ihn im Bauch, Dorothy? Spürst Du Angst vor ihm, wenn Du ihm in die Augen siehst? Spürst Du Unaufrichtigkeit?"

 

Mrs. Downing: "Wenn ich ihn jetzt so sehe, eigentlich gar keine, Mary. Und das kommt mir selbst nicht geheuer vor. Wenn ich daran denke, welche ungeheure Wut ich sonst auf ihn hatte! Und welche Angst wir vor seiner Bösartigkeit hatten!" Wenn jemand wirklich geläutert war, wären Wut und Angst schädlich gewesen, und deshalb konnte man sie nicht mehr empfinden. So lief es in der Natur.

 

Mrs. Henderson: "Ich verbürge mich dafür, dass er bereits geläutert ist. Aber wir lassen ihn nicht gehen, bevor wir eine Frau haben, deren Herz sich aufrichtig nach seinem Herzen sehnt, Mrs. Downing. Denn nur dann kann er wirklich glücklich werden, nur dann passt sie sicher zu ihm. Das ist mir ein wahres Herzensanliegen, Mrs. Downing. Ich vertrete die Interessen Mr. Steinbergs, als sei er mein geliebter Bruder, solange er es nicht selbst kann. Bitte berücksichtigen Sie das, Mrs. Downing. Wenn Sie gegen die Interessen Mr. Steinbergs handeln würden, dann handelten Sie zugleich und in gleicher Weise gegen meine Interessen."

 

Shelton: "Patricia, Du kannst ganz unbesorgt sein, das versichere ich Dir sowohl als Dorothys als auch als Deine Herzensfreundin. Dorothy, wenn ich mir Mr. Steinberg ansehe, dann sehe auch ich nichts Böses mehr. Der arme Mann hat es wirklich verdient, dass irgendeine Frau sich seines ungestreichelten Herzens erbarmt und ihn mitnimmt, Dorothy. Wenn Dein Herz sagt: "Ja, trotz allem will ich ihn lieben", dann schnappe ihn Dir so schnell wie möglich. Aber lege ihn bloß verdammt fest an die Kette, und sage ihm, dass ich ihm die Augen auskratzen und die Hoden einschlagen werde, sollte er Dir das Leben irgendwie schwer machen."

 

Mrs. Henderson: "Mrs. Downing, falls Mr. Steinberg doch rückfällig werden würde, dann könnte er noch froh sein, wenn er der Mary und nicht mir in die Hände fiele."

 

Shelton wurde sofort temperamentvoll gegenüber Mrs. Henderson: "Sage das nicht so, Patricia, denn wenn Steinberg einer meiner Herzensfreundinnen das Leben schwer machte, dann wäre meine Rache an ihm die fürchterlichste! Du weißt es selbst, Patricia, was Herzensfreundschaft mit mir bedeutet! Darauf kann Dorothy sich ebenso gut verlassen wie Du, Patricia, und Dorothy ist nicht Deine Herzensfreundin!" Unbedacht und ungewollt hatte Mrs. Henderson die Loyalität von Sheltons Herzensfreundschaft infrage gestellt, spontan wurde sie von Shelton zurecht gerückt, womit diese die Ernsthaftigkeit ihrer Frauenfreundschaft eindrucksvoll demonstrierte.

 

Mrs. Henderson, etwas verdattert: "Um Himmels Willen, Mary! So hatte ich das gar nicht betrachtet! So war es doch ehrlich gar nicht gemeint gewesen! Mrs. Downing, obwohl ich im Falle eines Falles stets mein Bestes gebe, doch wenn Mr. Steinberg Ihnen gegenüber fehlen sollte, dann wäre er wohl doch besser dran, wenn er mir, nicht Ihrer Herzensfreundin Mary in die Hände fiele. Das absolut letzte, was ich wagen würde, wäre es, einer Herzensfreundin von Mary auch nur das geringste Leid anzutun, an der Stelle wird sie völlig humorlos. Liebe Mary, ich selbst würde vor Angst verrückt, wenn Du wirklich böse auf mich wärest! Das weißt Du doch auch ganz genau! Mrs. Downing, Mr. Steinberg, ich möchte auch noch wahrheitsgemäß darauf hinweisen, dass nicht einmal Mossad und CIA sich ohne größte Not auch nur an einer von Marys Herzensfreundinnen vergreifen würden, so schrecklich können sie allesamt und sonders sein, und so groß ist ihre Treue untereinander. Und keine ist treuer und im Falle eines Falles schrecklicher als Mary, das ist die Wahrheit! Liebe Mary, Du weißt, was Du nicht nur mir, sondern uns allen bedeutest, wie konntest Du von mir annehmen, ich wisse Deine Herzensfreundschaft nicht zu schätzen!"

 

Shelton, offensichtlich bis zur Verlegenheit gestreichelt: "Liebe Patricia, Du überschüttest mich so mit Lob, dass ich gar nicht mehr weiß, was ich sagen soll! Du hast ja im Grunde recht, ich war einfach zu empfindlich. Liebe Patricia, unsere Herzensfreundschaften bedeuten ir ebensoviel wie Dir, und Deine Herzensfreundinnen können sich auf Dich verlassen, wie meine sich auf mich, das wissen wir doch beide! Und wenn Du wirklich böse wirst, liebe Patricia, dann bleibt jedem das Herz stehen, dann bist Du doch die Schrecklichste! Wir alle zusammen hätten dann ehrlich die größte Angst vor Dir! Das weißt Du auch ganz genau, liebe Patricia! Lasse uns die Sache bitte einfach vergessen, liebe Patricia!"

 

Mrs. Henderson: "Sehr gern, liebe Mary, wir haken es einfach ab!" So lieb, wie die Runde der Herzensfreundinnen im allgemeinen war, so ultimativ schrecklich war jede einzelne von ihnen, wenn es sein musste. Immer wieder mussten sie sich sensibel gegenseitig versichern, wie lieb sie sich hatten, um keine Angst vor einander zu bekommen. Zudem gab jede klar zu verstehen, dass sie es sehr wohl wusste, wer im Falle eines Falles den Kürzeren ziehen würde: Diejenige, die im Unrecht war, denn die andere war stärker motiviert. Damit war dann auch noch klar, dass keine so dumm sein würde, einen Angriff auf eine der anderen zu wagen. Man liebte sich maximal und hegte latent maximale Furcht vor einander. Auf dieser Grundlage war felsenfeste Treue das selbstverständliche Ergebnis. Doch für die Art der notwendigen Beziehungspflege fehlte Dorothy Downing noch das nötige Verständnis.

Mrs. Downing: "Mrs. Henderson und Mary! Bei allem Respekt vor Eurer Treue, Eurer Zuneigung und der Euch möglichen Schrecklichkeit will ich es nicht, dass Ihr dem Mr. Steinberg jetzt noch Angst macht! Mr. Steinberg, Ihr Antrag ehrt und freut mich von ganzem Herzen, und so nehme ich ihn an. Über die Details muss ich aber noch mit meiner Freundin Mary allein reden. Das geht nicht gegen Sie, Mr. Steinberg, ich will es nur sicherstellen, dass unsere Beziehung für beide rundum glücklich wird. Von einseitiger Liebe habe ich nämlich genug, Mr. Steinberg."

 

Steinberg: "Sie erfüllen mir mit der Annahme des Antrages meinen größten Herzenswunsch, Mrs. Downing. Wenn Sie in unserem gemeinsamen Interesse mit Ihrer Herzensfreundin allein reden wollen, so werte ich das als Zeichen der Ernsthaftigkeit Ihres Interesses und freue mich sehr darüber. Mir ist es ganz genauso ernst, Mrs. Downing. Ich will Sie von ganzem Herzen lieben, Mrs. Downing, es würde mich aber umbringen, wenn Sie mich dann nicht ebenso liebten!"

 

Shelton: "Patricia, wie hast Du solche Sensibilität in den Mann hineinbekommen? Und solche Offenheit und Ehrlichkeit in Angelegenheiten seiner eigenen Gefühle? Patricia, Du wärest unsere Königin, wenn wir nicht Anarchisten wären! Mr. Steinberg, ich muss meine Freundin akut Ihrer Nähe entziehen, sie braucht tatsächlich ein paar Tipps in Ihrem gemeinsamen Sinne. Ihnen, Mr. Steinberg, mein persönliches Kompliment dafür, dass Sie offen und ehrlich zu Ihren Gefühlen stehen!. Sie werden Dorothy Ihre Liebe beweisen, und Dorothy wird Ihnen ihre Liebe beweisen, Mr. Steinberg. Und alles wird so geschehen, dass Sie selbst es sicher spüren, dass Dorothy es ehrlich mit Ihnen meint. Ich habe volles Verständnis für Ihre Ã"ngste, und Dorothy wird sie Ihnen nehmen. Und das wird sehr schön für Sie sein, Mr. Steinberg! Ich werde Dorothy nur die liebevollsten und lustvollsten Tipps geben, Mr. Steinberg! Dorothy wird Ihnen gleich Wünsche erfüllen, die nur eine Göttin der Lust und Liebe erfüllen kann! Mr. Steinberg, Sie werden gleich die höchste Lust und Geborgenheit erleben, die Sie überhaupt empfinden können! Sie dürfen sich jetzt schon freuen, Mr. Steinberg!"

 

Mrs. Downing: "Mrs. Henderson, ich werde es ganz bestimmt nicht missbrauchen, denn ich liebe ihn von Herzen, aber ich bekomme ihn doch gefesselt in meine Hände, oder?"

 

Mrs. Henderson: "Er wird nicht losgebunden, bevor sein Herz in Ihrer Hand liegt, Mrs. Downing. Und Ihr beide, Mrs. Downing und Mary, solltet Euch schämen, einen gefesselten Mann verrückt zu machen, der sich einwandfrei anständig benimmt und dem es noch dazu um eine Herzenssache geht. Mr. Steinberg, ich möchte mich bei Ihnen im Namen der Frauen für das unwürdige Verhalten meiner Freundinnen entschuldigen. Ich werde Sie jederzeit zuverlässig vor diesen beiden ungezogenen Schulmädchen beschützen, wenn es nötig werden sollte. Verlassen Sie sich darauf ganz beruhigt, Mr. Steinberg!" Auch das war Naturschema. War einem Mann nichts vorzuwerfen, so wurde er von anderen Frauen in Schutz genommen, wenn die einen Frauen ihm gegenüber zu weit zu gehen drohten. Es war ein echter Rüffel gewesen, den Mrs. Henderson ausgeteilt hatte, bevor das Ganze womöglich böser werden konnte. Entgleisungen im Sozialverhalten wurden sofort im Keim erstickt. Mrs. Henderson achtete nicht nur darauf, dass Steinberg lieb war, sondern ebenso darauf, dass alle lieb zu ihm waren, solange er selbst auch lieb war. So gewann sie Steinbergs Vertrauen und Zuneigung, denn so begriffen Steinbergs Gefühle, dass sie es gut mit ihm meinte.

 

Steinberg: "Mrs. Henderson, unter Ihrem Schutz fühle ich mich absolut sicher, und dafür danke ich Ihnen sehr. Ihre Entschuldigung möchte ich aber als unnötig zurückweisen. Seinen Stolz behält ein Mann auch dann, wenn er gefesselt ist. Mit Mrs. Downing werde ich die Angelegenheit selbst klären, sofort nachdem ich ihr Mann sein werde. Was Mrs. Shelton betrifft, so bin ich ihr für ihr Eintreten überaus dankbar. Wie alle Texaner hat sie ein goldenes Herz, Mrs. Henderson. Aber alle Texaner haben Angst, dieses Herz ganz zu zeigen. Sobald sie herzensgut waren, meinen sie, das Gegenteil von Herzlichkeit nur zum Scheine zeigen zu müssen. Mehr war das nicht aus meiner Sicht, Mrs. Henderson. Das lag nicht an den Frauen, das lag an Texas. Daran werde ich mich ohnehin gewöhnen müssen, wie es aussieht, oder welche Alternative sehen Sie, Mrs. Henderson?"

Im Zuge der Umdrehung von böse auf lieb erfolgte sofort eine vollständige Umsetzung der rationalen Fähigkeiten auf das neue Schema, Steinberg hatte seinen Charme mitgenommen. Mrs. Henderson konnte ihm keine Alternative nennen. Der Mann einer Frau war im Naturschema mit jeder ihrer Herzensfreundinnen in permanentem rituellen Kampf, sobald sie sich nur sahen. Es ging gar nicht anders. Nicht etwa, weil man sich böses wollte, sondern, weil man sich immer wieder beweisen musste, dass man sich nichts böses wollte. Zwischen Steinberg und Mary Shelton konnte es gar nicht anders laufen als zwischen Robert Henderson und Mary Shelton. Instinktiv hatte Steinberg erkannt, womit er Shelton angreifen konnte, ohne sie zu verletzen. Sollte sie zu weit zu gehen drohen, dann brauchte er nur zu sagen: "Mary , ich habe Dich trotzdem lieb. Die ganze Welt weiß doch, dass Euch Texanern manchmal etwas Sensibilität fehlt. Darum habe auch ich dafür Verständnis, für seine Herkunft kann schließlich niemand etwas." Sofort würde jede Situation damit auf ein Kampffeld umgelenkt, auf dem keiner von beiden dem anderen weh tun konnte. Indem beide das Spiel aufnahmen, zeigte jeder dem anderen, dass er ihm gar nicht weh tun wollte, jeder Ã"rger verflog, und man begann zu scherzen. Natürlich zog die Masche nur solange, wie Shelton keinen wahren Grund zum Ã"rger über Steinberg hatte, sonst hätte sie das Spiel zunächst abgelehnt.

Mrs. Shelton: "Mr. Steinberg, wir Texaner würden niemals jemanden fragen, ob er aus Texas komme. Denn wenn jemand aus Texas kommt, dann sagt er es mit berechtigtem Stolz von ganz allein, auf der ganzen Welt. Sagt jemand es nicht, dass er Texaner sei, dann ist er keiner. Warum sollten wir den armen Menschen dann noch demütigen, indem wir ihn das zugeben lassen? In Wahrheit gehen wir also sehr sensibel mit nicht Texanern um, wir beiden werden schon klarkommen, Mr. Steinberg."

Mary Shelton signalisierte kurz, dass sie das rituelle Schema aufzunehmen bereit war, damit

akzeptierte sie Steinberg als Mann ihrer Herzensfreundin ihm gegenüber.

 

Steinberg: "Das werden wir ganz sicher, Mrs. Shelton. Aber ich muss Sie warnen: Notfalls würde ich so lange vor Mrs. Downing und Mrs. Henderson weinen, bis Ihre Herzensfreundinnen mich vor Ihnen in Schutz nehmen würden."

Ist ein Ehepaar durch gegenseitige Herzensliebe miteinander verbunden, so gilt das auch für die Herzensfreundinnnen der Frau und den Mann der Frau, wenn natürlich auch anders. Steinberg hatte signalisiert: "Auch ich will Herzensfreundschaft mit Dir! Selbst wenn Du zu weit gehen solltest, dann werde ich Dir nichts tun, ich verlasse mich auch dann auf Deine Herzensfreundschaft, denn Deinen eigenen Freundinnen gegenüber wirst Du Dich dann erklären müssen." Über diesen Mechanismus war die Herzensfreundin der Ehefrau absolut sicher davor geschützt, dass der Mann womöglich aggressiv werden konnte. Das war für den Mann kein Verlust, denn von ihrer Herzensfreundin erwartete eine Frau auch zugeneigte Haltung gegenüber ihrem Ehemann, solange die gegenseitige Liebe in der Ehe stimmte. Zwischen diesen beiden Personen, Herzensfreundin und Ehemann, stand die Frau stets auf der Seite, die im Rechte war. Was sollte der Mann sich also mit der Herzensfreundin seiner Frau im Bösen streiten, wenn seine Frau ihm das so gern abnahm, falls es nötig wurde? Das System war primitiv und genial, über die unterschiedlichen Arten von Herzensbeziehungen wurde ideales Sozialverhalten automatisch erzwungen. Das empfand aber keiner so, weil sich alle dabei gut fühlten, es entsprach den Trieben.

 

Das "Du" würden Shelton und Steinberg sofort nach der biologischen Hochzeit von Steinberg und Downing austauschen, erst dann konnte Shelton Steinberg garantiert nicht mehr sexuell reizen, so dass sich insofern keine Konkurrenz mehr zu Mrs. Downing ergeben konnte. Selbst zwischen Herzensfreundinnen konnte es zum Kampf um den Mann kommen, solange der Mann innerlich frei war. Dass bedeutete keineswegs das Ende der Herzensfreundschaft. Nur in jeweils gleicher Weise schlugen beide sich von vorn mit flachen Händen auf den Rücken, so dass beide den gleichen Schmerz spürten. Die Frau, die den Mann nach ihren Gefühlen nötiger hatte, bekam ihn. Das wollten beide von Anfang an, wenn sie Herzensfreundinnen waren. Die Frau, die unter Schmerzdruck aufgab, obwohl sie alles gegeben hatte, verlor in dem Moment jedes innere Interesse am Mann, die Siegerin behielt ihr ganzes Interesse am Mann. Nach dem Kampf blieb der Mann zunächst links liegen, weil die Frauen zuerst das Ritual der Freundschaft untereinander vollzogen. Die Verliererin wünschte der Siegerin von Herzen Glück für die Ehe, die Siegerin bedankte sich demütig und wünschte ihrer Freundin von Herzen den nächsten Mann. Alles nur über die Augen, solange, bis sie sich weinend in die Arme fielen und sich gegenseitig ganz feste drückten.

 

Eine von ihrem Mann bereits geliebte Frau konnte ihren Mann aber jederzeit mit ihrer Herzensfreundin allein lassen, ohne dass es irgendwie schaden konnte. Die Freundin konnte den Mann sexuell nicht mehr reizen, weil er auf seine Frau vollständig fixiert war. Damit war sie selbst im Falle anderen Willens chancenlos, solange sie ihn nicht im wehrlosen Zustand massiv manipulieren konnte. Darüber dachte eine Herzensfreundin erst dann nach, wenn es keinen einzigen anderen Mann für sie geben konnte, weil man zu Dritt auf einer Insel war, für alle Ewigkeit. Im Extremfall hätte sie dann sogar die Herzensfreundin getötet, das wäre dann echte Notlage gewesen, die Sozialverhalten außer Kraft gesetzt hätte.

 

Mr. Steinberg hatte nicht nur Mary Shelton als Herzensfreundin seiner baldigen Frau akzeptiert, sondern auch zu erkennen gegeben, dass seine Instinkte im Notfalle auch bei Patricia Henderson Schutz suchen würden. Sie war unter höchstem Gefühlsdruck mit ihm so umgegangen, dass sie, ob er wollte, oder nicht, ihm innerlich zur "großen" Schwester wurde. Die Position der Mutter konnte nur einmal Platz im Männerherz finden, für eine weitere Herzensschwester war grundsätzlich immer Platz, wenn der Mann absolut kein sexuelles Interesse spürte. Ebenso natürlich für Herzenstanten, die altersmäßig nicht dem Mann, sondern seiner Mutter entsprachen, und entsprechend auch für Herzensnichten. Und das lag tatsächlich nur an der Frau. Interessierte sie sich selbst sexuell nicht für den Mann, dann konnte sie mit umgehen, ohne irgendwelche sexuellen Reize an ihn zu senden. Sandte eine Frau keine sexuellen Reize an einen innerlich ungebundenen Mann , was absolut in ihrer Hand lag, dann weckte sie kein sexuelles Interesse in ihm. Sie brauchte den Mann nur exakt so zu behandeln, als sehe sie selbst den Bruder, den Neffen oder den Onkel in ihm, dann reizte sie ihn sexuell nicht mehr, solange er nicht sozial verrückt war. Deshalb hatte Steinberg sich nicht in Patricia Henderson verliebt, obwohl er innerlich eine Frau suchte und herzliche Zuneigung zu Patricia Henderson aufbaute. Sie hatte ihm in seiner Lage kein einziges sexuelles Signal senden dürfen, sonst hätte er sich "rettungslos" verliebt. Seine Sehnsucht nach Liebe war unermesslich, als er Todesangst hatte, und mit jedem sexuellen Signal an einen Mann signalisiert die Frau seinen Gefühlen: "Dich will ich lieben, und von Dir will ich geliebt werden!".

Dass sich die Männer nicht verlieben konnten, stellte Patricia Henderson nicht nur durch Enthaltung sexueller Reize sicher. Die in nüchternen Worten ausgesprochene Drohung, den Mann im Falle auch nur einer einzigen Unartigkeit herzlos und grausam sexuell zu versklaven, vermasselte jedem Mann jedes sexuelle Interesse an einer Frau schlagartig, wenn er ihr die Durchsetzung eines solchen Vorhabens zutraute. Er würde ihr nicht einmal mehr nahe kommen wollen, solange er sich nicht sicher fühlte, dass sie diese Drohung nicht wahr machte. Unter Patricia Hendersons Augen würde Steinberg immer artig sein, das saß in jeder Weise ganz tief in ihm. Das gleiche galt für die Augen von Mary Shelton, die glaubhaft für sich beansprucht hatte, aus Steinbergs Sicht noch fürchterlicher sein zu können als der aktuell fürchterlichste Schrecken überhaupt. In seinem ganzen Leben würde Steinberg nicht darüber nachdenken wollen, was Henderson und Shelton mit ihm machen würden, sollte er nicht lieb zu Dorothy sein. Er wollte es gar nicht wissen, welche der beiden im Falle eines Falles wirklich noch fürchterlicher sein konnte als die andere.

Auch unter den Augen von Dorothy würde Steinberg immer lieb sein wollen. Dafür sorgte Dorothy, indem sie ihm das gab, was sie Jim nicht gegeben hatte, höchste Lust und Geborgenheit. Drei Frauen hielten die Gefühle Steinbergs absolut zuverlässig in Schach, und dabei fühlte er sich wohl. Patricia Henderson und Mary Shelton mochten ihn, gingen sehr gern lieb mit ihm um. Und Dorothy Steinberg gab sich die größte Mühe, es ihm in allem recht zu machen, auch in Sachen Lust und Geborgenheit. Das alles hatte Steinberg nur, weil er lieb war und alles tat, um Dorothy glücklich zu machen, auch in Sachen Lust und Geborgenheit. Billiger konnte es gar nicht gehen, denn all das machte ihm selbst Freude.

 

Steinberg fühlte sich im Himmel, der Schrecken der Angst wirkte nur noch absichernd, latent, nicht spürbar. Doch würde Dorothy einmal aus wahrem Herzen sagen: "Das ist aber nicht lieb von Dir!" Dann wäre Steinberg gleich dreifach geschlagen, sofort würde er Einsehen zeigen, vor Dorothy auf die Knie gehen und sie weinend um Verzeihung bitten, bis es ihr das Herz bräche. Und aus Liebe zu ihm würde sie ihm dann versprechen, niemandem ein Wort darüber zu sagen, auch nicht ihrer Herzensfreundin. Erst dann würde er wirklich beruhigt sein. Ihrer Herzensfreundin würde sie es dennoch anvertrauen, und die würde ihr sagen: "Richtig gemacht, Dorothy. Manchmal müssen sie etwas nach gebogen werden, so sind sie. Selbstverständlich werde ich es mir nicht anmerken lassen, dass Du es mir erzählt hast, Dorothy, darauf kannst Du Dich fest verlassen. Solange, wie Du ihn selbst im Griff hast... Aber dass er wegen solch einer Kleinigkeit meint, er müsse Angst vor mir haben..."

Und dann würde Dorothy sagen: "Er hat keine Angst vor Dir, er würde sich Dir gegenüber schämen. Es tat ihm einfach wirklich sehr leid." Dann würde ihre Herzensfreundin zum Beispiel sagen: "Nachdem Du drei Monate im Krankenhaus warest, Dorothy, solltest Du Dich ganz schnell darum kümmern, dass Du seine Liebe wieder sattelfest machst, das darfst Du nie vergessen!" Es war im Naturschema ein sicherer Beweis für emotionale Vernachlässigung des Mannes, wenn er nicht wirklich bei allem, was er tat und dachte, von ganzem Herzen auch liebevoll an seine Frau dachte. Solange Dorothy Steinberg glücklich machte, hatte er bereits deshalb keine Chance, aus dem Naturschema auszubrechen. Allein mit Dorothy hatte er bereits alles, womit er sich rundum wohl fühlen konnte. Vernachlässigte Dorothy ihn aber aufgrund von Krankheit oder gar plötzlichen Todes, dann wurde Rückfall auch durch Angst vor Shelton und Patricia Henderson verhindert. Henderson hatte ihre Drohung nicht aufgehoben, und Shelton war auch Patricia Hendersons Herzensfreundin, stand damit bei allem zumindest notfalls an ihrer Seite. Jedenfalls wurde eine Herzensfreundin hinsichtlich der Ehe einer Frau nur dann über die reine Beratung hinaus aktiv, wenn die Frau die Sache beim besten Willen nicht mehr allein regeln konnte.

 

Die Herzensfreundin knüpfte sich den Mann im Naturschema vor, wenn die Frau ihren Mann nicht mehr im Griff hatte. Zunächst versuchte die Herzensfreundin es über ihren eigenen Mann, der im Naturschema ein Freund des Mannes der Herzensfreundin war: "Entweder, Du knüpfst Dir Deinen sauberen Freund vor, und regelst die Sache vernünftig, oder ich mache es selbst!" Aus Rücksicht auf den Freund übernahm der Mann allerdings naturgemäß die Sache. So wurden Konflikte schonender geregelt und in die Gruppe verlagert, in der die Ursache zu suchen war. Alles lief in beide Richtungen gleich, ein unterdrückter Mann konnte seine Freunde mobilisieren, damit diese wiederum ihre Ehefrauen in der Sache mobilisierten. Dann knüpften die Frauen sich das weibliche Ungeheuer vor, um ihren Mann aus der Unterdrückung zu befreien. Doch nicht nur der überzogen stark auftretende Teil einer Ehe wurde gemaßregelt, sondern auch der andere. Der unterdrückte Partner erfuhr Tipps und moralische Unterstützung, wurde angetrieben. So wurden beide zu Ritualen hin gezwungen, die höchste gegenseitige Liebe an die Stelle von Asozialität setzten. Es wurde nicht lange gefackelt, die ganze Sippe hatte für unnötigen Stress und frustrierte Gesichter nichts übrig.

 

Die Regulierungssysteme waren so hocheffizient, dass grundsätzlich erst gar nichts anbrennen konnte. Nur in Notlagen kam es in der Natur überhaupt zu starken Abweichungen vom gesunden Pfad, und das wurde dann durch Rituale ausgebügelt. So gut es ging, bauten die Hendersons die natürlichen Regulierungssysteme nach.

Steinberg würde Mr. Hendersons Männerfreund werden, das war gar keine Frage. Und ihm würde er es auch beichten können, wenn er doch einmal nicht ganz so lieb gewesen sein sollte und Angst vor Mary und Patricia haben sollte. In dem Falle würde Robert Henderson ihn selbst an seine Ehefrau nicht verraten, würde aber sein bestes tun, Steinberg zur vollendeten Buße gegenüber Dorothy zu bewegen. Nur dann, wenn er Steinberg nicht mehr im Griff haben würde, dann musste er es seiner Frau Patricia sagen. Aber das wusste Steinberg jederzeit, insofern war er gewarnt. Und damit ging es ihm auch nicht anders als allen anderen.

Unbegrenztes Vertrauen gab es nicht - sobald jemand gemeingefährlich ausscherte, verlor er insofern den Anspruch auf Vertrauen, bis er wieder auf Kurs war. War er nicht auf Kurs zu bekommen, im Falle einer Hirnerkrankung etwa, dann wurde er ausgesondert, getötet oder unter Kontrolle gehalten. Das war Natur, Henderson hielt nichts von aussondern und töten.

 

Dorothy Steinberg und Patricia Henderson würden Herzensfreundinnen werden. Da Herzensfreundinnen wie Herzensfreunde sich unumwunden über Sex austauschten, würden die Steinbergs alles über das Sexualleben der Hendersons und die Hendersons alles über das Sexualleben der Steinbergs wissen. Ohne, dass es einen störte: Die Männer knobelten, wie sie die Frauen am besten glücklich machen konnten, die Frauen, was sie demnächst mit den Männern anstellen wollten. Solche Projekte beförderten die Lebensfreude. Rituell kämpften die beiden Männerfreunde auch im Doppel gegen ihre Ehefrauen, war man zu viert, dann war genau das die Regel. Überall, auch in der Ehe, wurde rituell gekämpft. Auch dafür lieferten einerseits die Männergemeinschaft, andererseits die Frauengemeinschaft die Rezepte. Kein Mann erfuhr höhere Lust als der, der seine Frau so bis zur Weißglut getrieben hatte, dass sie ihm absolut nicht böse sein konnte. Nur dann war sie zugleich maximal liebevoll und maximal entschlossen. Nach dem Schema: "Frauen sind ein Fehler der Natur, und auch Du bist eine Frau!" war es wichtig, absolut untaugliche Argumente zur Untermauerung weiblicher Fehlerhaftigkeit mit größtmöglicher Ernsthaftigkeit vorzutragen. Solange, bis in der Frau der zwingende Wunsch entstand, sich vom Manne ihren wahren Wert beweisen zu lassen.

Hatte sie ihm den Beweis für ihn lustvoll genommen, dann wollte sie selbst Lust von ihm. Dann war es durchaus in ihrem Interesse, den Mann liebevoll zu provozieren, damit er sein Bestes gab. Niemals hätte sie ihm sagen dürfen, irgendein anderer Mann könne sie womöglich besser beglücken, doch jederzeit konnte sie ihn ohne Verletzung provozieren, indem sie nachdenklich sagte: "Manchmal frage ich mich, ob Sex mit einer Frau nicht schöner wäre als mit einem Mann. Ich kann es mir nicht vorstellen, dass mich ein anderer Mann glücklicher machte als Du. Aber weißt Du, Frauen sind so unvorstellbar einfühlsam ... und Frauen machen alles so entschlossen... Es ist wirklich wunderschön mit Dir, das weißt Du auch, aber vielleicht könnte eine Frau ja noch mehr... "

Auf diesen Trick fiel der Mann immer wieder herein, auch wenn er ihn in- und auswendig kannte und ihn durchschaute. Darauf reagierte er instinktiv, so zwang die Frau ihn, sein Bestes für ihre Gefühle zu tun. Damit der Trick sicher funktionierte, behaupteten alle Frauen der Welt, Frauen seien einfühlsamer als Männer und würden entschlossener handeln. Höchstens unter Folter würde eine Frau sich anders äußern, so dass die Männer sich niemals wirklich sicher fühlen konnten, dass Frauen nicht auch ganz ohne sie auskommen würden.

Es war absoluter Blödsinn, dass eine Frau eine andere Frau auch nur ebenso glücklich machen konnte wie ein Mann im Rahmen gegenseitiger Herzensliebe, das wusste Robert Henderson normalerweise ganz genau. Doch sobald Patricia Henderson begann, in diese Richtung zu sinnieren, spürte Henderson Zweifel. War es wirklich zu 100% ausgeschlossen, dass Frauen einfühlsamer und entschlossener waren? Oder hatte er in seinen Rechnungen irgendeinen Fehler? Nicht einmal Patricia hätte ihm helfen können, auch sie konnte natürlich nicht wirklich exakt vergleichen, ob sie Geschlechts bedingt einfühlsamer und entschlossener war als Männer. Außerdem belog sie gerade ihren geliebten Mann an der Stelle instinktiv, indem sie die allgemeine Position der Frauen besonders entschlossen bezog.

 

Rituelle Kämpfe waren mehr als das halbe Leben einer Sippe: Jeder gegen jeden, jede Gruppe gegen jede Gruppe und sogar jeder gegen sich selbst - Humor in eigener Sache ist Selbstritual gegenüber anderen. Der hohe Aufwand der natürlichen Gruppendynamik fiel nur deshalb nicht auf, weil er nicht als Arbeit empfunden wurde, wie Robert Henderson wusste. Seine Abteilung war nicht deshalb so gut, weil die effektive Arbeitszeit pro gezahlter Stunde so hoch lag, sondern, weil man die Dinge richtig anfasste.

 

Das Faszinierendste am Sozialnetz der Herzensbeziehungen schien Henderson der Umstand, dass die Strukturen immer dahin führten, dass letztlich absolut alle gegen einen uneinsichtigen Sündenbock gestanden hätten, egal, wer der Sündenbock gewesen wäre. Die stärkste Liebe war die Liebe zur Gerechtigkeit. Wie eine Schlange zog sich der ganze Rest einer Sippe um jeden, der asozial auch nur zu entgleisen drohte, um ihn mit möglichst sanftem Druck wieder fest auf die Schienen zu bekommen. Das System war perfekt.

 

Mary Shelton erklärte der Dorothy Downing in der Küche, dass der Mann zwar jederzeit Geborgenheit, aber niemals Lust von der Frau verlangen durfte. Um Lust durfte er nur bitten, die Frau war seine Göttin der Lust. Sie gab ihm, was er sich durch Liebe verdiente. Hatte sie ihm Lust gegeben, dann war ihr anschließend zwingend selbst nach Lust zumute. Dann gehörte das Feld dem Mann, dann hatte sie zu bitten, dann war es seine Sache, wie er ihr die Lust gab. Mary Shelton wusste, dass diese natürliche Sexualschema der Grund war, weshalb der Mann immer Lust auf Lust, die Frau aber nur unter bestimmten Umständen Lust nach Lust hatte, nämlich immer erst dann, wenn sie gerade selbst Lust gegeben hatte. Damit lag es jederzeit in der Hand der Frau, den Mann im Guten zu beherrschen:" Komm, und sei lieb zu mir!"

Ausnahmen gab es in Fällen einseitiger Abhängigkeit der Frau, dort konnte es auch anders funktionieren, aber niemals in gesunden Beziehungen. Der Mann erfuhr seine Lust, indem die Frau ihm den Beweis abnahm, wie sehr er sie begehrte. Sie machte ihn immer erst scharf, bevor er kosten durfte. Nichts, aber auch gar nichts bekam er, ohne dass er nach dem Empfinden der Frau hinreichendes Begehren spüren ließ. So stellte sie sicher, dass er sie zu schätzen wusste, ganz tief in seinem Herzen.

Und sie forderte ihm zuletzt ab, ihr zu beweisen, mit welcher Macht seine Zunge gegen ihre Hand kämpfen konnte, um ungehinderten Zugang zu ihrer Vagina zu haben. Bis zum höchsten Eifer trieb sie seinen Kampf, liebevoll, aber entschlossen, erst dann durfte er ungehindert saugen und lutschen. In dem Moment erlebte der Mann den Höhepunkt seines Lustrausches, damit gehörte sein Herz der Frau. Das meinten Männerherzen, wenn Männer eine Frau "vernaschen wollten". Wenn die Frau sich das Herz des Mannes so gesichert hatte, dann wollte sie sich ihm hingeben, nur dieses Schema war im Grunde bekannt: Der Kopulationsakt. In der Natur ausschließlich männlich dominant betrieben, wurde er längst männlich oder weiblich dominant betrieben, seitdem die erste Stufe des Naturverfahrens nicht mehr praktiziert wurde. Verlieben konnte sich aber stets nur einer, die partnerschaftliche Katastrophe war programmiert. Das war im Naturverfahren unmöglich, das Unentschieden war das sichere Ergebnis.

 

Mary Shelton erklärte Mrs. Downing auch, woran eine Frau es sieht und spürt, was ein Mann fühlt. Sobald Mrs. Downing Steinberg den Beweis seiner Liebe abgenommen hatte, durfte er von seinen Fesseln befreit werden, dann würde Dorothy Downing sich ihm hingeben. Er würde dann absolut alles mit ihr machen dürfen, und sie brauchte dennoch nicht die geringste Sorge zu haben. Er würde nur vor dem Hintergrund tiefster Herzensliebe mit ihr umgehen. Mary Shelton machte der Dorothy Downing klar, dass es ganz und gar darauf ankomme, Steinbergs Eifer zum Höchsten zu treiben, bevor er dann beliebig genießen durfte. Nur dann funktionierte es wirklich, dann aber bombensicher.

 

Wäre Jim Downing nicht so sehr mit seinen eigenen Sorgen beschäftigt gewesen, dann hätte ihm auffallen können, dass Kelly Davis die Frau von Robert Henderson war. Robert Henderson war vertrauensselig geworden, sonst wäre es ihm garantiert nicht unterlaufen: So begeistert, wie er seinem Freund Jim Downing Kelly Davis beschrieben hatte, sprach ein Mann nur über die Frau, die er wirklich liebte oder zur Frau begehrte. Auch Henderson war nur ein Mensch.

Davon, dass man Rita Jenkins ähnliche Bilder gezeigt hatte, wie Kelly Davis dem Steinberg, war Henderson überzeugt. Auch Rita Jenkins war in Rekordzeit emotional auf den Boden der Tatsachen gebracht worden, obwohl auch sie größten Schrecken als Täterin kannte und hart geschult war.

Nach üblichen Maßstäben hätten alle Beteiligten lebenslange Haftstrafen bekommen müssen, doch nach den Ritualen würden sie zu 100% geläutert sein. Nichts würde ihr Einstellungsmuster von dem eines Menschen unterscheiden, der niemals gefehlt hatte. Das Urvertrauen war in jedem Menschen jederzeit vollständig reproduzierbar, solange keine hirnorganischen Defekte insofern vorlagen. Dafür brauchte man im Prinzip nur Liebe, doch ohne sie war man machtlos. Die offiziell organisierte Psychiatrie war für Henderson eine untaugliche Seifenblase der Satanisten, sonst absolut nichts. Die Psychiatrie pfuschte an den Symptomen und erzielte bestenfalls oberflächliche und geringfügige Besserungen. Mehr wollte die Psychiatrie auch gar nicht, so war es im Sinne der Satanisten. Das ganze offiziell organisierte System lag inoffiziell in den Händen der Satanisten, darum war es so unmenschlich und so marode, so durch und durch verlogen und verfault.

 

Robert und Patricia Henderson gehörten zu dem weltweiten Team derer, die den Schlüssel zur Auslösung der Apokalypse gefunden hatten. Jeden Satanisten konnte man nun prinzipiell genau so umdrehen, dass er im Normalfall ein friedlicher Zeitgenosse war, durch Umschaltung aber dazu gebracht werden konnte, exakt so böse, wie er als Satanist mit anderen umgegangen war, nun mit Satanisten umzugehen. Damit stand den Antisatanisten grundsätzlich das vollständige Kampfarsenal der Satanisten zur Verfügung, um die Satanisten zu bekämpfen. Diesen Krieg konnten die Satanisten unmöglich gewinnen, aber Henderson konnte abschätzen, in welchen Größenordnungen der Schrecken zwangsläufig toben musste. Es bestand kein Zweifel für Henderson, das war die Apokalypse.

 

Robert Henderson wollte die Katastrophe nicht, und er hasste keinen einzigen Menschen auf der ganzen Welt mehr als Charles S. Eaglestone. Patricia Henderson wollte die Katastrophe auch nicht, und sie hasste keinen einzigen Menschen auf der ganzen Welt mehr als Kelly Davis. Doch beide waren zu absolut allem bereit, sobald es ihnen nötig schien, um den Satanismus zu stoppen. Beide wussten, dass man Schrecken unter gar keinen Umständen treiben lassen darf, wenn man ihm nicht ganz zum Opfer fallen will. Und dass sie selbst im Team ganz vorn dabei waren, lag nicht zuletzt auch daran, dass sie an möglichst verantwortungsbewusstem Einsatz eigenen Schreckens interessiert waren. Sie operierten nicht an der Grenze von Gut und Böse, nicht dort, wo das eine soeben ins andere übergeht, sondern an der Grenze von herzensgut zu absolut böse. Beide wussten ganz genau, wohin es führen musste, wenn an dieser Grenze die falschen Leute sitzen würden. Es gab nicht wenige, die die Apokalypse längst ausgelöst hätten, doch die Hendersons hielten eine Kombination von viel Zucker mit möglichst wenig, aber nicht zu wenig Peitsche für das Reformkonzept. Jedenfalls dann, wenn sie die Hendersons waren. Charles S. Eaglestone oder Kelly Davis hätten anders geurteilt.

 

Doch Kelly Davis hin und Charles Eaglestone her, wussten die Hendersons, dass es auf das Gesamtkonzept ankam. Die Umdrehungen der Downings, von Rita Jenkins und Steinberg waren nur ein kleiner Mosaikstein in einem auf verschiedenen Ebenen wirksamem Konzept. Neben Hexenjägern nach dem Henderson-Schema gab es auch andere wirksame Gegner der Satanisten. Zunächst waren die Satanisten natürlich ihre eigenen Feinde, weil sie sich selbst und auch gegenseitig fertig machten, innerhalb von Strukturen, aber auch zwischen rivalisierenden Bündnissen. Untereinander wollte man es zwar nicht wirklich darauf ankommen lassen, aber man kämpfte subtil und das auch im Verborgenen bis hin zu Mord und Folter. Hexenjäger ordneten zudem auch arabische Terrorvereinigungen als satanistisch ein, wegen ihrer gesellschaftlichen und politischen Vorstellungen. Die aber waren auch Todfeinde der westlich geprägten Satanisten.

 

Dann gab es noch ein Heer an Schläfern, die aus ihren Positionen heraus bereits subtil Widerstand leisteten und den Satanisten dadurch die Sache schwer machten. Selbst in Konzentrationslagern hatte man inneren Widerstand nur solange absolut im Griff gehabt, wie die SS direkt in Sichtweite war. Mehr war einfach nicht zu machen, auch wenn es den Satanisten noch so wenig passen mochte. Absolut alles, was Satanisten an Knechtschaftsdruck erzeugten, war stets und immer Potential für inneren Widerstand. Das war führenden Köpfen auf allen Seiten klar. Manche meinten dazu, es sei besser, den Knechtungsdruck durch Sabotage zu erhöhen, als es den Satanisten zu gestatten, ihre Macht durch zusätzlichen Knechtungsdruck auszubauen. Vereinfacht gesagt: Je schneller alles den Bach heruntergehen würde, ohne dass die Satanisten davon etwas hätten, desto besser. Über dieses Mittel schwächte man einerseits die Satanisten, andererseits erhöhte man das latente Potential gegen sie. Es ist Naturgesetz, dass latentes Potential nicht beliebig gesteigert werden kann, ohne dass es zu einer Entladung kommt. Und wie individuell beim Menschen, wo es stets darum geht, Gefühlsdruck soweit zu steigern, dass eine Wirkung schlagartig erreicht wird, verhält es sich auch bei anwachsendem sozialen Druck. Lange zeigt sich kaum Wirkung, dann fliegen die Fetzen von einem Moment auf den nächsten. Die ganze Menschheit ist ein Organismus.

 

Die Satanisten hatten also ein paar Probleme. Selbst ohne bewussten Widerstand auf Seiten der Menschen waren Satanisten nicht fähig, Herrschaft über den Menschen zu maximieren, ohne den Menschen auf breiter Front zu einem Halbidioten zu machen. In den USA wusste der normale Schüler kaum noch, ob die Erde eine Scheibe oder eine Kugel war, noch weniger, woran es lag, dass er sich erbärmlich fühlte. War ihm persönlich nach Apokalypse zumute, dann griff er in den meisten US-Bundesstaaten einfach in Vaters Waffenschrank, wenn er nicht bereits eigene Schusswaffen hatte. Das ging dann um die Welt, aber nur das. Die vielen anderen, die auf dem Wege waren, apokalyptisch zu wirken, das latente Potential, das konnte man nur sehr behutsam vor Ort erforschen. Henderson kannte die Ergebnisse solcher Studien, sie waren in fürchterlicher Weise erschreckend. Satanistische Herrschaft schaltete den menschlichen Verstand auf beiden Seiten aus, oben und unten, immer mehr.

Doch selbst die absolute Herrschaft idiotischer Satanisten über einen Idiotenmenschen wollte man den Satanisten nicht gestatten, es gab bewussten Widerstand. Und der hatte letztlich unbesiegbare Mittel zur Hand.

 

Dabei hatten diejenigen das zuverlässigere Konzept gegen den Satanismus, die den Punkt der Entladung von Knechtungsdruck ansteuerten. Der Punkt musste zwangsläufig kommen, die darauf zielende Strategie konnte grundsätzlich nicht fehlen. Was die Sache aus Hendersons Sicht so wenig beglückte, war der Umstand, dass nicht der geringste Zweifel daran bestehen konnte, dass auf diesem Wege fürchterliche Taten von Menschen an Menschen zu erwarten waren. Man würde Prominente Satanisten nicht anders behandeln als zu Zeiten der Inquisition, nicht nach Gerichtsurteil, sondern, Ruck-Zuck, nach den Gefühlen aufgebrachter Menschen, die einerseits halb verblödet, andererseits Mords wütend waren. Politiker, Richter, Polizeibosse - das waren Berufsgruppen mit hohem Satanistenanteil. Sollte das schlagartig als Wahrheit ins Volksbewusstsein rücken, so war die unmittelbare emotionale Folge die völlige innere Ablehnung des Rechtssystems. Dann herrschte nicht Anarchie, sondern Anomie, Gesetzlosigkeit. Zugleich würde sich Knechtschaftsdruck akut und vollständig in Hass und Aggressionsbereitschaft umwandeln. Dann war jeder sofort geliefert, den man als Schuldigen erkannte, dann holte man die Täter von dort, wo sie gerade waren, knüppelte sie tot oder hängte sie an Straßenlaternen auf. Das lief dann instinktiv.

 

Irgendwann musste der Punkt bei steigendem Knechtungsdruck kommen, es war Naturgesetz, dass latentes Potential nicht beliebig gesteigert werden konnte, ohne den Zustand der Latenz zu verlassen. Doch dass es bis zum Ã"ußersten gehen könnte, war unwahrscheinlich, wie Henderson wusste. Natürlich war das satanistische System auf allen Seiten im Grundsatz bekannt, es war einfach zu primitiv aufgebaut und hielt an keiner Stelle wirklich dicht, weil Satanisten sich bereits durch typische Verhaltensweisen outeten. Der Umstand, dass das satanistische System im Grunde allen Seiten bekannt war, bedeutete für Henderson, dass er sich ausrechnen konnte, was den anderen einfallen würde. Die satanistische Organsisation war eine Pyramide, die auf Stabilität und Funktionalität all ihrer Stufen angewiesen war. Dabei wäre ein Schlag gegen ihre Spitze das geringste Problem der satanistischen Organisation gewesen, denn die Spitze war sehr leicht austauschbar.

 

Schläge gegen die Basis wiederum würden - sofern kein Exempel zu statuieren war - nur zu unbedeutsamen Verlusten auf Seiten der Satanisten führen. Damit lag das Angriffsinteresse im mittleren Bereich der Pyramide, der einerseits für die Führung des Unterbaues bedeutsam war, andererseits eine starke Bedeutung bei der Ausführung aller möglichen Funktionen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft hatte. Nur eine Stufe musste man in Schrecken und Panik versetzen, schon brach der Kopf der Pyramide vom Unterbau weg. Insider wussten, dass längst in beide Richtungen hin- und hergemordet wurde, zumeist so, dass es in keiner Mordstatistik auftauchte. Nur zu bereitwillig wurden Freitod, Unfall oder natürlicher Tod als Ursache bezeichnet, wenn es nach wirklich mysteriösen Hintergründen aussah, von denen die Öffentlichkeit im Interesse der Satanisten nichts erfahren durfte. Das verschonte auch die Hexenjäger vor öffentlicher Anklage, denn das Eingeständnis ihrer Existenz wäre schließlich nicht möglich gewesen, ohne zugleich den Satanismus in den Blickpunkt öffentlichen Interesses zu stellen.

 

Das schlimmste Szenario unterhalb der Apokalypse war für Henderson, dass Antisatanisten der westlichen Länder gemeinsam mit Satanisten aus anderen Lagern, etwa aus dem Nahen Osten, vorgehen könnten. Die Intelligenz und das Know-How der Anarchisten gepaart mit den unzähligen "Märtyrern" und dem unermesslichen Geld mancher Fundamentalislamisten konnten die satanistische Organisation binnen weniger Wochen so massiv schlagen, dass ihre Funktionalität vollständig zusammenbrach. Auf keiner Ebene verfügten die Satanisten über Menschen, die wirklich entschlossen waren, wenn es ernst wurde. Spätestens bei näherem Überlegen fiel es jedem von ihnen ein, dass er in Wahrheit nicht wusste, weshalb er seinen Kopf für den Satanismus hinhalten sollte - wenn nicht aus Angst. Angst motivierte aber immer nur solange, wie dem keine noch größere Angst entgegenstand. Damit musste man nur für noch größere Angst sorgen, dann brach die satanistische Motivation zusammen. Mit "geräuschlosen" Morden wiederum konnte man dem Mittelbau genau die wichtigsten Mitglieder entziehen. Ein Autounfall hier, eine karzinogene Vergiftung dort, ein kleiner Bootsunfall bei einer Partie zu Dritt - das Leben eröffnete dem praktisch ungestraften Morden viele Gelegenheiten, auf allen Seiten. Wie man laut oder auch geräuschlos mordete, wusste man auch auf allen Seiten, und die klügsten und kreativsten Köpfe wussten es am besten. Noch behielten sie es für sich, doch Henderson wusste, dass manche bereits über anderes nachdachten. Absolute Schreckenswaffen im Kleinformat standen für Angriffe aus sicherer Entfernung zur Verfügung, dabei waren die Produktionskosten vergleichsweise lächerlich.

 

Heimtückisch, grausam und gnadenlos wirkten sie, manche gezielt lethal, manche gezielt so, dass es meistens nicht lethal, aber mit fürchterlichen Verletzungen ausging. So schaffte man lebende Exempel, damit konnte man die Daumenschraube um den Daumen der Satanisten legen. Die Chance der Satanisten, zu einem hinreichenden Abwehrsystem zu finden, lagen bei absolut null, denn der satanistische Mittelbau war nicht permanent unter Personenschutz zu halten, die Angreifer konnten aus dem Vollen schöpfen. Im Gesamtkontext war das also das Szenario, mit dem Henderson rechnete: Gut inszenierte Anschläge auf einen Mittelbau, solange, bis dieser zusammenbrach und bereit war, umzuschwenken. Dabei war es nicht einmal nötig, dieses Vorgehen sofort flächendeckend auf der ganzen Welt zu praktizieren. Antisatanisten aller Länder konnten sich auf bestimmte regionale oder nationale Angriffsgebiete verständigen, heute auf diese, morgen auf jene. Mit minimalem Einsatz für alle konnte so weltweit Angst und Schrecken unter Satanisten verbreitet werden. Was anschließend kam, lag dann daran, wer den Drücker in dieser Lage in der Hand hatte. Höchstwahrscheinlich war es nichts Gutes, davon war Henderson überzeugt. Die Verbrechen der Satanisten waren keine gute Reklame für sie, ihnen stand zum Teil blanker Hass gegenüber. Zudem waren die Feinde der westlichen Satanisten nicht unbedingt besser als die westlichen Satanisten selbst, so dass ein Machtfluss in deren Hände auch nicht sinnvoll sein konnte. Doch solche Dinge hatten in der Geschichte niemals gezählt, wenn verschiedene Parteien sich einig waren, dass eine andere Partei sie alle bedrohte. Ob Napoleon, ob Hitler, wer die Hand nach ganz Europa ausstreckte, hatte stets alle gegen sich, die er nicht fest an der Kette hatte. Anarchisten, Linksterroristen, Hexenjägerorganisationen aller Coleur und Fundamentalislamisten waren aber zwangsläufig Gruppen, die wirklich niemand an seine Kette bekommen konnte. Damit war es nur eine Frage wachsenden Unmuts über die Westsatanisten, dass diese Fraktionen gemeinsames Vorgehen planten und umsetzten. Wie auch immer, doch zweifellos genial durchdacht und geschickt und beherzt ausgeführt. Die absolute Elite des Weltterrorismus würde zur Bekämpfung der Westsatanisten entstehen.

 

Bereits das internationale Echo auf den 11. September 2001 hatte deutlich gemacht, dass es weltweit durchaus auch den Wunsch gab, dem Skull & Bones-Satanismus gegen große Teile des amerikanischen Volkes und den Rest der Welt auch mit härtesten Mitteln zu begegnen, sogenannte "Kollateralschäden" inbegriffen. Die Anschläge in Spanien und Großbritannien hatten nicht nur zu Hass auf die Täter geführt, sondern auch zu Hass auf die Politiker, die den Tätern aus deren Sicht den Grund geliefert hatten. Der Irak-Krieg war moralisch längst zu einem zweiten Vietnam geworden, der politische Teil übertraf "Watergate" längst um Zehnerpotenzen. Amerikanische Verluste wurden in vielen Teilen der Welt bejubelt und führten in den USA zu Hass auf die Skull&-Bones-Satanisten, die Verarmung produzierten und ausnutzten, um Menschen in Kriegen verheizen zu können. Die Haltung der Völker gegenüber einem anti-satanistischen Terrorismus konnte gar nicht im Sinne der Satanisten sein, wahre Aufklärung über den Satanismus konnte durchaus Gegenteiliges wahrscheinlich machen. So mancher, der sich ohnehin umbringen wollte, konnte seinem Leben noch einen Sinn geben wollen, indem er sich zum Märtyrer machte. Einen Krieg gegen Satanisten würden viele als heilig betrachten können, das stand nicht zu bezweifeln.

 

Abgesehen von den Anarchisten konnte sich zudem sonst niemand vorstellen, dass Satanisten nicht unveränderbar schlecht, sondern lediglich sozial absurd eingestellt waren. Nur Anarchisten hatten das ganze Wissen über den Menschen, wussten, wie über Gefühlsbeherrschung jedes beliebige Einstellungsmuster in jedem beliebigen Menschen durch jedes beliebige andere ersetzt werden konnte. Wahre Läuterung war nicht einmal ein Kunststück. Doch das war tatsächlich nur den Anarchisten klar, sonst wusste es niemand wirklich. Damit galten die Satanisten den Spitzen aller anderen ihrer Gegner als Ungeziefer, das man ausrotten musste, als entarteter Abschaum der Menschheit. Die Satanisten hatten entsetzliche Feinde, viele von ihnen freuten sich schon lange auf den Tag einer grausamen Abrechnung. Und immer größer wurde die Zahl derer unter ihnen, die zu allem entschlossen waren.

 

Die Satanisten hatten ein Riesenproblem am Hals. Und manche unter den Satanisten hatte dieses Problem tatsächlich schon begriffen. Robert Henderson und Patricia Henderson waren nach wie vor Satanisten. Ihre höchste Verpflichtung nach der Ehe galt ihrem Bund. Eine der vielen Ausnahmen, die Satanisten zaghaft in Einzelfällen machten, um Knechtungsdruck zur Steigerung der kreativen Intelligenz zu reduzieren. Die kreative Aufgabe der Hendersons bestand darin, eine Reformierung des Gesamtsystems so anzusteuern, dass der Entladungsdruck auch für die schlimmsten Mörder unter den Satanisten verträglich abgebaut werden konnte. Reformbereite Satanisten unterstützten die Hendersons, während andere zum Teil getäuscht und zum Teil durch Schrecken und Terror in Schach gehalten wurden. Die Fronten verliefen längst nicht mehr so ganz klar, und galt die höchste Verpflichtung der Hendersons nach der Ehe auch den Satanisten, so war die Ehe der Hendersons doch anarchistisch. Das hatte natürlich auch Außenwirkung. Niemals hätte Robert nach außen etwas getan, was Patricias Wohlgefühl getrübt hätte, und das galt auch umgekehrt. Damit war die Verpflichtung gegenüber den Satanisten nichts anderes als eine Erklärung des Wohlwollens, mir reformbereiten Kräften zu kooperieren.

 

Auf der Seite der Jäger suchten die Hendersons ebenfalls die reformbereiten Kräfte zu unterstützen, und im Grunde saßen die Hendersons mit allen in einem Boot, die eine vernünftige Perspektive für alle wollten.

 

Selbst gemordet wurde kreuz und quer. Wollte ein Satanist den Hendersons im Bösen zu nahe kommen, so wurde er deshalb nicht seltener von anderen Satanisten umgelegt als von Hexenjägern, und tatsächlich war Steinberg junior auch von dieser Seite bedroht gewesen.

Henderson wusste ganz genau, welche Satanisten letztlich ein Auge auf ihn hatten. Es waren natürlich solche, die Henderson jedenfalls auf seiner Seite wusste. Darin war er sich ganz sicher, denn schließlich hatte er sie selbst auf seine Seite gebracht. Und diesen Satanisten war es sogar sehr recht, dass die Hendersons auch bei den unmittelbar gefährlichsten Feinden der Satanisten, den grausamsten Hexenjägern, mitmischten. Die Hendersons gaben ihr Bestes, die gutwilligen Kräfte in beiden Lagern aus allen Schusslinien herauszuhalten. Das funktionierte im Grunde wie von allein, denn weder die einen noch die anderen wollten in wahrer Angst um ihre eigenen Leben und die ihrer Angehörigen leben. Man konnte es mit dem Grabenkrieg an der Westfront im ersten Weltkrieg vergleichen, wo die Soldaten auf beiden Seiten schnell begriffen, dass sie nur eine Chance des Überlebens hatten: Sie mussten am Feind vorbeischießen, dann schoss er auch an ihnen vorbei, wenn er klug war. So klug war sehr schnell jeder, notfalls erklärten seine Kameraden es ihm auch sehr eindringlich. Wer dann noch unbedingt töten wollte, wurde von seinen eigenen Leuten umgelegt. Man ließ ihn "verunfallen" oder "im Kampfe gegen den Feind" sterben.

 

Noch hatten nicht alle gemerkt, was und wem die Stunde zu schlagen drohte. Wie immer in solchen Fällen begannen die Auflösungsprozesse an der Spitze, konkret bei denen, die klüger waren als die anderen. Während der dumme Teil der Führung und das Fußvolk von der eigenen Unbesiegbarkeit nach wie vor überzeugt waren, packte ein Teil der Führung vorsorglich schon die Koffer und sandte klammheimlich Freundschaftsgesten an den erklärten Feind. Auch das war nicht neu. Als Nazi-Deutschland im klaren Untergang befindlich war, hatten vormalige SS-Bluthunde plötzlich Herz für Juden gezeigt. Der Oberste SS-und Polizei-Führer Dänemarks, Dr. Werner Best, hatte die Massenflucht der dänischen Juden nach Schweden inspiriert und wohlgefällig geschehen lassen. Aber zum selben Zeitpunkt tobte eben auch noch der irre Eichmann, der bis zuletzt jeden von ihm fassbaren Juden unbedingt umbringen wollte. Der Abgang des reinen Satanismus zeigte nicht zufälligerweise Parallelen zum Abgang des SS-Reiches Heinrich Himmlers, wie Henderson wusste. Die SS-Ideologie von Herrenmenschen, Sklaven und unwertem Leben war die Ideologie der Satanisten.

 

Die Hendersons wussten nicht nur, wie man Individuen zu manipulieren hatte, sondern auch, wie Organisationen manipuliert werden konnten. Wie sie Leuten Angst machen konnten, wussten die Hendersons. Wie sie Leuten Angst nehmen konnten, wussten sie auch. Wie sie Leuten Wohlgefühl vermitteln konnten, wussten sie auch. Es gab keine Mauer versteinerter Herzen, aus der sie nicht ein Herz nach dem anderen heraus und warm zum Schlagen bekommen hätten.

 

Mit größtmöglichem Geschick war es den Hendersons gelungen, dort, wo sie antraten, beide Seiten in die Richtung gemeinsamen Vorgehens zu manipulieren, es war eine große Ehe, an der sie schmiedeten. Doch sie hatten nicht mehr viel Zeit.

 

Mr. Steinberg senior selbst hatte den Auftrag erteilt gehabt, seinen Sohn aus allen Schusslinien zu bringen. Ein Schlaganfall hatte Steinberg senior in den Rollstuhl gebracht. Das bewegte sein Denken. Ihm war klar gewesen, dass es nicht mehr bis an das Lebensende seines geliebten Sohnes gut gehen konnte, sein Sohn konnte immerhin noch 50 oder mehr Jahre leben. Und Steinberg junior war bereits im Visier der Jäger, und auch Satanisten waren nicht immer glücklich über ihn.. In seiner Arroganz war er zu unbedachten Ã"ußerungen geneigt, die sensiblen Geistern alles sagten. Damit war er höchst gefährdet, solange er auch noch meinte, sich nahezu unbesorgt in der Welt bewegen zu können. Solche Dinge kann kein Vater dem Sohn ausreden, wenn er erwachsen ist. Also ließ Steinberg senior sich etwas anderes einfallen.

 

Keine einzige Hexenjägerorganisation vergriff sich an geläuterten Ex-Satanisten. Mit Rita Jenkins, Jim Downing und Dorothy Downing hätten die Hendersons nie in der beschriebenen Weise zu tun gehabt, hätte Steinberg nicht nach allen Seiten geräuschlos umgewandelt werden sollen. Rita Jenkins wäre uninteressant gewesen, wäre Jim Downing nicht Hendersons Vorgesetzter gewesen. Andere Sklaven von Rita Jenkins hatte man den bösen Satanisten zur Hirnwäsche überlassen. Dorothy Downing war nötig, um Steinberg sicher und ruhig in den Griff zu bekommen. Steinberg senior hatte die Umwandlung seines Sohnes gegen dessen bewussten Willen erbeten gehabt. Kein einziger Satanist hätte sich - außer unter akuter Androhung von Todesfolter - selbst umwandeln lassen wollen. Im Nachhinein sagte jeder, dass er sich dabei viel besser fühle, was bei einem weniger an Angst und Leid, dafür einem Mehr an Liebe und Sicherheit eigentlich auch klar sein sollte.

 

Man schrieb das Jahr 2006. Für das nächste Jahr hatten die Hardliner der Apokalypse den Entladungszeitpunkt geplant, wie es hieß: 23.05.2007. Wie sie das genau machen wollten, wusste niemand. Exotisch wirkende Forschungen dazu gab es wie unmittelbar einleuchtend klingende Forschung zuhauf. Die wohl exotischste Vorstellung war die, dass es in Zeiten vor der Entwicklung einer menschlichen Sprache eine Art Vorsprache gegeben haben musste, die nur zum Teil noch gesprochen wurde, zum Teil aber vergraben war. "Psscht" oder "Huch!" könnten bereits Elemente einer solchen Vorsprache gewesen sein, sie erfordern keinen diffizilen Sprachapparat und sind weltweit verbreitet. Verständlicherweise musste auch eine solche Vorsprache die lebensnotwendigen Signale ermöglichen, und eines davon war immer das Signal zum Sippenkampf gewesen. Sippenkampf hieß: "Sofort alles töten, was nicht Freund ist!" Es musste in jeder Lage wirken, jeden der Sippe sofort zum Killer gegen alles Fremde machen, aus dem Stand. Der Mechanismus dazu musste noch in jedem Menschen angelegt sein. Solange nicht wirksam nach ihm gerufen wurde, merkte man das nicht.

 

Die meisten, die sich damit befassten, meinten zwar, dass der Mechanismus über Prägungsprozesse im Umgang mit der eigenen Sippe spezifiziert werde, aber ganz sicher war man sich darin nicht. Wurde eine Horde von einer anderen arglistig überfallen, so kam es nicht mehr darauf an, ob der eigene Ruf auch die Feinde anspitzte, oder nicht. Die Feinde kamen aus Hunger, waren ohnehin vollständig zum Töten motiviert.

 

Sollte ein solcher Ruf nicht sippenspezifisch geprägt gewesen sein, so wäre die Erkenntnis über die Signalspezifikationen die gefährlichste Waffe der Welt. Robert Henderson hielt solche Vorstellungen für reichlich absurd. Für ihn lief alles über soziale Interaktion, was mit Sozialleben zu tun hatte. Ein Sippenkampfruf musste nach seiner Überzeugung von einem Sippenmitglied gerufen werden, um überhaupt irgendetwas zu bewirken, ob heute per Wortsprache, oder irgendwann per Kehllaut. Wer seine Intelligenz für solches einsetzte, war für Henderson ein Scharlatan, der nicht weit kommen konnte. Solche Leute brauchte man nicht zu beachten. Aber für Henderson war sehr wohl zu beachten, dass die Linie der Hardliner zwangsläufig immer sinnlosere und schrecklichere Aktionen bedeutete. Wenn es nur noch blank darum ging, den Zerstörungseffekt zu maximieren, um den Kessel immer schneller zu erhitzen, dann konnten die so genannten Antiterror-Aktivitäten der Staaten dem nicht Paroli bieten. Konzertierte Aktionen gegen Infrastruktureinrichtungen aller Art waren nur solange einigermaßen im Griff zu halten, wie das Volk nicht allzu böse wurde. Sobald es auf die unschuldigen Opfer von Anschlägen gar nicht mehr ankam, war die Bühne frei für Aktionen, die einerseits sehr preiswert, andererseits sehr wirksam waren. Die Chance irgendwelcher degenerierter Anti-Terror-Politiker, die hörig an den Ketten von Hexen hingen und sich besser in Luxushotels als im wahren Leben auskannten, war gegen diese Bedrohung gleich null.

 

Sprengsätze in Postpaketen würden die Post zuverlässig und schnell lahm legen, ähnliches galt für Autobahnen, die sich zuverlässig mit selbst gemachten Krallen oder Öl blockieren ließen. Jede Gasflasche, die man irgendwie erhitzte, war eine beeindruckende Bombe. Die Vergiftung von Lebensmitteln in Supermärkten und Restaurants, heimtückischer Einsatz von Chemikalien und Bioorganismen in Luft und Wasser - alle Zutaten waren billigst zu haben, als Sprengstoff konnte bereits Schwarzpulver reichen. Absolut rücksichtslose Aktionen hatte es auch ohne die Al Kaida zum Beispiel in Japan gegeben, und Henderson wusste ganz genau, dass kein einziges menschliches Verhalten ein unverständlicher Ausnahmefall war. Solche Fälle waren nicht unverständlich, sondern Folge asozialer Degeneration der Gesellschaft. Solche Fälle gehörten noch zu den ersten Schwalben der Apokalypse, doch immer mehr würden es werden.

 

Alles, was irgendeiner tat, würde unter den exakt entsprechenden Umständen jeder andere tun, es gab nicht einmal einen einzigen Menschen, dessen Handeln irgendwie einzigartig war. Es stand ein heißer Tanz bevor, im Jahre 2007. Ob der 23.05. eine besondere Rolle spielen würde, wusste keiner. Aber wer Hinweise auf Aktivitäten und Entwicklungen einzuordnen wusste, wusste ebenso Bescheid wie der, der direkt an einem Informationskanal hing. Es bestand kein Zweifel, die Geschütze wurden hinter den Kulissen geschmiert und bestückt. Man zielte auf Konfusion, um aus dieser heraus den Enthauptungsschlag gegen die Satanisten zu führen. Es gab nicht wenige, die grausigste Rache wollten.

Die Hendersons hatten nicht mehr viel Zeit, es war das Jahr 2006. Aber für die Hendersons persönlich war es nicht schlimm. Wie auch immer es ausginge, sie lebten ihr eigenes Glück und konnten sich mit absolut allen arrangieren, ohne sich dabei zu beugen. Für jeden Verein hatten sie die Mitgliedskarte in Form des passenden Handlungsprofils, und im Grunde waren sie nirgendwo Mitglied. Die Hendersons waren auch die weltbesten Kreationen, was die Überlebensfähigkeit in sozial kritischen Lagen anging. Und das war aus ihrer Sicht ihr eigentliches Experiment. Mit ihrer Sippe und befreundeten Sippen waren sie dabei, menschliche Hochintelligenz in die nächste Eisenzeit zu retten, falls alles andere schief gehen sollte. Es war möglich, unter hochmodernen Umständen absolut nach dem menschlichen Triebschema zu leben, aber dazu mussten die Gefühle des Menschen den Geist effizient in diesem Sinne beherrschen, was nur möglich war, wenn der Geist die Erfüllung aller menschlichen Triebe als absolute Imperative jeder Überlegung setzte. Davon war die Welt aber noch so weit entfernt, dass sie erst einmal auf den Boden der Tatsachen gebracht werden musste. Wie man dem Ultra-Sadisten Steinberg den Sadismus unter höchster Todesangst ausgetriebenen hatte, so musste die Menschheit zumindest spüren, wo sie in Wahrheit stand. Bis dahin war jedes noch so gute Argument vergebens, wie man auch den durchaus intelligenten Steinberg niemals mit rationalen Argumenten allein vom Sadismus hätte befreien können. Henderson wusste, wie schrecklich sich die Bedeutung einer alten Erziehungsweisheit bereits auswirkte: "Wer nicht hören will, muss fühlen." Und noch schlimmer erschien ihm eine gelegentlich zu hörende Banalität: "Wenn es zu spät ist, dann ist es zu spät!"

 

Doch all das war nicht das Größte für Robert Henderson. Für Robert Henderson war der Mensch ein biologischer Apparat, der nach dem Tode nicht mehr lief. Damit konnte man nach dem Tode nichts mehr fühlen, damit war man nicht mehr existent, das wiederum konnte einem nur absolut egal sein. Anders als fast alle Menschen hatte Robert Henderson nicht die Vorstellung, Welt und Kosmos würden ohne ihn nicht auskommen. Damit lagen seine vordringlichsten Lebensziele im Diesseits. Diesen widmete er sich irgendwann sehr intensiv mit Steinberg. Sie knobelten gemeinsam, wie sie ihre Frauen im Sinne männlicher Interessen bewegen konnten, wozu es zuallererst nötig war, die Frauen so glücklich zu machen, wie es ging. Gemeinsam erfanden und schärften sie die männlichen Waffen für den liebe- und lustvollen Geschlechterkampf daheim, was sich bei Dorothy bewährte, traf stets auch bei Patricia und umgekehrt. Und immer, wenn Robert etwas besonders subtiles einfiel, sagte Steinberg zu ihm: "Robert, ich habe es immer gewusst, dass Du ein ganz ausgekochter Hund bist!" Darauf pflegte Robert automatisch zu sagen: "York, genau das war es. Für einen Feind warest Du mir einfach zu intelligent." Natürlich war auch der intelligente Steinberg zum Entwurf subtilster Konzepte fähig, dann lief es andersherum. Und um zwei Ecken herum plazierte Patricia Henderson es bei ihrem Mann Robert, wenn sie in irgendeiner bestimmten Form von ihm überrascht werden wollte: "Dorothy, Du darfst es bestimmt nicht weiter erzählen, aber Robert könnte mir eine Riesenfreude bereiten, wenn er...." Im nächsten Gang wandte Dorothy sich dann an ihren Mann York: "Du, Patricia hat mir etwas erzählt. Aber das mußt Du unbedingt für Dich behalten, und Robert darf es auf gar keinen Fall wissen!" Im nächsten Schritt wandte York sich dann an Robert: "Robert, ich kann Dir verraten, wie Du Patricia eine Riesenfreude machen könntest. Aber Du hast es nicht von mir, lasse Dir irgendetwas anderes einfallen, das ist für Dich doch kein Problem!"

Wurde Verschwiegenheit zwar verlangt, aber nicht die Bekräftigung durch ein Versprechen, dann durfte Verschwiegenheit jederzeit heimlich gebrochen werden, wenn es in Wahrheit eindeutig im Sinne aller Beteiligten war. Selbst, wenn der heimliche Verschwiegenheitsbruch dann auffiel, so konnte und wollte sich niemand verletzt fühlen.

 

Die Zusage gegenüber York hielt Robert ein, er gab Patricia keinen Hinweis darauf, wie ihm die Idee gekommen war. Das machte er zu einem Teil seines größten Geheimnisses gegenüber Patricia. Dieses größte Geheimnis umfasste sein höchstpersönliches Wissen, wie er alle Wünsche und Ã"ngste Patricias vollständig erforschen konnte, die Kanäle blieben geheim. So gut es ging. Ging es nicht so gut, so gab Patricia es ihm nicht zu spüren. Die klügste Frau der Welt konnte dann naiv sein: "Robert! Wie wundervoll Du mit mir umgehst! Wie bist Du nur auf die Idee gekommen?" Dabei herzte sie ihn so, dass er es selbst nicht mehr wusste, wie er auf die Idee gekommen war. Der Einfachheit halber sagte er dann: "Patricia, ich kenne eben auch Deine geheimsten Wünsche, denn Du bist mir das Wichtigste auf der Welt!"

Damit wäre die Sache im beschriebenen Beispiel noch nicht zu Ende gewesen. Bei der nächsten Gelegenheit würde Robert zu York sagen: "Mensch York, der Tipp war klasse, ich danke Dir von Herzen. Und weißt Du was? Patricia hat keinen Schimmer, wie ich auf die Idee gekommen bin!"

Und Patricia würde bei der nächsten Gelegenheit zu Dorothy sagen: "Dorothy, ich weiß nicht, wie er darauf gekommen ist, aber kannst Du Dir vorstellen.... Sage mal ehrlich, hast Du etwas durchsickern lassen?" Darauf gab es dann eine ehrliche Antwort, die aber nicht die Frage beantwortete: "Patricia, als Deine Herzensfreundin würde ich doch niemals gegen Deine Interessen handeln! Wenn Du meinst, ich hätte York etwas gesagt, dann darfst Du ihn gern selbst danach fragen!" So groß war das Aufklärungsinteresse dann nicht, außerdem hätte York Patricia einfach weitergeschickt zu Robert und Dorothy: "Patricia, woher soll ich gewusst haben, wie soll ich getan haben? Frage Dorothy und Robert, wenn Du mir nicht glauben willst..." Jedenfalls ging Dorothy zu York: "Komm, mein Lieber, sei mal ehrlich...." Doch York sagte dann: "Liebe Dorothy, ich würde in meinem ganzen Leben nichts tun, was Du nicht wolltest! Wenn Du kein Vertrauen zu mir hast, dann frage Robert und Patricia, die beiden wissen, wie ich für Dich empfinde!" Sagte Steinberg das im Tone von Traurigkeit und Verletztheit, dann bekam er sofort, was er wollte: "Komm, so war das doch nicht gemeint, ich weiß doch....und es wäre doch auch gar nicht schlimm, Patricia hat sich doch so sehr gefreut...eigentlich ist es mir ja auch so klar, und ich bin ja sonst auch gar nicht neugierig, aber ich will es doch so gern ganz genau wissen..." Steinberg war intelligent, sonst hätte er sofort die Karten offen gelegt. Dorothy war sich nur zu 99,9% sicher, dass York den Tipp gepetzt hatte. Doch das zehntel Prozent zur Sicherheit war ihr ein Störfaktor. Anders als Männer wollten Frauen auch das scheinbar unwichtige genau wissen. Ihre natürliche soziale Rolle war stärker von bewusster Verantwortlichkeit geprägt als die der Männer, formal betrachtet herrschten die Frauen tatsächlich über die Gemeinschaft. Sie mussten nach Lage ihrer Gefühle absolut alles wissen, um ihrer sozialen Rolle gerecht werden zu können. Entsprechend waren sie tatsächlich neugieriger als Männer.

Ein ganz wichtiger Punkt war dabei, dass sie tatsächlich alles von jedem erfahren konnten, auch das, was andere womöglich fälschlicherweise selbst als unbedeutend einordneten.

Die Frau wurde instinktiv getrieben, sich alle Informationskanäle zu erschließen, und musste sich ganz besonders stets sicher fühlen, von ihrem eigenen Mann absolut alles zu erfahren, was sie von ihm wissen wollte. Deutete der Mann auch nur an, irgendein Wissen nicht mit seiner Frau teilen zu wollen, so war der sexuelle Selbstbehauptungstrieb der Frau geweckt. Während ihres aktiven Liebesspieles machte sie dem Mann dann klar, dass er ihr absolut alles zu erzählen habe. Diesen Umstand nutzten Männer wie Henderson und Steinberg zur Beflügelung des ehelichen Sexuallebens.

 

Wenn Dorothy Steinberg von York Steinberg in solchen Fällen die Wahrheit hören wollte, dann musste sie diese Wahrheit sehr gefühlvoll aus ihm herausholen, eine andere Chance gab er ihr einfach nicht: "Dorothy, selbst, wenn es so wäre, so wäre es doch ein Geheimnis unter Männern...." Dorothy wickelte Steinberg immer mehr in Wohlgefühl ein und beredete ihn immer unwiderstehlicher, und Steinberg widerstand, solange wie er überhaupt konnte. Dann machte Dorothy automatisch weiter, bis Steinberg ganz im Himmel der Gefühle war. Anschließend wollte sie selbst in den Himmel. Dafür musste sie Steinberg erst Verschwiegenheit versprechen, das ließ er sich sehr glaubwürdig erklären.

 

Auch Patricia war eine neugierige Frau. Immer erst mit ausreichendem zeitlichen Abstand, doch irgendwann erfuhr sie es von Robert, wie es gelaufen war. Natürlich nur unter der Bedingung, dass sie niemandem etwas sagte. Ohne, dass sie es versprechen musste. Bei nächsten Gelegenheiten bedankte sie sich dann bei Dorothy und York für ihr aufmerksames Eintreten in der Sache. Das war mit herzlich fester Umarmung und liebenden Augen getan. Wer es wissen wollte, weshalb, der erfuhr es - diskret, natürlich.

 

Hätte man die positiven Wirkungen für die soziale Verbundenheit außer Acht gelassen, dann wäre das beschriebene Vorgehen absolut idiotisch gewesen. Patricia Henderson hätte ihrem Robert auch alles selbst sagen können, er hätte es natürlich getan. Doch die Wirkungen der beschriebenen Vorgehensweise waren gewaltig: Beide Ehen, die Männerfreundschaft, die Frauenfreundschaft und die Herzensgeschwisterschaften wurden durch den einfachen Umstand, dass Patricia Henderson ihrem Mann einen Wunsch mitteilte, rituell geschmiert und damit auch für Wichtigeres in Betriebsbereitschaft gehalten.

 

Was Patricia Henderson geboten wurde, wurde jedem der Vier geboten, 6 Augen und 6 Ohren fingen alles ein, was für das Glück der vierten Person von Vorteil war und arrangierten das Mögliche für diese vierte Person. Die Kinder Jim Downings akzeptierten Steinberg vollständig, weil sie nicht nur spürten, wie gut er den Gefühlen ihrer Mutter tat, sondern auch, weil er ihnen selbst von Herzen gern gut tat. Weil Steinberg Dorothy von ganzem Herzen liebte, übernahm er Dorothy´s Zu- und Abneigungen automatisch, solange keine wahren Gründe dagegen sprachen. Es machte Steinberg am Anfang Freude, zu Dorothy´s Kindern lieb zu sein, weil er wusste und spürte, dass er Dorothy damit eine Riesenfreude machte. Die Kinder spürten nicht nur das, sondern auch, dass ihre geliebte Mutter in der Liebe mit Steinberg aufblühte, und so waren sie auch sehr gern lieb zu Steinberg, der auch sehr gern mit ihnen spielte und tobte. So wurde er ihr wahrer Vater. Nur, wenn Dorothy´s Kinder nicht lieb zu ihrer Mutter oder zu ihm selbst gewesen wären, dann hätte er sich gegen Dorothy´s Kinder gestellt, aber nicht anders, als dass Dorothy es auch gerecht gefunden hätte.

 

Vor dem Hintergrund der Herzensfreundschaften zwischen den Hendersons und Dorothy und York G. wurde Patricia Henderson zur geliebten und liebenden Tante, Robert Henderson zum geliebten und liebenden Onkel von Dorothy´sKindern. Damit standen auch die Runde der Herzensfreundinnen und auch die im Falle eines Falles noch schrecklichere Runde der Herzensfreunde fest und unverbrüchlich auf Seiten der Kinder Dorothy´s, wenn es darauf ankam. Robert Henderson hatte nicht gelogen gehabt: "Wetterfester" konnten Dorothy´s Kinder nicht geschützt sein, wer sich an ihnen vergreifen würde, musste absolut verrückt sein.

In einem solchen Falle wäre es nicht einmal nötig, dass die Herzensfreundinnen und die Herzensfreunde irgendwann einmal Grenzen überschritten hatten und sich auf Grausamkeit umstellen konnten. In einem solchen Falle wird jeder einigermaßen gesund eingestellte Mensch zu einer Bestie, es geht auf den Trieb zur Arterhaltung zurück.

 

Dass Steinberg Kelly Davis nur im Film gesehen hatte, machte ihm die Akzeptanz von Patricia Henderson etwas leichter. Dennoch hatte ihm die Frage im Magen gelegen, ob sie ihm wirklich zur Kelly Davis geworden wäre. Sobald er sich hinreichend sicher gefühlt hatte, ihr die Frage stellen zu können, hatte er es unter vier Augen getan. Sie hatte ihn sehr betroffen angesehen, und traurig gemeint, es sei nicht lieb von ihm, ihr jetzt noch diese Frage zu stellen. Steinberg verstand sofort. Sie wäre ihm zur Kelly Davis geworden, doch das war ihr jetzt, da sie ihn lieb gewonnen hatte, ein ebenso schrecklicher Gedanke wie ihm. Sie sahen sich sehr tief in die Augen, dann fielen sie sich weinend in die Arme, drückten sich ganz feste und heulten sich vollständig aus. Für beide war Kelly Davis erst seit dem tot, und das mit Sicherheit. Seitdem waren sie Herzensgeschwister.